Kapitel 3 - Dion McMarshall

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„Was ist das?", fragte sie und sah dabei den schwarzen Umschlag an, welchen er beinahe achtlos zur Seite gelegt hatte. Dion reagierte nicht, saß weiterhin in dem in Dunkelheit gehüllten Raum, welcher lediglich vom Flimmern des Computerbildschirms erhellt wurde.

Ein menschliches Auge hätte lediglich seinen dunklen Schatten gesehen, Black hingegen hatte den Umschlag direkt auf dem Schreibtisch bemerkt. Dieser stach auf dem schwarzen Holz erst nicht weiter heraus, wäre er nicht mit beinahe leuchtender, silberner Tinte beschrieben. Die Handschrift war grazil, altmodisch und schien hoch offiziell. Dazu die Gravur und das aufgebrochene, ebenfalls silberne Siegel.

Wenn man einen solchen Umschlag bekam, wurde so gut wie jedem Vampir flau und ein schlechtes Gefühl stellte sich ein. Wäre ihr Herz dazu imstande gewesen zu schlagen, wäre es wohl hämmernd in der Brust galoppiert. Während sie also nervös wurde, saß Dion völlig gleichgültig vor dem Bildschirm. Er schenkte ihr keine Aufmerksamkeit, auch wenn er sie hatte rufen lassen, wie einen Hund. Ein Hündchen, gekleidet in einen dunkel blauen Hosenanzug, von einem völlig überteuerten Designer. Der edle Stoff schmiegte sich beinahe unverschämt an ihren Körper, umschmeichelte ihren dunklen Teint und die wenigen Kurven, welche sie hatte. Zwar hatte sie, verglichen mit einem Europäer, längere Gliedmaßen und einen beinahe viereckigen Torso, jedoch nicht in der Extreme, wie andere Aborigines. Dass sie ihre Abstammung seit ihrer Geburt versuchte zu verstecken und selbst nach ihrem Tod auf jegliche Konfrontation dieser Art äußerst sensibel reagierte, hatte er immer lachhaft gefunden.

Sein Büro verschluckte ihre Worte, auf welche er nicht weiter reagierte. Er starrte nach wie vor auf den Bildschirm, ihr zugewandt und der Türe, während die Nacht durch die großen Fenster hinter ihm hereinfiel. Black stand zögernd da, konnte sich weder überwinden erneut zu sprechen noch einen Schritt zu tun. Einladend waren zwei in rotgefärbtes Leder gefasste Sessel vor dem Schreibtisch platziert. Auch wenn ihr Blick an diesen kurz haften blieb, wagte sie es doch nicht sich zu setzen.

Die dunklen und an jeder freien Wand aufgereihten Bücherregale starrten drückend auf sie hinab und ihre Anspannung stieg mit jeder verstreichenden Sekunde.

Dion hob endlich die Hand, einen Finger ausgestreckte und diesen langsam einziehend, ihr bedeutend, dass sie näher und um den Schreibtisch herum kommen sollte. Nach wie vor schenkte er ihr keinerlei Blick.

Der dunkle Anzug, samt schwarzem Hemd ließ seine helle Haut nur noch mehr heraus stechen und gab dem ohnehin kantigen Gesicht eine zusätzliche Härte. Die ansonsten von einem leichten grün schimmernden Augen, waren von dunklem rot durchtränkt, sodass nichts von ihrer ursprünglichen Farbe übrig war und, auch wenn Florence selbst bereits einige hundert Jahre alt war, konnte sie bei seinem Anblick die Angst nicht ganz abschütteln.

Als sie endlich um den Schreibtisch herum kam, langsam, mit betont gleichgültigem Gesichtsausdruck, lehnte sich Dion in seinem Stuhl zurück. Das Leder knarzte und er sah sich, wahrscheinlich zum tausendsten Mal, dieselbe Wiederholung an. Es war eine Überwachungskamera und wie er an Florence Stocken bemerkte, erkannte sie den Raum auf den ersten Blick. Was sich dort abspielte hatte er wieder und wieder und wieder gesehen, sodass sich die Szene beinahe in seine Retina gebrannt hatte.

Man sah wie die Tür ihres Büros aus den Angeln gerissen wurde und mit einiger Wucht gegen die Wand schlug, dann wie Schubladen, Regale und vieles mehr aufgerissen wurden. Papier verteilte sich wie von Geisterhand und William Turner fing an alles auseinander zu nehmen, bewegte sich zu schnell, als dass die Kamera ihn hätte einfangen können. Bei dem bloßen Gedanken an William fühlte er einen Stich in der Brust und ein bitteres Gefühl, nicht wirkliche Trauer, er war zu alt um noch zu trauern, aber ein seichter Abklatsch davon, brachte ihn dazu aufzustehen. Er wandte sich ab, ließ Black die ganze Szenerie aufnehmen, er konnte sie mittlerweile auswendig. Petters kam herein gestolpert, blind und dumm, wie Menschen nun einmal sind und wie aus dem Nichts tauchte Turner mitten im Raum auf, als er seine Geschwindigkeit an den Menschen anpasste.

States of BloodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt