1

1K 42 30
                                    

"Hallo, Sie sind sicher Miss DeWitt Bukater", sagte die Oberschwester mittleren Alters und streckte dem jungen Mädchen ihre raue Hand entgegen.

"Die bin ich, ja", entgegnete sie indisponiert und musste sich zusammenreißen, sich nicht auf der Stelle vor Übelkeit vor ihr zu entleeren.

"Ich bin Mrs Andrews", stellte die breiter gebaute Frau, die ihre Ärmel noch weiter hochkrempelte, sich vor und wusste bereits, wie sie dem jungen Mädchen diese ganze Institution so schnell wie möglich zeigen und erklären konnte, ohne ihren eigenen Zeitplan damit zunichte zu machen.

"Freut mich." Das Mädchen, das mit 18 gerade alt genug war, um hier zu arbeiten, fühlte sich nicht wirklich wohl in dieser Uniform, deren etliche Stoffschichten ihr fast die Luft abschnürten. Sie konnte von Glück sagen, dass sie keine Haube tragen musste, bei der sie bei jeder Bewegung befürchten musste, dass sie sie verlor. Aber vermutlich wäre egal gewesen, was genau sie am Leib getragen hätte, sie hätte sich kein Stück wohler darin gefühlt.

"Ich kann dich Marnie nennen, oder?", erkundigte Mrs Andrews sich mit einem müden Lächeln, worauf Marnie nickte und eine rote Strähne, die aus ihrem strengen Zopf gefallen war, hinter ihr Ohr strich.

"Also Marnie", begann die Oberschwester und führte sie weiter in das große Gebäude hinein, das abgeschieden vom nächsten Dorf ehemals als Ferienhaus eines stinkreichen Paares fungiert hatte.

Das große, grüne Gelände hatte schon zu Beginn ordentlich Eindruck auf Marnie gemacht und ihr einen minimalen Funken Hoffnung auf Ruhe gegeben.

"Du bist ja nicht hier, um den Ärzten zu helfen, sondern den Patienten." Die Angesprochene nickte und schaute im Vorbeigehen in die offenen Türen, um etliche provisorisch aufgebaute Behandlungs- und Operationsräume zu sehen.

Das weiße Herrenhaus hatte unbeschreiblich hohe Decken und fast genauso hohe Fenster, weswegen es ihr ein Leichtes war, dies unauffällig und schnell erkennen zu können. Sie nutzte diese Tatsache, um sich mit ihren Augen von dem abzulenken, was in ihrem Kopf vorging.

"Hier ist der Speisesaal, wo ein Großteil der mobilen Patienten isst; auch die Ärzte und Schwestern." Marnie nickte und schaute staunend in den Raum, der bestimmt Platz für 70 Leute bot, wenn er denn nicht so wie gerade leer war. "Du bekommst fast den ganzen Tag etwas, wenn es notwendig ist", fügte Mrs Andrews hinzu und wartete darauf, dass Marnie erneut nickte.

"Als nächstes zum Aufenthaltsraum", kündigte sie dann an und war schon wieder am Gehen, bevor Marnie bewusst werden konnte, worauf sie sich mit alldem hier tatsächlich einlassen würde. Denn das, was sie bisher erwartete, sollte noch um einiges übertroffen werden.

Sie folgte der Oberschwester eine ganze Weile durch die ziemlich belebten Flure, bis sie in einem genauso großen Raum waren, der mit tiefen Glastüren sogar Zugang in den gepflegten Garten bot.

Ihre blauen Augen wanderten unsicher durch den wohl belebtesten Raum hier, soweit man dieses Rehabilitations-Hospital als belebt bezeichnen konnte.

Einzelne Soldaten mit schwer verbundenen Armen und Beinen, oder sogar Gesichtern saßen an kleinen Tischen oder einfach nur in Rollstühlen, um sich mit anderen zu unterhalten. Sofort machte sie einige Frauen aus, die wohl die selbe Funktion wie sie hatten. Diese saßen bei vereinzelten Männern und unterhielten sich schlichtweg mit ihnen.

"Ich zeige dir noch schnell den Garten bevor wir nach oben gehen." Als Mrs Andrews zielstrebig auf die geöffneten Glastüren zuging, zog sie jegliche Aufmerksamkeit auf sich und den Neuankömmling, der sofort von allen, die konnten, gemustert wurde. Einigen fiel auf, dass dieses Mädchen nicht gerade wirkte, als hätte es je körperlich gearbeitet. Ihre Haut war viel zu blass und zart, als dass sie jemals draußen in der Sonne hatte arbeiten müssen.

The Lone Trooper (h.s.)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt