„Ich glaube Ihnen nicht", die Eule sah mich kritisch aus den Augenwinkeln an und zog die Augenbrauen nach oben.
„Mir geht es wirklich gut", sagte ich erneut und versuchte mich an einem Lächeln.
Ich befand mich in einem Abteil des Krankenlagers, unzählige Eulen mit Klemmbrettern und Aktentaschen standen um mich herum und musterten mich prüfend. Schließlich seufzte eine der älteren und größeren Eulen und ließ sich sachte auf einer Stange vor dem Bett nieder, auf dem ich seit einer geraumen Zeit lag und etliche Untersuchungen über mich ergehen lassen musste.
„Wenn Sie mir versprechen, dass sie keine Ihrer Untersuchungen verpassen und sich weitgehend schonen, können Sie den Unterricht wieder besuchen"
Diesmal lächelte ich von Herzen.
„Dankeschön", sagte ich und setzte mich auf. Es gab wahrscheinlich nichts, nach was ich mich mehr sehnte, als nach der Möglichkeit, meine Gabe wieder unter Kontrolle zu bringen. Denn je mehr ich mich darauf konzentrierte, sie in den Griff zu bekommen, desto schwerer wurde es, desto mehr entglitt sie mehr. Desto mehr kam ich mir vor, als wäre ich wieder am Anfang.
Doch mein Lächeln verschwand wieder, sobald ich das Krankenlager verlassen hatte. Denn der Weg, den ich jetzt gehen musste, war weitaus schlimmer als das Unwissen, dass mich vor der Untersuchung geplagt hatte. Aber Anthony hatte Recht. Ich musste mit Mona reden. Gerade weil es mir so fehlte, meine Gedanken mit ihr zu teilen. Gerade weil es mir so leidtat. Gerade weil sie so Recht hatte mit dem, was sie mir an den Kopf geworfen hatte.
Mona hatte mir so unglaublich viel gegeben. Und ich hatte ihr nichts zurückgegeben. Es war, als würde mir jetzt erst etwas auffallen, was die ganze Zeit direkt vor meiner Nase gewesen ist. Ich war nicht fair zu ihr gewesen. Zu niemandem. Und nur sie hatte den Mut, mir das zu sagen.
Der Weg zum Höhlendorf war länger, als ich ihn in Erinnerung hatte. Und es war so viel verwirrender, wenn ich nicht Mona vor mir hatte, die mich zielsicher durch die Höhlen führte. Alles war so viel schwerer ohne Mona.
Die gelbe, runde Holztür mit der Nummer 144 lachte mir schelmisch entgegen, als ich endlich den Tunnel gefunden hatte, in welchem Mona lebte. Ich musste mich zurückhalten, um nicht die Tür neben ihrer, die Tür von Cassey einzutreten. Aber das würde mir wahrscheinlich mehr schaden, als ihr.
Ich klopfte.
Und dann noch einmal.
Ich traute mich nicht, etwas zu sagen. Bestimmt würde sie die Tür nicht einmal öffnen, wenn sie wüsste, wer davorstand.
Nach einer geraumen Ewigkeit, in der ich einfach neben der Tür gelehnt stand und mit dem Gedanken spielte, die Tür einfach selbst zu öffnen, um zu sehen, ob sie da war, ging sie mit einem leichten Quietschen auf.
Mona sah mir mit einem eiskalten Blick entgegen.
„Ich hätte dich früher erwartet", sagte sie leise und vorwurfsvoll.
Ich legte meine Hand auf die Tür und drückte leicht dagegen.
„Mona, gib mir eine Minute", sagte ich und sah sie flehend an. „Bitte"
Mona sah genervt zur Decke und sah dann wieder mich an. Sie hatte den Kopf zur Seite gelegt und musterte mein Gesicht. Für jemanden wie Mona, für jemanden mit so einem wunderschönen Gesicht und so himmlischen Haaren, wie sie sie hatte, war es schwer, schlecht auszusehen. Doch sie war nicht sie selbst. Ihre Augen leuchteten nicht, sie strahlten nicht. Sie lächelte nicht. Sie war noch immer wunderschön. Aber nicht so, wie ich sie kannte.
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School of Elements
FantasyAlice ist ein Waisenkind und hat ziemlich niedrige Erwartungen an ihr Leben. Doch an ihrem sechzehnten Geburtstag geschehen merkwürdige Dinge und bald wird ihr auch klar, warum: Sie hat eine besondere Gabe. Eine Gabe, die es ihr ermöglicht, ein Elem...