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Es war fast zwei Stunden später, als Marnie und Harry sich noch immer leise in seinem Bett unterhielten; beide mit ihren Armen umeinander gelegt, sodass man nicht ausmachen konnte, wer wen gerade hielt.

Sie hatten einander schon fast alles erzählt, was in den letzten Monaten passiert war. Marnie von Lissys Verlobung über ihre Situation zu Hause, und Harry von seiner Genesung und dem ungewöhnlichen Gefühl, nach all der Zeit wieder zu Hause zu sein, ohne sich tatsächlich so zu fühlen. Auch hatte Harry mit ihr über Jensen gesprochen, und als beide merkten, wie unwohl nur sein Name sie fühlen ließ, schworen sie sich, ihm nicht mehr Aufmerksamkeit zu schenken, als er irgendwie verdiente.

Auch wenn Harry nicht daran denken wollte, dass sie im selben Gebäude arbeiteten.

"Sind noch viele im Hospital?"

Marnie biss sich kurz auf die Unterlippe und entgegnete: "So viele wie immer, aber ich glaube, es werden immer weniger werden. Das ganze ist ja so gut wie vorbei."

Den letzten Teil konnte Harry zwar nur erahnen, aber er konnte sich keinen besseren Grund dafür vorstellen, dass Marnie so nuschelte, als den, dass sie gegen seine Brust sprach, in der sein Herz zu zerbersten drohte.

Er hatte nie so mit einem Mädchen dagelegen, geschweige denn mehr mit jemandem gehabt als mit Marnie. Doch trotzdem schien er intuitiv zu wissen, was zu tun war.

"Wusstest du, dass du die erste bist?", sprach er plötzlich seine Gedanken aus und strich sanft mit seinen Fingerspitzen über ihre leider prominenten Schulterblätter.

"Was meinst du?" Es klang nicht abfällig, sondern einfach nur so warm wie ihre akzenthaltige Stimme, die er immer hören könnte.

"Vor dem Krieg habe ich vielleicht zwei Mädchen geküsst, währenddessen nur dieses eine. Mehr nicht", erzählte er.

"Du machst Witze." Marnie wollte fast die Stirn runzeln. Sie hatte nicht gedacht, dass Harry so zurückhaltend in dieser Hinsicht war, schließlich sah er nicht nur gut aus, sondern hatte auch einen liebenswürdigen Charakter - auch wenn dieser unter einer harten Schale versteckt war, die den ein oder anderen vorher schon verscheuchte.

"Nein." Harry grinste frech und Marnie wusste nicht, ob sie sich nun schlecht fühlen sollte, schließlich hatte sie sowohl mit Zayn als auch mit Jensen ganz anderes getan. Mit Jensen vielleicht nur ein paar Mal das eine, doch trotzdem.

War sie zu schlecht für Harry?

"Darauf habe ich nicht angespielt. Auch wenn es mich nicht gerade glücklich macht, ärgert mich nur, dass der Arzt dich benutzt hat.
Und Zayn war dein Verlobter, also hat er dich geliebt, und das ist gerade so gut genug für dich."

"Gerade so?" Sie musste über seine Wortwahl lächeln, doch er beharrte darauf: "Ja. Gerade so." Um seine fürsorglichen Worte zu unterstreichen, strich er sanft über ihre Haut.

"Du hast vermutlich auch mehr verdient", gab sie eher halbherzig zu bedenken, doch Harry war schnell, um zu widersprechen: "Es gibt nicht mehr für mich. Das hat mir das letzte halbe Jahr gezeigt, Guinevere."

Seine Anspielung auf König Arthurs Frau, die Königin Guinevere, brachte er mit einem Hauch von Humor rüber, dennoch war klar auszumachen, dass es ihm ernst war. Marnie war für ihn Guinevere.

Die Rothaarige schüttelte leicht den Kopf, da sie nicht anders zu reagieren wusste.

"Weißt du schon, wie lange du bleibst?", traute Harry sich dann zu fragen, weil er es sich nicht mehr länger unterdrücken konnte.

Marnie spürte sofort einen Stich in der Magengrube, doch blinzelte es weg.

"Ich habe Montag und Dienstag frei bekommen, spätestens Dienstag Mittag also."

The Lone Trooper (h.s.)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt