Tag 26

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Ratternd und ächzend geht es nach unten. Sie hat die Zahl 13 mit einem fetten Minuszeichen davor gedrückt, was mich irgendwie fasziniert, da es doch ein gutes Stück unter die Erde geht, aber auch das Klischee sich gerade jauchzend durch mein Hirn manövriert. Dreizehn, wie passend.

Ich verdrehe die Augen, sehe starr geradeaus zur Tür und in deren welliger, aber immer noch leicht verspiegelter Oberfläche, wie Petters mich eben dabei ertappt. Wir können einander nicht ganz klar sehen, was ich ohnehin wie immer bevorzuge, aber die Mimik ist trotz allem erkennbar. Ihr durch das angelaufene Glas erkennbares Minenspiel ist in etwa so erfreut und genervt wie meines, auch wenn sie schon etwas übernächtigt wirkt. Ich hingegen fühle mich wie der frische Morgen oder der frühe Abend oder wie auch immer. Nur etwas hungrig bin ich.

Unterhaltsam war auch, dass mein Magen ein grummelndes Geräusch von sich gab, was aber nichts mit meinem Hungergefühl zu tun hatte. Es lag viel mehr an den letzten Resten Alkohol, welche sich langsam aus diesem entfernten und er durch die entstandenen Gase rumorte. In wenigen Stunden war er somit völlig leer, bis auf Blut vielleicht. Ich erinnerte mich an Maya, kaum dass ich an meine nächste Nahrung dachte und hätte mich dafür am liebsten geohrfeigt. Mein Blick wanderte, welchen ich bis eben in einem Starrwettkampf mit Petters hatte und das selbst nicht einmal realisierte. Sie hatte ebenfalls nur störrisch und wenig anwesend zurück gesehen, bis auf die letzten Sekunden. Da flackerte es auf, diese unterdrückte Furcht.

Ich sah mich an und solch eine Verachtung und Wut lag in meinem Gesicht, dass ich wohl selbst vor mir zurück geschrocken wäre. Wie die meisten Australier, hätte ich gut und gerne als Sunnyboy durchgehen können, würden sich meine Lippen auch nur einmal zu einem ernst gemeinten Grinsen verziehen. Schon lange hatte ich mich nicht mehr so gemustert, auch wenn es durch den teils angelaufenen Spiegel war. Etwas Düsteres ging von mir aus, voller Hass und Verachtung, mein Gesicht hart, die Lippen schmal, einer Linie gleich. Und die Augen, welche normalerweise in einem satten Blau strahlten, schienen stechend, aber auch wesentlich dunkler. Mein Kind, wenn auch nicht mein Fleisch und Blut und ich dachte nur an sie im Zusammenhang mit Nahrung. Ich konnte beobachte, wie sich meine Pupillen immer mehr weiteten, das blau verdrängten und meine Hände, die Arme, anspannten. Die Muskeln traten deutlich hervor und in eben diesem Moment ähnelte ich eher einem Monster, als einem Menschen, vor allem aber hatte ich nichts mit dem vielleicht Mitte zwanzig Jährigen in dessen Körper ich steckte.

Ein Ping ertönte, die Anspannung fiel von mir ab, das Licht im Aufzug flackerte und noch während die Türe sie öffnete, setzte ich mich in Bewegung, um selbstverständlich durch diese zu schlüpfen.

Dass Petters meinen Zustand mitbekommen hatte und es sie dieses Mal offensichtlich nicht ganz so kalt gelassen hatte, realisierte ich erst, als ich keine Schritte hörte. Ich wandte mich um, stand bereits einige Schritte weit in den sich öffnenden Katakomben und sah sie fragend an: „Darf man wenigstens hier rauchen?"

Sie wirkte wie ein Reh im Scheinwerferlicht, blinzelte und fand dann ihre Selbstbeherrschung wieder. Leicht mit dem Kopf schüttelnd, als würde sie es selbst nicht fassen können oder es wohl auf Dehydration, vielleicht auch Übernächtigung schieben, folgte sie. Aber sie zögerte, die Schritte wirkten gestelzt und ich merkte, dass sie mich musterte. Beinahe hätte es mir leid getan, hätte ich auch nur ansatzweise so etwas wie Empathie ihr gegenüber empfunden. Oder irgendetwas empfunden. Da war schon ein gewisses Amüsement, aber eher wie die Katze, welche die Maus im Kreis laufen ließ oder wie wenn man Gummibärchen nach der Farbe ordnete und sie doch alle aß. Wäre sie nicht mehr da, wäre ich wohl kurz ein bisschen bedrückt, falls überhaupt und das war es dann aber auch. Aus den Augen, aus dem Sinn.

States of BloodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt