Manu's Sicht
Da stand ich also. Vor der Haustüre. Hinter dieser befand sich der reinste Horror. Und ich hatte Angst. Schreckliche Angst. Mein Vater mochte es überhaupt nicht, wenn ich zu spät komme. Und ich war viel zu spät. Diese Begegnung mit Patrick hatte mir zu viel Zeit gekostet. Hinter mir ging bereits die Sonne unter. Vor mehr als drei Stunden hätte ich schon zuhause sein sollen.
Unsicher drehte ich mich noch ein letztes Mal um, in der Hoffnung, Patrick sei noch nicht gegangen. Doch die Stelle, an der wir uns vorhin umarmt hatten, war leer. Seufzend gab ich es auf und wandte mich der Tür zu.
Zitternd betätigte ich die Klingel, denn ich hatte keinen Schlüssel. So wusste mein Vater immer, wann ich nach Hause komme. Er war strikt dagegen, dass ich einen eigenen Schlüssel bekam. So konnte ich dem Unheil nicht ausweichen und rannte geradewegs in dieses hinein.
Augenblicklich wurde die schwere Holztür aufgerissen und mein Vater stand vor mir, sein Gesicht war vor Wut verzerrt. Sofort bereute ich, wieder hier her gekommen zu sein und nicht einfach auf einer Parkbank geschlafen zu haben. Schon wurde ich unsanft am Kragen gepackt und in den Flur geschleudert. ,,Was fällt dir ein dich so spät noch blicken zu lassen, du elendige Missgeburt!", schrie er sogleich und trat mir in die Seite.
Keuchend krabbelte ich in eine Ecke und zog meine Beine an meinen schmerzenden Oberkörper. Mit zittrigen Händen versuchte ich mein Gesicht zu schützen, während mein Erzeuger auf mich zugestapft kam. Dieser packte meinen Arm und zog mich mit festem Griff nach oben. Vor Schmerz kniff ich meine Augen zusammen und hoffte auf ein Wunder. Bitte.
Gerade holte mein Vater aus um mir eine zu scheuern, da klopfte es an der Tür. Erleichtert seufzte ich auf, doch sogleich landete die flache Hand meines Erzeugers in meinem Gesicht und schleuderte es auf die Seite. Mit Tränen in den Augen legte ich meine kalte zitternde Hand an die schmerzende Stelle. Mein Vater zischte mir noch zu, dass ich ja hierbleiben soll, bevor er auch schon zu Tür ging.
Schluchzend rutschte ich an der Wand runter und kauerte mich in die Ecke, während immer mehr Tränen meine Augen verließen und auf den kalten Holzboden aufprallten. Zitternd lauschte ich, um zu erkennen, mit wem mein Vater da sprach. Tatsächlich konnte ich einige Wortfetzen auffangen, doch daraus konnte ich mir nichts zusammenreimen. Auch die Stimme war mir nicht bekannt. ,,Kommen sie doch rein.", hörte ich meinen Vater freundlich sagen. Wer das wohl war, dass er sich so freundlich stellte.
Plötzlich betrat eine kleine, mollige Frau den Flur und ihr Blick blieb an mir haften. Hinter ihr konnte ich meinen Vater erkennen, der mir mit wilden Handbewegungen klarmachen wollte, dass ich aufstehen soll. Da sein Gesicht schon leicht rot wurde vor Wut, tat ich was er mir befahl und richtete mich unter Schmerzen auf. Die braunhaarige Dame musterte mich misstrauisch und stöckelte mit ihren hohen Absätzen, mit denen sie trotzdem noch ziemlich klein war, auf mich zu. Vor mir blieb sie stehen, räusperte sich und schüttelte mir die Hand.
,,Hallo, mein Name ist Martina Leitgeb, vom Jugendamt. Ich wurde mit dem Verdacht auf häusliche Gewalt, und möglicherweise Gewalt gegenüber Minderjähriger, hier her geschickt. Die Polizei wurde ebenfalls alarmiert. Wir können entweder hier in Ruhe reden oder vor Gericht, ihre Entscheidung."
Geschockt weiteten sich meine Augen. Mir kamen wieder die Tränen, aber dieses Mal vor Freude. Endlich wurde mir geholfen. Träumte ich?
,,Was? Wie kommen sie denn darauf?", fragte mein Vater entsetzt, doch ich seine Wut deutlich spüren. Augenblicklich machte ich mich klein und erntete dafür einen verwirrten Blick von dieser Jugendamt Dame. Doch diese schien die Situation schnell einschätzen zu können und stellte sich beschützend vor mich. Mein Erzeuger war damit wohl überhaupt nicht einverstanden, denn er kam auf uns zugestapft und versuchte an mich ranzukommen. Ängstlich wich ich zurück und kauerte mich zusammen. Er wird es wieder machen. Sie kann ihn nicht aufhalten.
,,Könnten Sie das unterlassen?", befahl Martina genervt und schlug die Hand meines Vaters weg. Dieser warf ihr nur einen zornigen Blick zu, bevor er sie am Kragen packte und zur Seite schleuderte. Nun stand er direkt vor mir. Sein Blick wütender als je zuvor. ,,Du mieses Stück, das wirst du mir büßen!"
Ich konnte noch die entsetzte Stimme der Jugendamt Mitarbeiterin wahrnehmen, da wurde ich auch schon an die Wand gedrückt und etliche Fäuste schlugen auf mich ein. Mit jedem Schlag schwand meine Hoffnung, sowie mein Bewusstsein. Nach gefühlt hundert Schlägen sank ich auf den Boden, spürte nichts außer Schmerz. Wieso? Wieso hatte ich nicht ein mal Glück? Wieso wurde auf meinem kleinen Funken Hoffnung immer und immer wieder herumgetrampelt?
,,Halt!", rief eine laute Stimme, doch ich nahm sie kaum wahr. Alles fühlt sich so an, als würde ich unter Wasser sein. Als wäre ich kein Teil dieser Realität. Plötzlich verschwanden alle Schmerzen. Ich fühlte mich frei, als könnte ich alles schaffen. Ab dem Moment war ich mir sicher. Sicher ich würde es hier raus schaffen. Sicher, dass mein Vater endlich weggesperrt wird. Sicher, dass ich es schaffen werde. Schaffen, mein Leben endlich wieder auf die Reihe zu bekommen.
Und schon wurde alles schwarz. Es fühlte sich an, als würde ich in ein tiefes Loch fallen. Da war ich wieder, in meinem Loch der Verzweiflung. Doch nun hatte ich etwas, dass ich zuvor nicht hatte. Hoffnung. Hoffnung auf Sieg.
Hoffe euch hat das Kapitel gefallen. Ich hab mir viel Mühe gegeben und hoffe natürlich auf Feedback, wie immer in die Kommentare.
DU LIEST GERADE
Stay [Kürbistumor] ✅
FanfictionPatrick, ein Engel, der aufgrund seines schlechten Verhaltens auf die Erde geschickt wird. Manuel, ein Junge, der aufgrund seiner Krankheit gemobbt wird. Was diese beiden miteinander zutun haben, erfährst du hier! --- -Ausschnitt- ,,Ich würde so un...