Freitag, 26.01.2018, 21:39 Uhr

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Ich weiß, die meisten halten es für völlig unmöglich, aber ja, ich war schon mal verliebt.

Autistin und dann erst dreizehn und verliebt? Unmöglich!

Ich kann euch verstehen, wer würde es nicht für unmöglich halten?

Aber es stimmt tatsächlich.

Scheiße, ja. Ich war verliebt und habe es vermasselt.

Der Junge, in den ich verliebt war, ich glaube, es gab keinen Menschen, der mich glücklicher gemacht hat.

Noch heute schaue ich in seine Augen und plötzlich ist alles von früher wieder da. Alles verwirrt mich, alles lässt mich explodieren und alles lässt mich wieder leiden. Es ist eine Qual, aber gleichzeitig das Schönste, was es tatsächlich für mich gibt.

Es war alles meine Schuld.

Er hatte immer Angst, er könnte mich verlieren. Aber ich hatte auch Angst. Ich hatte Angst, unsere Freundschaft könnte durch die Liebe zerstört werden und fuck ja, ich habe ihn geliebt.

Ich kann es oft genug schreiben und mein Herz wird sich immer mehr zusammenziehen dabei.

Ich hab mich in seiner Nähe so unglaublich wohl gefühlt und ich vergaß bei ihm, wer ich war. Dass ich Autistin war und kein normaler Mensch.

Er dachte, dass er mich nervt, doch das tat er keineswegs. Mein Herz machte einen Aussetzer, wenn ich eine Nachricht von ihm sah und wir schrieben jeden Tag, selbst in den Ferien.

Er geht in meine Klasse, dementsprechend sahen wir uns so gut wie jeden Tag und haben immer viel unternommen. Wir haben oft geredet und er hat mir so viel von sich erzählt, was ich immer für mich behalten werde. Ich hab mich nie getraut ihm wirklich etwas von mir zu erzählen,weil ich wusste, er würde es sofort seinen Freunden weiterleiten. Vielleicht hätte er das nicht, aber ich hatte halt Angst.

Er hatte immer solche Angst mich zu verlieren. Ich kann mich noch genau daran erinnern, was er mal zu mir gesagt hatte:

„Zuerst hat Marlon mir Siri mir wegnommen, in die ich verliebt war und dann Luise. Und jetzt hab ich einfach Angst, dass er dich mir auch wegnimmt!“

Nur mal so, er hatte dabei viel zu sehr gestottert. Marlon ist mein bester Freund. Und ja, er war ein kleiner Player, obwohl er eigentlich die Unschuld in Person ist.

Er war immer eifersüchtig auf Marlon und ich weiß nicht, wie oft ich ihm sagen musste, dass er sich nicht mit ihm vergleichen konnte.

Sie waren beide komplett unterschiedlich, man hätte sie nie vergleichen können.

Aber dann hat er etwas getan, was ich wohl niemals verstehen werde. Er hat mit seinen Jungs über Marlon gelästert, ihm irgendwelche Dinge an den Kopf geworfen und ihn trotzdem noch als Freund behandelt. Er konnte ihn nicht leiden, weil er so eifersüchtig auf ihn war.

Und dann sind meine Freundinnen und ich zu ihnen gegangen und haben gesagt, dass sie ihm vielleicht mal mitteilen sollten, dass sie ihn nicht mehr mögen.

Und dann brach ein riesen Streit aus. Dieser Streit war der Auslöser für alles und ich glaube, wenn ich nicht so stur gewesen wäre, dann ginge es einer Person vielleicht schlechter, aber dafür wäre ich noch mit ihm befreundet.

Und ich gab lieber die Freundschaft auf.

Es klingt dumm, ich weiß, aber ich wollte Marlon einfach nicht so sehen. Er war der Junge, der mich immer zum Lachen brachte und ich wollte, dass es ihm gut ging. Ich wollte ihn einfach nicht am Boden sehen.

Darauf haben wir uns immer mehr gestritten, bis ich irgendwann alles beendet hatte.

Er hat einfach angefangen zu lügen und da bin ich so ausgerastet, dass in mir alles vorbei war. Ich hasse Lügen. Mittlerweile weiß ich auch, warum bei mir damals alle Sicherungen durchgebrannt sind. Mein Vater lügt unheimlich viel und das verletzt mich heute noch. Und in diesem Moment wollte ich einfach nicht, dass er genauso wird.

Letztendlich hab ich auch gelogen, um ihn nicht mehr zu lieben.

Ich kann dich einfach nicht leiden.

Die größte Lüge meines Lebens. Er bestand darauf, dass ich ihn hasse, aber ich tat genau das Gegenteil: Ich war verliebt ihn und wünschte mir nichts mehr, als mit ihm zu reden. Aber ich durfte es nicht mehr, ich sollte es sein lassen, ihn anlügen, mich von ihm fernhalten und einfach aufhören auch nur ein kleines Gefühl für ihn zu hegen.

Doch er machte es mir noch schwieriger. Er fing an mich zu ärgern. Meine Mutter besteht auf Mobbing, doch ich will einfach nicht so weit gehen.

Ein kleines Beispiel:

Meine Initialen sind H. H. und H. H. heißt auch ...? Genau, Heil Hitler. Dreimal dürft ihr raten, was er und seine Jungs in der Jungsumkleide herumgebrüllt haben?

Das weiß ich übrigens von meinem besten Freund. Ich hab das auch meiner Mutter erzählt.

Wie gesagt, das war nur ein Beispiel und das ging in etwa fast zwei Monate.

Nachdem er dann meine Mappe in irgendeiner Stunde ausgeräumt hat, in der er neben mir saß, brachte er das Fass zum Überlaufen und meine Mutter, bat mich ihr mein Handy zu geben.

Sie rief ihn an und ja. Sie hat ihm eine dezente Todesdrohnung gemacht. Nur ganz klein.

Wenn du sie auch nur anfässt, ansprichst oder ansiehst, schwöre ich dir, da kannst du dir im Wald dein eigenes Grab schaufeln! Ich bring sogar die Schaufel mit!“

Danach zog er den Schwanz ein und sprach für einen Monat nicht mehr mit mir. Ich hab mich so beschissen gefühlt und als ich ihm irgendwann gesagt habe, dass ich das nicht wollte und auch bestimmt niemals mehr etwas erzählen werde und es mir so leid tut, hat es angefangen besser zu werden.

Wir konnten wieder normal reden, waren aber keine Freunde.

„Bist du wieder mit ihm befreundet?“

Diese Frage meiner Freundin kotzte mich an und sie sagt heute noch, dass wir später ganz bestimmt mal zusammenkommen werden.

Genau. Das wird niemals passieren.

Er hat mir irgendwann mal erzählt, dass er in mich verliebt war, ich weiß nicht wann genau, doch da bin ich mir nicht so sicher.

Selbst wenn wir zu diesem Zeitpunkt zusammengekommen wären, hätte das unsere Freundschaft beendet. Es wäre nicht das gewesen, was ich mir vorgestellt hätte, weil ich immer den ersten Schritt hätte machen müssen. Er wäre mir irgendwann aus dem Weg gegangen und dann wäre es vorbei gewesen.

Ich glaube, für ihn war es schon eine Überwindung mich auf meine Wange zu küssen und ich schwöre, ich bin den ganzen Tag mit einem Dauergrinsen umher gerannt.

Ach, man, ey.

Ich war wirklich dumm, aber jetzt ist es ja vorbei. Jetzt ist es nur noch der Schmerz, aber den werde nach einem Jahr nun hoffentlich auch mal los.

IgelkindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt