Mit jeder Meile, die wir mit den Soldaten Westenraas zurücklegten, wich das Gras mehr und mehr trockenem Boden, worauf dieser schließlich in festen Sand überging. Ich hatte natürlich gespürt, dass die Hitze bestialisch war, aber dass Westenraa Wüstengebiet war, hatte ich nicht gewusst. Immer wieder wischte ich mir den Schweiß von der Stirn und versuchte, den feinen Staub, der von Kates Hufen aufgewirbelt wurde, nicht einzuatmen. Die Stute war am Ende ihrer Kräfte. Das fühlte ich.
Letztendlich war es die Seherin, die das Schweigen brach. »Wir müssen eine Pause einlegen. Die Tiere machen das nicht mehr lange mit.«
Der Anführer der Gruppe drehte sich zu uns um und verdrehte seine Augen, hielt aber für einen Moment an. »Es ist nicht mehr weit«, sagte er und legte seinen Kopf schräg, während er den physischen Zustand unserer Pferde augenscheinlich abzuschätzen versuchte. »Sobald wir im Zentrum sind und der König einer Audienz tatsächlich zustimmen sollte«, er machte keinen Hehl daraus, dass er dies stark bezweifelte, »wird man sich um Eure Reittiere kümmern. Sie sind edlen Geblüts und werden dementsprechend gut behandelt.«
Ich atmete erleichtert auf. Nicht aufgrund der unterschwelligen Drohung, sondern weil wir unser Ziel bald erreichen würden. Ich war so erschöpft wie schon lange nicht mehr. Obwohl die Sonne im Normalfall meine größte Verbündete war, so zehrte ihre brennende Hitze nun an meinen Kräften und machte mich träge.
»Sieh nur«, sagte Raymond neben mir.
Ich hob meinen Blick, den ich auf die Zügel in meiner Hand gerichtet hielt, und erstarrte vor Ehrfurcht. Wir waren auf einer Anhöhe zum Stehen gekommen und genossen nun einen atemberaubenden Blick über Westenraa, eine Stadt, die Ashbrook nicht im Entferntesten ähnelte. Alles war so bunt, so unübersichtlich und lebendig, dass mein Verstand völlig damit überfordert war, all die Eindrücke und Bilder gleichzeitig zu verarbeiten.
Eine hohe, aus weißem Gestein gefertigte Mauer umgab die florierende Stadt, deren Häuser um den farbenprächtigen Markt in einer Art Halbkreis angeordnet waren. Die Dächer dieser Häuser waren flach und ebenso farbenfroh wie die Marktstände der Händler, und die Wände aus demselben Gestein wie die Mauer.
Im Westen der Stadt befanden sich wunderbare Bauten, die den Herrenhäusern in Ashbrook in Nichts nachstanden, während im Osten die ärmere Bevölkerung in heruntergekommenen, schmutzigen Behausungen lebte.
Und dann - dann war da noch der Palast. Das wohl beeindruckendste Bauwerk, das ich jemals gesehen hatte und sehen würde. Zweifellos. Es handelte sich dabei um eine riesige Konstruktion aus gelbem Sandstein, die sich im Norden befand und über der gesamten Stadt thronte. Unzählige Türme ragten in den blauen Himmel und führten den Menschen Tag für Tag das unglaubliche Reichtum des Königs von Westenraa vor Augen. Ich konnte mich an der Schönheit des Palastes kaum satt sehen. Sie überanstrengte meine Sinne.
Raymond räusperte sich. Dann murmelte er leise: »Angeber.«
Ich unterdrückte ein Lächeln, als einer der Soldaten - er hatte vorhin seine Armbrust auf uns gerichtet - herumfuhr und Raymond wütend anfunkelte. Er wollte gerade etwas äußern, als ein anderer ihm beschwichtigend die Hand auf die Schulter legte. »Lass nur, Tayo«, sagte er. »Sie werden schon bekommen, was sie verdienen.« Dann bedeutete er uns, weiterzureiten.
Unsere Pferde setzten sich wieder in Bewegung. Die Soldaten des Königs übernahmen wie bisher die Führung, direkt dahinter ritten Cyryl, Marten und Jeremia, wohingegen die Seherin mit Raymond und mir die Nachhut bildete. Bree klammerte sich an dem alten Mann fest und lugte neugierig an seiner Schulter vorbei. In ihren Augen konnte ich eine Art angespannte Erwartung erkennen, die ich mit ihr teilte. Ich war mehr als gespannt auf den König Westenraas, den Mann, der in einem so imponierenden Palast residierte. Mein Herz schlug schneller. Ich hoffte bloß, er würde uns nicht davonjagen oder gar hinrichten lassen, ehe er sich unser Anliegen angehört hatte. Bestimmt nicht, versuchte ich mich zu beruhigen. Wären wir sonst noch hier?
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BORN TO BURN (Band 1)
FantasyOlivia Capshaw ist eine Hexe. Keine dieser klischeehaften Kreaturen, die Zaubertränke in Kesseln zusammenbrauen und mit Verwünschungen drohen, keineswegs. Sie gehört dem uralten Stamm der Sonnenanbeterinnen an und soll ihre magischen Fähigkeiten er...