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Nachdem sich das komische Verhältnis zu dem grimmigen Harry geklärt hatte, verflogen die nächsten Wochen wie im Flug.

Marnie fühlte sich noch immer nicht vollkommen wohl im Hospital, doch kannte sie gewisse Abläufe und war sogar fähig, ohne ständige Hilfe abzuwägen, was zu tun war. Seltsam wie es klang, verließ man sich dort darauf, dass jeder Angestellte selbst ausmachte, was für ihn zu tun war.

In Marnies Fall war das, dass sie nach wie vor das Essen und die Medizin brachte und teilweise die Verbände wechselte, um dann mittags im Aufenthaltsraum schweigsam den Soldaten bei Geschichten zu zu hören.

In den Wochen hatte sie Jensen fast komplett aus dem Weg gehen können. Wenn sie ihn bei der Treppe angetroffen hatte, war sie verschwunden und anders herum. Wenn ihre Gedanken nur in seine Richtung verliefen, stoppte sie sie sofort und lenkte sie tatsächlich absichtlich in weitaus schmerzlichere Gefilde. Ihn.

Warum das alles zu erwähnen war?

Vielleicht, weil heute das erste Mal war, dass Lissy nicht zur Arbeit kommen konnte, da sie sich am Vortag eine heftige Erkältung eingefangen hatte - etwas, dass in einem Hospital nicht von Vorteil war. Das hieß also für Marnie, dass sie den sonst geteilten Aufgabenbereich größtenteils alleine bewältigen musste. Dazu zählte auch, dass sie heute anderen Patienten als sonst dabei helfen musste, sich anzuziehen.

Genauso traf das Pech sie, weil heute alle gewaschen werden mussten, zumindest die, die es nicht konnten, da sie nicht mehr dazu in der Lage waren, eigenständig zu stehen.

Mit einem Biss auf die Unterlippe stand Marnie am frühen Morgen vor dem Zimmer, dass sie des öfteren betrat. Dem von Harry.

In den vorangegangenen Wochen hatte sie ein angemessenes Verhältnis zu ihm aufgebaut, dass sie jedoch aus unerklärlichen Gründen zwanghaft so behalten wollte, als dass sie ihm nicht näher als nötig war.

Da sie aber wusste, dass der Mann zu denen, die Hilfe brauchten, gehörte, blieb ihr nichts anderes übrig, als über die von ihr selbst aufgestellte Barriere zu treten und mit ihm in Berührung zu kommen. Buchstäblich.

Seit sie seine Hand geschüttelt hatte, hatte sie sich eingeredet, nicht dieses komische Gefühl zu haben, wenn sie ihn am Oberarm packen musste oder gar an den Seiten stützen musste. Dabei war es ihr Vorteil, dass er immer Kleidung getragen hatte, doch heute war dies nicht der Fall.

Oh Gott.

Denn auch wenn Harry wirklich Hilfe brauchte, war er inzwischen in einer Verfassung, die offenbar zuließ, dass eine der wenigen Schwestern ihm beim Baden helfen sollte.

Die Pfleger waren anscheinend nur bereit, den wirklich schweren Fällen zu helfen - warum auch immer.

Mit einem letzten Kopfschütteln klopfte sie gewillt alles schnell hinter sich zu bringen und stieß die Tür vorsichtig auf.

"Hallo", grüßte sie Harry etwas aufgeregt zum erneuten Mal, immerhin hatte sie ihn schon geweckt und ihm etwas zu Essen gebracht.

"Hallo", schluckte auch der Braunhaarige, der ebenfalls etwas neben der Spur auf seinem Rollstuhl saß und sich abhalten musste, nicht mit seiner Hand sein Bein zu verdecken.

Du kennst Marnie jetzt, sie ist nicht angeekelt, versuchte er sich klarzumachen, um zu verhindern, sie wieder einmal so unberechtigt zu behandeln, wie er es seither zu verhindern gewusst hatte.

"Bereit?", fragte Marnie eher rhetorisch und Harry nickte, bevor sie ihn vorsichtig mit seinem Rollstuhl in den Waschraum schob.

Innen angekommen erkundigte sie sich: "Soll ich die Tür zusperren, oder ist das so okay für Sie?"

The Lone Trooper (h.s.)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt