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"Wirklich?" Harry zügelte sein Grinsen, indem er sich auf seine Unterlippe biss.

"Wirklich. Es war furchtbar, ich wollte am ersten Tag sofort wieder nach Hause, doch mein Vater sagte, dass ich wenigstens das durchhalten müsse", erzählte Marnie weiter davon, wie sie in ihrer ersten Woche in dem Café einem Mann eine Tasse brühenden Kaffee übergeschüttet hatte.

"Wie kamst du von einem Café zu einem Hospital?", fragte er dann letztlich doch noch, worauf Marnie nur mit den Schultern zuckte.

"Ich habe lange gar nichts getan und meine Eltern hielten es für eine gute Idee mich zwangsweise wieder unter Leute zu bringen. Als eine Freundin meiner Mutter dann erzählt hat, dass sie hier Personal brauchen, wurde ich hergeschickt." Marnie dachte an die hitzigen Diskussionen zurück, die aus diesem Gespräch resultierten.

"Es hat funktioniert", fügte sie dann aber hinzu und Harry konnte nicht anders, als zu spüren, wie sein Herz einen Schlag aussetzte, als er das süße Schmunzeln auf ihren pinken Lippen wahrnehmen konnte.

Als Harry schon abwägte, ob er Marnie heute wohl noch einmal küssen konnte, spürte er, wie sie mit ihrer weichen Hand nach seiner griff. Nun initiierte sie aber nicht nur diese Art Zärtlichkeit, sondern gab versehentlich auch noch laut zu: "Ich mag deine Hände." Als sie mit ihren Fingern seine trennte, um ihre Hände vorsichtig miteinander zu verschränken.

Solche einfache Gesten ließen es sowohl Harry als auch Marnie warm ums Herz werden, denn sie hatten beide lange Zeit keine sanften Berührungen mehr erfahren, und die Tatsache, dass bald vielleicht wieder eine Selbstverständlichkeit darin hervorgehen würde, hatten sie sich nicht einmal mehr im Traum vorstellen können.

"Wie das?" Harry grinste leicht und ihre Augen trafen sich, als beide aus nächster Nähe aufsahen.

Heute stand sein Rollstuhl neben dem Baumstumpf, auf dem Marnie saß, weswegen sie näher als die letzten Male waren.

Marnie biss sich unter dem intensiven Blick des starken Mannes auf die Unterlippe, sagte dann während sie ihren Blick wieder senkte und demonstrativ einmal mit ihrem Zeigefinger kreisförmig um seine Knöchel strich: "Ich weiß nicht."

Ihre blauen Augen verfolgten verschmäht, wie sie über Harrys leicht gebräunte Haut strich und genau der hatte schon Probleme damit, seine Augen überhaupt noch geöffnet zu halten. Das Gefühl war so beruhigend, dass sein Atem sich verlangsamte.

Marnie verlor sich derart in dieser Berührung, dass sie kaum merkte, wie sie seine Hand anhob und einen Kuss darauf drückte. Erst als Harry ihr eine Strähne, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatte, hinter ihr Ohr strich, atmete sie wieder die Luft aus, die sie viel zu lange angehalten hatte.

"Denkst du, dass irgendjemand etwas bemerkt?", fragte Harry von Marnies schönen Augen abgelenkt und auch die Rothaarige, konnte kaum von seinen grünen, leuchtenden Guckern ablassen, als sie antwortete: "Man geht hier komplett unter, es fällt niemandem auf."

Vielleicht hätte sie wissen sollen, dass es doch die bemerkten, die sich genauer danach erkundigten. Zum Beispiel Jensen, der bei dem Bild, das sich hier gerade bot, vermutlich vor Eifersucht brennen würde. Besser gesagt würde sein Ego es tun.

Harry biss sich kurz auf die Unterlippe, als er an Doktor Ackles Bemerkung, fast schon Vorwurf denken musste.

War es wert, die Situation mit so etwas zu ruinieren?

Er schüttelte innerlich den Kopf und legte stattdessen seine Hand auf ihre Wange, um mit seinem Daumen über ihre Unterlippe zu streichen.

Dabei bemerkte Harry nicht, wie Marnies Augen ihm mutig dabei folgten, genauestens beobachteten, wie seine dunkelroten Lippen leicht geöffnet waren, seine dunklen, dichten Wimpern seine Augen noch schöner aussehen ließen. Sie war versucht ihre Hand in seinen kurzen Locken zu vergraben, unterdrückte es aber, weil sie praktisch fühlen konnte, wie viel mehr ihre Hände gerade zitterten, als sie es sonst schon taten.

The Lone Trooper (h.s.)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt