Kapitel 37 - Stille Strömungen

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Ich schaff das nicht.

Ich schaff das nicht.

Ich schaff das nicht.

Ich schaff das nicht.

Ich schaff das nicht.

Ich schaff das nicht.

„Du schaffst das", sagte Emmet und Mona nickte bekräftigend.

Ohne ein weiteres Wort öffneten sie für mich die Tür in den Garten der Wasserstadt und als sie wieder ins Schloss fiel, fühlte ich mich so hilflos wie nie zuvor.

Ich schaff das nicht.

Ich schaff das nicht.

Meine Beine zitterten und ich brauchte einen Moment, um die Umgebung um mich herum klar wahrnehmen zu können. Aber Mr. Kyston war nicht da. Das Schwimmbecken lag in aller Stille mitten im Garten. Weit und breit kein anderer Schüler, kein Lehrer. Ich hatte gewusst, dass ich die praktische Prüfung allein vor Mr. Kyston absolvieren musste. Aber ich wusste nicht, dass er nicht mal anwesend war.

Ich lief unsicher auf das Becken zu. Immer noch nichts. War das ein schlechter Scherz?

Dass es kein Scherz war, merkte ich erst, als ich den Tisch erblickte. Es war ein kleines Beistelltischchen, darauf lag ein Notizzettel und etwas, was wie ein unmodisches Armband aussah.

Willkommen zu Ihrer ersten praktischen Prüfung in Schwimmen, Ms. Evertowsky. Nehmen Sie den Repertor an sich und legen Sie los. Ihre Aufgabe ist einfach: Finden Sie mich. Gutes Gelingen.

Darunter war eine unleserliche Unterschrift zu erkennen. Ich meinte, der erste Anfangsbuchstabe war ein K. Es hätte aber genauso gut ein B wie ein E sein können. Wobei das komplett irrelevant war, weil ich sowieso wusste, von wem die Aufgabenstellung kam.

Ihre Aufgabe ist einfach

Dass ich nicht lachte! So, wie ich Mr. Kyston einschätzte, war es die härteste Prüfung, die man sich vorstellen konnte. Einfach. Na klar.

Aber mir blieb nichts anderes übrig. Ich musste da durch. Und obwohl ich keinerlei Idee hatte, wo ich den Lehrer finden sollte, schnappte ich mir das Armband, was wahrscheinlich der beschriebene Repertor war und setzte mich an den Beckenrand. Die Aufgabe war wahrscheinlich nicht bewältigbar. Das glasklare Wasser lies mich fast bis auf den Boden blicken. Der Boden, der gute dreißig Meter unter mir lag. Und wenn der Lehrer da nicht war, dann war er in einen der vielen unterirdischen Höhlen. Und um diese alle zu durchforsten, bräuchte ich nicht nur eine Sauerstoffmaske, sondern auch mehrere Stunden. Aber was sollte ich machen? Ich musste es versuchen. Auch, wenn es unglaublich unfair von Mr. Kyston war, denn wir hatten nie wirklich eine der Höhlen und Gänge durchschwommen. Uns jetzt in der Prüfung in eine solche zu schicken, war fast unerhört. Aber was hatte ich nur erwartet.

Anders als sonst, befahl ich meiner Gabe, das Wasser so bitterkalt zu lassen, wie es war. Dadurch würde ich mich vielleicht selbst dazu verleiten, mich mehr zu bewegen und dadurch schneller zu schwimmen. Und ich würde vielleicht einen kühlen Kopf bewahren. Eine Prüfung, in der nicht nur körperliche Fähigkeiten gefragt waren, sondern auch ein Köpfchen. Wenn ich gewusst hätte, dass mir ein logischer Verstand bei der Prüfung helfen würde, hätte ich weniger Zeit damit verbracht, mich wegen der physischen Aufgaben verrückt zu machen. Aber dafür war es jetzt zu spät und ich tauchte immer tiefer in das Becken, bis ich an der obersten Höhle ankam. Würde sich Mr. Kyston gleich in der ersten Höhle verstecken? Die Höhle, zu welcher jeder schwimmen konnte, weil sie nicht wirklich tief lag? Nein, würde er nicht. Also verschwendete ich meine Zeit nicht damit, nachzusehen, sondern tauchte tiefer hinein. Ich wählte die übernächste Höhle und schwamm mit kräftigen Zügen in die dunkler werdenden Gänge. Es war, im Gegensatz zum Becken nur spärlich beleuchtet und langsam aber sicher, wurde es schwerer, den Atem anzuhalten. Auch mit Helenas bewährten Techniken, musste ich bald wieder umkehren, um Luft zu holen.

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