» Kapitel 18 «

5.2K 450 57
                                    

Die darauffolgenden Tage waren regnerisch und kühl.

Ich befand mich in ständiger Alarmbereitschaft und hielt Ausschau nach Connor oder einem seiner Vertrauten, doch niemand kam. Und mir lief die Zeit davon. Schon in einer Woche würde ich achtzehn Jahre alt werden und meine Magie entwickelte sich in einem schockierenden Tempo - was an sich kein großes Problem gewesen wäre, wenn ich sie in irgendeiner Hinsicht verstehen und kontrollieren könnte, aber beides war mir ohne das dafür notwendige Wissen nicht möglich.

Was ich jedoch mit völliger Sicherheit wusste, war, dass alles irgendwie mit meinen Emotionen zusammenhing.

Connors Kuss brannte noch immer auf meinen Lippen, wenn ich daran dachte, dass er uns auf diese Weise vor mir gerettet hatte. Ich befürchtete, ihn mit meiner Abweisung verletzt zu haben, ganz egal für wie unantastbar er sich auch halten mochte. Ich hatte ihn kennengelernt und trotz der Tatsache, dass sich vieles als Lüge herausgestellt hatte, konnte nicht alles unehrlich gewesen sein. Seine Gefühle mir gegenüber waren es jedenfalls nicht.

Als die Kirchglocken sieben Uhr schlugen, schlüpfte ich aus den warmen Laken und stellte mich fröstelnd an das Fenster, das wie immer offen stand und den Blick auf den Schlosspark freigab. Der Himmel war von grauen Wolken durchzogen und stimmte mich nachdenklich. Das sanfte Prasseln des Regens vermischte sich mit dem Poltern der Pferdekutschen, die ununterbrochen vor- und dann wieder davonfuhren.

Da erklang plötzlich das vertraute Rasseln eines Schlüsselbundes vor der Tür und wenige Sekunden später betrat Danielle meine Kammer. Wieder einmal stolperte mein Herz, weil mich ihr Aussehen so schmerzlich an Bree erinnerte. Doch dieser Gedanke verflüchtigte sich, als ich in Danielles offenes, hübsches Gesicht blickte. Ich konnte in ihr lesen wie in einem Buch - eine weitere Sache, die sie mit Bree gemeinsam hatte. Und der Ausdruck in ihren wohlwollenden, klugen Augen, ebenso wie der angespannte Zug um ihren Mund, verrieten mir, dass etwas anders war. Dass etwas anders werden würde, als in den vergangenen Tagen. Mir wurde bang.

»Sag es mir einfach«, bat ich gefasst, »bitte.«

»Connor Lassester lässt Euch zu sich bringen«, antwortete sie zögernd, »Ihr sollt heute mit Seiner Hoheit in der Bibliothek speisen.«

»In der Bibliothek?«, fragte ich verständnislos. Dann fiel mir ein, dass meine Reaktion weitaus panischer hätte ausfallen müssen. »Was könnte er bloß von mir wollen?«

Danielle zuckte ihre Schultern. »Das ist mir nicht bekannt. George wird Euch zu ihm bringen.« Damit knickste sie - aus einem mir völlig unerfindlichen Grund - und wandte sich zum Gehen, doch ich hielt sie an ihrem dünnen Arm zurück. »Ich muss mich zuerst waschen und anziehen!«, sagte ich mit drängender Stimme und blickte an mir herab. Ich trug ein Nachthemd, weiter nichts. So konnte ich doch nicht vor Connor, den Thronfolger, treten.

»Dafür bleibt Euch keine Zeit«, entgegnete Danielle bedauernd und lächelte aufmunternd, »zieht Euch bloß an und geht zu George. Ihr habt fünf Minuten.« Ohne sich noch einmal umzudrehen, verließ sie mein Zimmer.

Langsam und voller Widerwillen begann ich, mich umzuziehen.

*

»Du hast lange auf dich warten lassen«, begrüßte George mich mit einem nervösen Lächeln und blickte sich zur Sicherheit um. Wie jedes Mal. Ich hielt ihn für sehr paranoid - aber konnte man ihm das verdenken? »Wir müssen uns beeilen, komm.« Aus Gewohnheit griff ich nach seinem Arm und ließ mich von ihm zur Bibliothek führen, die im Erdgeschoss, zur linken Seite des riesigen Ballsaals, im Westflügel, lag. George hatte sich freundlicherweise zu mir heruntergebeugt und zeichnete flüsternd einen groben Plan des Schlosses in meiner Fantasie.

BORN TO BURN (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt