Kapitel 35 - Gefühlschaos

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„Das schaffst du schon, mach dir nicht so einen Kopf", sagte Mona aufmunternd, als ich ihr zweifelnd entgegenblickte.
Wir waren am Strand, Mona hatte es sich auf einer karierten Decke mit zwei aufgeschlagenen Büchern über Pflanzenheilkunde gemütlich gemacht und spornte mich an, ins Wasser zu gehen. Das Schwimmbecken war jetzt, so kurz vor den praktischen Prüfungen, voller Schüler, die erpicht darauf waren, eine gute Note zu erzielen. Schüler, die bei weitem besser schwimmen konnten, als ich. Schüler, vor denen ich mich keinesfalls blamieren wollte. Also hatte Mona kurzerhand beschlossen, mich einfach in das kalte Salzwasser zu schicken, bevor ich unvorbereitet meiner Prüfung entgegenschritt.

Ich seufzte und blickte nach unten. Das kalte Wasser umspülte meine Füße und es kostete mich nur einen kleinen Befehl an meine Gabe, dieses wärmer werden zu lassen. Wenigstens das konnte ich. Aber wenn ich daran dachte, schwimmen zu müssen...

„Alice!", schrie Mona. „Raus da jetzt, hopp hopp!"

Ich murmelte eine unverständliche Antwort und watete in das immer tiefer werdende Wasser. Gegen die Wellen zu schwimmen war noch um einiges schwieriger, als nur die Bahnen im Becken zu ziehen. Doch ich riss mich zusammen und schwamm los. Ich achtete darauf, schnell zu sein, stellte mir vor, wie Helena weit vor mir ihrer guten Note entgegenschwimmen würde. Dann tauchte ich. So tief ich konnte. Und noch weiter runter. Das Wasser stieg mir in die Nase und mit jeder Sekunde wurde es schwerer, die Luft halten zu können. Der Drang, tief einzuatmen stieg in mir auf, doch ich unterdrückte ihn. Es war schwer, die Augen geöffnet zu halten, es war schwer etwas zu erkennen. Es war alles viel schwerer als im Training.

Ich tauchte schließlich endlich wieder auf, genoss es, wie die Luft mir kalt und stechend in die Lungen fuhr. Ich würde mich nie daran gewöhnen können. Schwimmen würde niemals ein Teil von mir sein. Nie.

Ich schwamm in gleichmäßigen Zügen wieder zurück zum Strand. Mona war in ihre Notizen vertieft, also blieb ich im seichten Wasser sitzen und schloss für einen Moment die Augen. Die Prüfungen begannen in wenigen Tagen. Mona würde mehrere Pflanzen wachsen lassen müssen und ich musste schwimmen. Es war nicht nur schlimm genug, dass meine allererste Prüfung in genau dem Fach sein musste, in dem ich am Schlechtesten war, sondern auch, dass ich mich selten so unvorbereitet gefühlt hatte. Mr. Kystons Worte waren deutlich gewesen, es würde nicht leicht werden, für mich erst recht nicht. Aber mir blieb keine Wahl, ich musste mich der Prüfung stellen, auch wenn ich momentan andere Sorgen hatte.

„Emmet hat mir einen Papierflieger geschickt", sagte ich schließlich, zwar leise, doch ich war mir sicher, Mona würde meine Worte trotz des starken Windes wahrnehmen können.

„Mir auch", sagte sie, genauso leise. „Schon wieder"

„Was sollen wir denn machen?", fragte ich und kleine Fontänen, die vor mir auf und ab schossen, untermalten meine innere Zerrissenheit. Einerseits wollte ich mit Emmet reden, ich wollte ihn wieder einmal sehen und ich wollte sehen, dass es ihm leidtat. Aber ein anderer Teil von mir wollte so weit wie möglich von ihm wegbleiben, am liebsten für immer.

Was er getan hatte, war nicht in Ordnung gewesen, ganz sicher nicht. Das war mir klar, das war Mona klar. Und hoffentlich war es auch ihm klar. Aber konnte ich deswegen einfach unsere Freundschaft wegwerfen? Emmet war mein bester Freund gewesen, ich hatte nie so einen tollen, aufmerksamen und liebevollen Freund gehabt, wie er es war. Aber rechtfertigt das, was er getan hat? Wahrscheinlich nicht. Doch meine Seele schrie nach ihm, sie wollte seine Stimme hören, wie er erzählte, wie er sich beschwerte, wie er lachte. Aber ich konnte ihr diese Gunst nicht gewähren. Nicht, solange Monas Schreie mich in meinen Träumen heimsuchten. Ihre Schreie, als sie gestürzt war, als sie fast gestorben wäre. Wegen ihm.

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