Mein Alltag

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"Nochmal!", hörte ich die strenge Stimme meiner Mutter.
Seit über zwei Stunden übte ich die neue Choreografie für die nächste Ballettaufführung meiner Ballettschule.
Normalerweise mochte ich Ballett ja auch und hielt viel länger durch, heute aber hatte ich schon drei Stunden Fremdsprachenunterricht und vier Stunden Turnunterricht hinter mir.
Ich war komplett fertig!
Mum interessierte das jedoch relativ wenig.
Sie war Perfektionistin und würde mich nicht eher gehen lassen bis ich die Choreo perfekt tanzen konnte.

Endlich nach zwanzig Minuten ließ sie mich dann gehen.
Komplett am Ende erreichte ich mein Zimmer.
Zugeben, heute war einer der wenigen richtig schlimmen Tage, weil mein Fremdsprachenlehrer den Unterricht von nächsten Donnerstag auf heute verschoben hatte, damit der Donnerstag frei hatte.
Aber trotzdem!
Es war bereits abends und durch mein Fenster konnte ich den Sonnenuntergang beobachten.
Mit einem erschöpften Seufzen feuerte ich meine Ballettschuhe in die hinterste Ecke meines Zimmers.
"Das war's für heute.", stöhnte ich und warf mich auf mein Bett.
Ich zog halb auf dem Bett liegend meinen Laptop unter ebendiesem hervor und legte ihn mir dann auf den Schoß.
Ich klappte meinen Rechner auf und startet ihn.
Gernervt trommelte ich mit den Fingern auf dem Touchpad rum als ich darauf wartete, dass das Ding endlich hochfuhr.
Nachdem diese Hürde genommen war, klickte ich auf Skype und rief Matti und Vani an.
Zu meinem Glück waren sie auch sofort da und so skypten wir wie jeden Abend.
Wir alle Drei waren die Kinder und auch die Erben reicher Adelsfamilien, die sich trotz Abschaffung der Monarchie noch immer etwas auf den Titel einbildeten.
Wir hatten uns in unserer gemeinsamen Ballettschule, der Ballet School Strasbourg Le Carré D'art, kennengelernt und im Gegensatz zu den anderen Schülern dieser Schule waren wir nicht solche verzogenen, tussihaften Wänzter.
Eigentlich wollten wir drei nur ein normales Leben ohne Privatunterricht und ohne Kontrollfreaks als Eltern.
Ich meine, unsere Eltern waren nach Straßburg in Frankreich gezogen, damit wir Privatunterricht kriegen konnten.
Nicht falsch verstehen!
Wir alle drei liebten unsere Eltern und generell unsere ganze Familie wirklich von ganzen Herzen (Ich mein, wer beißt schon in die Hand, die ihn füttert?), aber manchmal gab es Tage an denen man sie einfach nicht ertragen konnte, sich in sein Zimmer einschloss und die Musik so laut stellte, dass niemand hörte wie man in sein Kissen schrie.
"Hi Tris!
Wie geht's, Süße?", begrüßte mich Vani fröhlich.
Tja ...Vanessa Alisia von Goldberg II, Erbin von Was-weiß-ich-alles ...
Das arme Mädchen ... mit diesem Namen ...
"Drei Stunden Fremdsprachenunterricht, vier Stunden Turnunterricht und zwei Stunden Ballettunterricht dazu noch ungefähr zwei oder drei Stunden normaler Unterricht.
Wie glaubst du geht's mir, Alisia?", stöhnte ich.
"Du benutzt Vanis Zweitnamen also geht's dir scheiße.", stellte Matti fest.
Matti oder auch Matthias Josef von Wallden IV.
Jep, jeder von uns hat so 'nen scheiß Namen.
Mein voller Name war Beatrice von Vanden VIII.
Zwar kein scheiß Zweitname, aber Beatrice ist mindestens genauso schlimm.
"Ernsthaft ich bin so froh, dass meine Mum nicht so schlimm ist wie deine, Tris.", grinste Vani frech.
"Und das hilft mir jetzt in wie weit?", grummelte ich in meinen nicht vorhandenen Bart.
"Gar nicht!", kicherte Vani nur, worauf ich die Augen verleiherte.
"Anderes Thema. ", kam es plötzlich von Matti.
"Ja genau!
Wir wollten morgen einen Filmmarathon machen!
Bei Matti zu Hause.", fiel Vani ihm ins Wort, bevor er überhaupt weiterreden konnte.
"Und da du so arm dran bist, Trisilein, darfst du auch aussuchen, was wir als erstes gucken.", lächelte Matti.
Sofort hellte sich mein Gesicht auf.
"Star Wars The Clone Wars!
Dritte Staffel!", rief ich freudig.
"Das war so was von klar.", lachte Vani.
"Ich versteh ernsthaft nicht was ihr Zwei an diesen Klonen so toll findet.", meinte Matti verständnislos.
"Musst du nicht verstehen.", winkte Vani ab.
"Merk dir nur: Fives und Echo sind die Besten und Coolsten und Allertollsten.", erklärte sie ihm in ihrer Lehrerstimme, worauf von Matti nur ein "Jaaaaaa klllaaaaaarrrr!" zu hören war.
"Anyways.
Ich mach jetzt Schluss für heute.
Schreibt mir 'ne WhatsApp, wann ich morgen rum kommen soll.", verabschiedete ich mich gähnend.
"Schlaf gut, Süße.", lächelte Vani.
"Träum süß, kleines Trisilein.", grinste Matti, dann beendet ich die Verbindung.
Ich stellte mir noch schnell meinen Handywecker und schlief dann in meinen Ballettsachen ein.
War ja nich' schlimm.
War schließlich bequem.

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