Prolog

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Ich stieg aus dem großen Privatjet und fand mich auf dem Dach einer gigantischen Villa wieder.

Den ganzen Flug über hatte ich es geübt aufgesetzt fröhlich zu sein, doch es wollte mir einfach nicht gelingen. Irgendwann ging es dazu über, dass ich nichts mehr zeigte, keine Mimik, keine Stimmemotion, keine bedeutende Gestik. Ich wirkte durch den Spiegel gelangweilt, perfekt.

In der riesigen Eingangshalle kamen uns vier Männer und eine junge Frau entgegen. Zwei Männer trugen tatsächlich einen Anzug, während das Mädchen relativ normale Sachen und eine Schürze trug. Ein weiterer Mann hatte eine Schürze um und eine Kochmütze auf. Der letzte sah sehr jung aus und hatte einen Stohhut auf. Der eine Anzugträger kam mir entgegen und nahm mir meine Jacke ab. "Das ist dein eigener Butler, er heißt Leandro", erzählte meine Großmutter und der Mann, welcher mir eben meine Jacke abgenommen hatte, verbeugte sich. Die anderen Leute stellten sich als Butler meiner Großeltern, Hausmädchen, Koch und Gärtner vor. Ich nickte nur gelangweilt.

"Du hast einen ganz eigenen Flügel mit fünf Zimmern. Das Bad ist schon eingerichtet und in einem Zimmer steht ein Bett, sonst kannst du alles selbst machen", erzählte meine Oma auf dem Weg durch das riesige Haus. Doch es interessierte mich relativ wenig.

Irgendwann ließ sie mich tatsächlich endlich allein und ich ließ mich auf das große Bett fallen. "Wenn sie irgendetwas brauchen, rufen Sie mich einfach, Sir", erklärte Leandro. "Es gibt da tatsächlich etwas", meinte ich und setzte mich auf. "Was immer sie wollen", antwortete er. "Ich möchte, dass du mich nicht siezt, mich nicht Sir oder so nennst und dich nicht von mir verbäugst. Außerdem musst du den Anzug nicht tragen.", sagte ich monoton. "Aber Sir, das schickt sich nicht", meinte er erschrocken. "Wenn du dir eins merken solltest, dann dass mir egal ist was sich schickt oder nicht, dass mir das viele Geld meiner Großeltern egal ist und dass mir Regeln egal sind", erzählte ich gelangweilt dem armen Lean, dem der Mund offen stand.

Ich ließ mich wieder fallen und Leandro ging. Es war nun still im Zimmer, doch es ließ meine Gedanken immer lauter werden. Sie schrien Dinge wie:"Selbst Schuld!", oder: "Er hasst dich!". Ich musste sie schleunigst ruhig stellen. Also öffnete ich meinen Rucksack und wollte meine Kopfhörer und mein Handy rausholen. Doch sie waren nicht mehr da, nichts war mehr da. Nur ein Block und der Pullover von Rezo lagen darin. Meine Bücher, meine Musik, das Fotobuch, alles war weg. Ich warf den Rucksack mit aller Kraft in die Ecke und begann laut zu schreien. Dabei schlug ich gegen sämtliche Wände, trat gegen die Tür und warf mich selbst gegen die Bettpfosten. Unmengen an Tränen liegen über mein Gesicht und die unsichtbare Narbe würde immer tiefer und größer.

"Toni, was ist?", meine Großeltern kamen ins Zimmer gerannt, Lean hatte sie anscheinend geholt. "ICH HASSE EUCH!", brüllte ich ihnen entgegen. "ICH HASSE EUCH SO ABGRUNDTIEF!!!", ich kam nun vor ihnen zum Still stand und ließ das restliche Blut von meinen Fäusten zusammen mit meinen Tränen auf den Boden laufen. "Ich. Will. Meine. Sachen. Zurück!", sagte ich ließe und es klang anscheinend so bedrohlich, dass mein Butler zusammen zuckte. "Es ist nur zu deinem besten.", meinte meine Großmutter und wollte mir die Tränen aus dem Gesicht wischen. Ich wich zurück und fauchte:"Fass mich nicht an."

Sie gaben sich geschlagen und ich bekam alles außer mein Handy zurück. Dafür allerdings ein neues, welches mir nichts brachte. Die Nummern meiner Freunde und Rezo waren weg.

Die Tage drauf verbrachte ich damit mich in verschiedensten Ecken des Hauses zu verstecken, viel zu laute Musik zu hören und depressive Songtexte zu schreiben. Meine Oma wollte mit mir meinen Flügel einrichten, mein Opa wollte mir wichtige Leute vorstellen und Lean, der ja selbst erst Anfang zwanzig war, wurde aufgetragen sich mit mir anzufreunden. Ich verabscheute dieses Haus jetzt schon.

Ich schaffte es erfolgreich ihnen allen mehrere Tage aus dem Weg zu gehen. Doch an einem kalten Wochentag, ich hatte mich grade im Garten versteckt, lief auf einmal ein kleines schwarzes Fellbündel auf mich zu. Als es näher kam, erkannte ich, dass es ein Hund war. Doch statt vor mir zurück zu schrecken, kam er einfach auf mich zu, legte sich neben mich und kuschelte sich an. Sein warmer Kopf lag auf seinem Schoß und er schloss seine Augen. Sanft streichelte ich ihm den Kopf und fuhr durch sein flauschiges Fell. Ich fand kein Halsband.

Stundenlang saßen wir dort draußen und ich hatte angefangen dem Tier meine komplette Lebensgeschichte zu erzählen. Es wirkte, als würde er mir zuhören und mir mit seinem treuen Blick Trost spenden wollen. Er war der erste der es, seit ein paar Wochen, seit dem Vorfall am ersten Tag, geschafft hatte meine Stück für Stück aufgebaute Fassade bröckeln zu lassen.

Als ich rein gehen wollte folgte er mir bis zur Tür. Vor dieser blieb er sitzen und schaute mich mit seinen großen Augen an. Aus irgendeinem Grund wusste er, dass er nicht mit rein durfte. Auch ich wusste das, doch es war mir egal.

Natürlich fand Lean schon am nächsten Tag heraus, was ich getan hatte. Er versprach mir jedoch nichts zu verraten und in dem Tierheimen anzurufen, ob er vielleicht entlaufen war. Es machte ihn mir wieder ein Stück sympathischer.

Tatsächlich war er aus dem nächsten Tierheim, was hieß, dass ich ihn rein theoretisch behalten könnte, ich müsste jedoch meine Großeltern fragen. Schwer lag mir das Essen an diesem Abend im Magen. "Also ähm... I-Ich wollte euch um etwas bitten.", meinte ich mit zittriger Stimme zu ihnen. "Ja?", fragte mein Grandpa. "M-mir ist vor... vor ein p-paar T-Tagen ein Hund zuge-gelaufen. Er kommt a-aus einem Tierheim. Ich w-würde ihn gern behalten.", erzählte ich. "Ok.", antwortete mir meine Oma schlicht. "Wieso nicht?", fragte ihr Mann rhetorisch. Mir stand der Mund offen. "Danke.", flüsterte ich und verschwand.

In meinem Zimmer lief mit das kleine Flohtaxi entgegen und sprang an meinen Beinen hinauf. Leicht lächelnd kraulte ich ihn kurz hinter den Ohren und ließ mich dann rücklings auf mein Bett fallen.

Kurz lag ich reglos zum, ehe ich mich hinsetzte, meine Gitarre auf meinen Schoß zog und begann zu spielen. "Help me. It's like the walls are caving in. Sometimes I feel like giving up, but I just can't.", ich hatte seit ich hier war weder gespielt, noch gesungen. Doch es tat gut.
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1065 Wörter

Dieser Moment, wenn du es nicht schaffst dein Kapitel hochzuladen, weil du vor lauter Husten nicht mehr aufstehen konntest. Sorry, aber Pollenallergie ist Scheiße!

Farbe kommt und geht || RezoniWo Geschichten leben. Entdecke jetzt