-

15 5 3
                                    

Sie waren in vollkommene Dunkelheit gehüllt, Ally stand da und wagte nicht sich zu rühren. Mit zitternden Fingern zog sie ihr Telefon heraus und versuchte mit dem leuchtenden Bildschirm den Boden zu erkennen. Es war kaum möglich und ihr Akku neigte sich ebenfalls dem Ende zu.

Turner schob sich ohne groß abzuwarten an ihr vorbei, verschwendete keine Sekunde mit Warten und verschwand vor ihr die Stufen hinab in die Dunkelheit. Kein Stolpern oder vorsichtiges voran tasten, ebenfalls hatte er kein Licht benutzt. Ally kroch es schon bei dieser offensichtlichen Beobachtung kalt den Rücken hinauf und doch überwand sie sich. Tapsend folgte sie ihm in dem nur spärlich von ihrem Handybildschirm beleuchteten Treppenabgang. Einen Fuß vor den anderen schiebend, mit der Spitze tastend, wann die nächste Stufe kam, ging es für sie nur schleppend voran. Und dann verabschiedete sich ihr Handy mit einem lautlosen vibrieren. „Scheiße", fluchte Ally lautlos und ließ sich vorsichtig auf die nächste Stufe hinab, bereits mit dem Fuß über dieser schwebend.

Ihr Herz raste, sie hielt sich an der Wand fest und blieb unsicher stehen. Sehen konnte sie gar nichts, keine Fenster und keinerlei Möglichkeit für irgendwelches Licht, um in den unterirdischen Raum zu gelangen. Erst war da ein plötzliches Klacken, welches von weiter unten kam und dann das leise Summen gefolgt vom Flackern einer angehenden Lampe.

Ally setzte sich wieder in Bewegung, ging um eine Ecke, welche sie zuvor nicht gesehen hatte und blinzelte in das flackernde Licht einer rauschenden Glühbirne. Turner hatte sich offensichtlich endlich dazu entschieden Licht zu machen und sie aus dem Dunkeln zu holen. Allerdings würde jeder der die Türe über ihnen öffnete sofort aufmerksam werden.

Vor ihnen öffnete sich ein weitläufiger Kellerraum, welcher eher den Charme einer Lounge hatte. Dunkelrote Ledersofas, schwarzer Boden und eine Bar gehörten zur Ausstattung und boten gut und gerne Platz für 100 Leute. Neben dem Mobiliar gab es allerdings noch andere Dinge, die Ally eine Braue heben ließen. Da war an einer Wand eine Art Kreuz, an welchem große Ketten hingen, die offensichtlich zur Befestigung einer Person gedacht waren. Daneben, fein säuberlich aufgereiht, befanden sich Peitschen. Dann ein mannshoher Käfig und in Vitrinen blitzten ihnen allerhand Sexspielzeuge entgegen.

Da schien jemand wohl einen etwas verwerflicheren Sexgeschmack zu haben und tat sich gut daran, dies nicht an die Öffentlichkeit zu tragen. Ally hatte bereits schlimmeres gesehen und konnte ihre Enttäuschung kaum verbergen – immerhin erklärte es den versteckten Schlüssel.

„Wieso zur Hölle sollte sie das verstecken", kam es von Turner und sie warf ihm einen Blick zu, um auf seinem Gesicht die Ironie zu lesen. Nichts. Er war völlig ernst.

Ally blinzelte verwirrt, öffnete den Mund, unsicher, ob sie ihm erklären sollte, was dies mit dem sozialen Ansehen eines Politikers machte, wenn so etwas ans Licht kam.

Turner bewegte sich bereits durch den Raum, noch bevor sie ihm erklären konnte, dass nicht jeder einen Sex-Dungeon zu Hause hatte und man das auch nicht den Nachbarn mitteilte.

„Lächerlich. Ausgerechnet sie... von wegen Konserven", fuhr er fort, redete mehr mit sich selbst und in ihr kam das komische Gefühl auf, dass er diese Florence Black kannte. Vielleicht war es aber auch einfach nur seine Art, aber der Tonfall wirkte, als wüsste er, wovon er sprach. Sie verstand aber nichts. Absolut nichts.

Bei seinem letzten Wort war sie nicht einmal sicher, ob sie sich verhört hatte. Konserven konnte sie keine weit und breit sehen und was genau das mit Florence Blacks Sex-Dungeon zu tun hatte, wollte ihr auch nicht einleuchten.

Turner war zielstrebig in den Raum geglitten, anders konnte sie es nicht beschreiben und es wirkte fast, als hätte er Rollen unter den Füßen, nicht etwa als würde er laufen. Ally konnte die Gänsehaut nicht abschütteln, welche ihren Körper überzog und sie selbst nicht so recht wusste wieso. Es war nicht alleine er und wie er scheinbar nahtlos in diese Umgebung passte, sich auf das andere Ende des Raumes zu bewegte, welchem sie bis dato noch gar keine Beachtung geschenkt hatte. Die aufgehängten Schläuche und Nadeln nahmen ihre Aufmerksamkeit ein und, auch wenn es keine Beweise dafür gab und diese neu und unbenutzt wirkten, stellte sie sich vor, wie Blut durch diese floss.

Das alles hatte etwas bedrohliches, was ihr Herz rasen ließ und ihr auch nicht besser wurde, als sie Turners Blick begegnete.

Ally hatte gerade einen vorsichtigen Schritt getan, ihm folgend und sich endlich von der eigentümlichen Dekoration losreißen, als sie bemerkte, wie er sie ansah. Ihr Herz schien ins Stolpern zu kommen, setzte aus und ihr Körper wurde abwechselnd heiß und kalt. Schweiß brach aus, kam nur so aus allen Poren und ließ sie frösteln, zittern.

Gerne hätte sie sich eingeredet, dass es bloßer Ekel war, welcher diese Gefühle beschwor. Allerdings war dem nicht so. Ihr Mund wurde trocken, sie wagte es nicht zu schlucken oder sich zu räuspern. Sie hatte Angst, tiefe, alles fressende Angst. Und das vor ihm.

Wie er sie angesehen hatte – und lieber redete sie sich ein, dass es bloße Einbildung war. Aber Nettigkeit lag nicht in seinem Blick, es war lauernd, hart, kalt und gierig. Hatte etwas animalisches an sich, dass sie einerseits vor Panik erstarren ließ und sie nach einer Fluchtmöglichkeit suchte, andererseits aber sich sah, wie sie ihm die Kleider vom Leib riss.

„Und jetzt?", fragte sie ruppig und mit ungewöhnlich kratziger Stimme, versuchte sich lautlos zu räuspern und den Kloß im Hals runter zu schlucken.

Ihre Finger zitterten, als sie sich die Haarsträhne zurück strich und wieder begegnete sie Turners Blick. Dieser beobachtete jede ihrer Bewegungen, war vor ihr stehen geblieben, weswegen sie noch beinahe gegen ihn gestoßen war.

Sein Mund war geöffnet, seine Eckzähne blitzten hinter den Lippen auf und er strahlte etwas so gefährliches aus, dass es Petters vorkam, als würde sie gegen eine Wand laufen.

Mit einem lauten Wummern schlossen sich ihre Ohren, während sie ihm ins Gesicht sah, die Augen nicht von seinen abwenden konnte. Gier. Welche sie auffraß. Erneut wummerte es, ihr Herz pochte so laut, das Blut rauschte in ihren Ohren.

Er stand einfach da und starrte sie an. Sie konnte seinen Gesichtsausdruck nicht einordnen, auch wenn er ihr bekannt vorkam. Ihr Hirn war träge, die Gedanken stolperten übereinander und dann, als er einen langsam, geschmeidigen Schritt tat, wurde ihr bewusst, woher sie es kannte. Es erinnerte sie an eine Wildkatze, aus den zahlreichen Dokumentationen, welche sie so gerne ansah. Ein Tier, hungrig, angespannt und lauernd. Wäre sie Herr über ihren Körper oder Geist gewesen, hätte sie wohl abfällig aufgelacht. Nur blieb ihr das Lachen im Hals stecken. Ein erneutes Wummern, welches so gar nicht zum rhythmischen Schlagen ihres Herzens passen wollte.

Petters blinzelte, hörte es in ihren Ohren, weit entfernt und war doch von seinen Augen gefesselt. Wieder tat er einen Schritt und während ein verzweifelter Gedanke sie dazu anstacheln wollte um ihr Leben zu rennen, konnten die anderen es nicht erwarten. Ihn zu spüren. Ihn nahe zu haben. Ihm alles zu geben. Alles.

States of BloodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt