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Das folgende Wummern drang wie durch Watte, hatte sich seinen Weg hindurch gebahnt und ließ sie zusammen zucken. Petters schloss die Augen, versuchte zu verstehen und erneut war da ein Wummern, eher ein Knall. Sie sah auf, an Turner vorbei, dessen Körper ihr so nahe war, dass sie nur noch durch einen halben Meter getrennt waren. Sein Rücken versperrte ihr die Sicht und doch, da war ein tatsächliches Knallen. Bei dem nächsten Aufschlag zuckte sie heftig zusammen, brachte Platz zwischen sich und ihn und trat in einigem Abstand an ihm vorbei. Es kam von hinter Turner, dessen Brust sich so heftig hob und senkte wie die ihre.

Vom anderen Ende des Raumes, wo sich doch nichts befand. Und dann, zwischen den dunklen, schweren Vorhängen und Regalen voller Spielzeug, Gläser und scheinbaren Folterinstrumenten sah sie eine Tür. Ein erneuter Aufschlag, das Holz erzitterte, knarzte, was sie in dem wenigen Licht mehr hören als sehen konnte.

Petters Augen weiteten sich, ihr Hirn, das eben noch wie betrunken umher getaumelt war, rastete plötzlich ein und sie warf Turner einen fragenden Blick zu. Er sah direkt zurück und es beruhigte sie nicht, dass er so beunruhigt, fast schon ängstlich wirkte, wie sie.

Ein erstes Holzsplittern und Schreie. Hohe, animalische Schreie, Brüllen, das nicht menschlich klang. Ally zuckte bei dem erneuten Schlag so heftig zusammen, dass sie etwas ins Stolpern geriet.

Turner riss sich aus seiner Starre los, packte sie fest an der Schulter, sodass es wehtat und ihr der Schmerz scharf durch den Körper schoss. Sie zischte, er hielt ihr den Mund zu, bevor ein Geräusch heraus kam. Lauf. Schrien seine Augen sie an und er gab ihr einen harten Stoß Richtung Ausgang.

Ally verstand immer noch nicht was passierte, kam taumelnd und sich am Türrahmen abfangend zum stehen. Als sie sich umwandte war er bereits an der Tür, kaum noch zu sehen in der Dunkelheit und doch glühten ihr seine Augen entgegen.

Das Splittern wurde lauter, die Schreie schriller, wie wilde Tiere, Monster, welche aus dem Dunkeln kamen.

Ihr klappten vor Angst beinahe die Beine weg, das Herz raste so heftig wie nie zuvor und sie konnte kaum atmen. „Was...", formten ihre Lippen stumm und mit einem so lauten Knacken, dass sie beinahe aufgeschrien hätte, bohrte sich etwas einen Weg durch die Tür. Sie sah eine Hand, schemenhaft, wie sie sich durch das Holz bohrte, die Nägel über Turners Körper kratzte, sein Gesicht. Ally stolperte weiter zurück, zu geschockt, als dass sie daran dachte wegzurennen. Ein Grauen ging von dieser Tür aus, griff nach ihr und hielt sie fest. Sie konnte die Augen nicht von dem Arm abwenden, wie sich dieser windete, die Haut hell leuchtete.

Und dann wanderten ihre Augen zu Turner, wie dieser sie anstarrte, das Gesicht verzogen und bestialisch. Seine Augen blitzten ihr rot entgegen, leuchteten und sein Körper bebte unter jedem Schlag gegen die Tür. Sie hörte ihn schreien, hörte wie er ihr ins Ohr brüllte, als wäre er direkt neben ihr. Seine Stimme hallte in ihrem Kopf wieder, bahnte sich einen Weg durch den Nebel aus Angst und Faszination.

„Lauf", schrie er. „Lauf, verdammte noch mal", brüllte er sie wütend an und doch, seine Lippen öffneten sich nicht. Es war kein Laut zu hören, bis auf das tiefe Grollen, dass aus seiner Kehle kam. Und Ally drehte sich um und rannte. Sie hörte ein letztes Krachen und ohrenbetäubendes Splittern, als sie um die Ecke bog. Keinmal wandte sie sich um, sprintete die Stufen hinauf und ignorierte das Knurren und die bestialischen Schreie. Sie ignorierte das Krachen und Reißen, bei dem es ihr den Magen verknotete. Sie stieß die Tür auf, nicht darauf achten, ob irgendjemand im Haus war. Die Hintertür fummelte sie mit zitternden, schweißnassen Händen auf, glitt immer wieder ab und dachte, über das viel zu laute Rauschen in ihren Ohren, Stimmen von hinter sich zu hören. Endlich war die Tür auf und sie rannte. Sie rannte und rannte, über das frisch gewässerte, rutschige Gras, stolperte über Wurzeln und blieb an Ästen hängen. Sie rannte, schlug der Länge nach hin, als ihr Fuß im Dunkeln an etwas hängen blieb und rappelte sich rutschend wieder auf. Hart stieß sie gegen die Mauer, welche das Grundstück umgab und zog sich irgendwie über diese. Rannte weiter, über die Straße, um Blocks und unter Laternen entlang, bis sie in ihrem Auto saß. Alles was sie in Händen hielt warf sie achtlos neben sich auf den Sitz, es hatte sie zuvor nicht wirklich behindert, aber gestört. Ally ließ den Motor an und fuhr, schneller als es sicher war und erst nach einer Ewigkeit schien ihr Hirn wieder einzusetzen. Sie wusste nicht wo sie war, sie wusste nicht wie sie dort gelandet war und stellte fest, dass sie 70 in einer 40er Zone fuhr. Am ganzen Leib zitternd fuhr sie rechts ran, spürte wie ihr die Handflächen brannten, ihr die Füße schmerzten und der Kopf wehtat. Sie blinzelte, zitterte mittlerweile so stark, dass sie kaum den Zündschlüssel drehen konnte und spürte bereits, wie ihr die Augen anfingen zu brennen. Wie aus dem Nichts rannen ihr die Tränen über die Wangen, tropften laut auf ihre Hose und sie gab ein erstes Wimmern von sich. Ally schnappte nach Luft, die Nase voll und schrie vor Angst und Schock, während sie hemmungslos weinte.

Ihr Blick wanderte ziellos durch das Auto und gerade als ein weiterer Heulkrampf sie übermannen wollte, blieb er am Beifahrersitz hängen.

Dort lag ihr Handy und ein Buch, ein alt wirkendes, dickes Buch. Sie blinzelte die Tränen weg, fuhr sich ein paar Mal wirsch über die geschwollenen, bereits brennenden Augen und griff mit zitternder Hand danach. Ihr klappte der Mund leicht auf, als sie im durch die Scheiben herein dringenden Licht des Mondes es wiedererkannt. Prüfend schlug sie es auf, konnte nichts entziffern, sah aber die ihr bekannte Art der Eintragsform. Aber Turner hatte es doch gehabt, er hatte es... er musste es ihr gegeben haben. Sie konnte sich nicht daran erinnern wann, nur dass sie es die ganze Zeit während ihrer Flucht fest umklammert hatte. Vielleicht als er sie zum Ausgang gestoßen hatte, ihr half zu entkommen und mit ihr den einzigen möglichen Beweis, welchen sie bisher hatten. Blacks Tagebuch.    

States of BloodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt