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Es war Samstagnachmittag und das Herz raste in meiner Brust. Ich war an diesem Morgen sofort zum JYP-Gebäude gelaufen, um zu trainieren. Mein Vater hatte mir nämlich mitgeteilt, dass mir der Trainingsraum am Wochenende den ganzen Tag lang zur Verfügung stand, da den Idolen eigentlich ihre eigenen Räume zugeteilt waren. So konnte ich ungestört Tanzen und den Schulstress aus meinen Kopf verbannen. Etwas besseres hätte ich mir an diesem Woche nicht vorstellen können!
Mittlerweile zeigte die große Wanduhr viertel nach eins an. Ich fühlte mich bereits total erschöpft und zu schlapp zum Fortfahren. Wann war ich hier hergekommen? Um neun Uhr? Normalerweise schlief ich mindestens bis zehn, doch das Angebot war zu verlockend gewesen. Mein Magen knurrte lautstark über die Musik hinweg, woraufhin ich bemerkte wie hungrig ich in Wirklichkeit war.
Ich schaltete die Stereoanlage aus und zog meine Schuhe an. Anschließend schnappte ich mir noch Jacke und Portemonnaie vom Boden. Es war schon längst Zeit zum Mittagessen, eine Verschnaufpause konnte ich ebenfalls gut gebrauchen. Mit meinem Handy in der Hand verließ ich das warme Zimmer. Ich überlegte bereist wo und was ich mir zum Essen holen konnte. Ein kleines Straßenafé um die Ecke schwirrte mir noch in Erinnerung. Mein Magen begehrte nach etwas Däftigem. Ob es dort Ramen gab?
Auf dem Weg zu den Fahrstühlen, vernahm ich auf einmal Gekreische und das Geräusch schneller Schritte. Verwirrt drehte ich mich um, wobei ein schreiender Felix an mir vorbei lief. Ihm folgte wiederum ein johlender Jisung, welcher mir im Rennen mit einem Schuh in der Hand zuwinkte. Sie verschwanden etwas weiter hinten im Gang. Merkwürdig.
Ich wollte gerade weitergehen, als Changbin aus dem Treppenhaus gestürmt kam. Ohne Schuhe an den Füßen - nur auf Socken. Das erklärte Einiges.
Er machte außer Atem vor mir halt und hob die Hand. "Annyeong...haseyo!", keuchte er. Kraftlos stützte er sich auf den Oberschenkeln ab. Ich musste anfangen zu grinsen und begrüßte ihn: "Annyeong. Sag mal, haben sie dir deine Schuhe geklaut?" Er schaute mit großen Augen zu mir auf und nickte. "Das heißt, du hast sie weglaufen sehn'?", fragte er. Ich nickte und deutete zum anderen Ende des Ganges, wo sie zuvor verschwunden waren. Also hatten sie ihm eiskalt die Schuhe gestohlen und waren damit abgehauen? Verstand man sowas unter Freunden? Naja, ich konnte bei diesem Thema ja nicht viel behaupten.
Leidtun tat Changbin mir trotzdem. Mein Blick gelangte zurück zu ihm: "Ich wollte jetzt zwar Essengehen, aber ich schätze mal, ich helfe dir zuerst." Die Erleichterung, die in seinen Augen glänzte, war nicht zu übersehen. Das Kichern vom Ende des Flurs jedoch wie weggeblasen.
Ob ihr Versteck so gut gewählt war, dass er sie mit meiner Hilfe nicht fand? Ich bezweifelte es.
"Danke, Kairi.", sagte Changbin, bevor ich losging und auf die Räume am Ende des Flurs zusteuerte. Mal sehen, ob ich richtig lag! Theoretisch führte kein Weg daran vorbei, da sich der einzige Ausgang dieses Stockwerkes hinter uns befand. Flüchten konnten sie schon mal nicht. Und im Finden war ich auch nicht besonders schlecht.
Bei der ersten Tür hinter der sie sich hätten verstecken können, machte ich halt. Vorsichtig drückte ich die Klinke hinunter und lies die Tür in die Angeln schwingen. Im Raum war es Stockduster. Ich suchte direkt nach einem Lichtschalter an der Wand. Diesen gefunden, erließ ich Changbin den Eintritt. Neben einem Schreibtisch, einem Schreibtischstuhl, einigen Bücherregalen und grasgrünen Teppich befand sich hier nichts Weiteres. Changbin schaute sich kurz um und warf auch einen Blick unter den Holztisch. Nachdem er sich kopfschüttelnd erhob, kam er zurück zu mir. "Hier sind sie nicht.", fügte er der Geste hinzu. Ich schloss die Tür hinter mir und setzte mich wieder in Bewegung. Erster Raum - Fehlanzeige.
Fünf Minuten später standen wir vor dem letzten Zimmerndes langen Ganges. Dieses Mal öffnete Changbin die Tür und schaltete im Raum dahinter das Licht an. Auf dem ersten Blick war nichts sonderlich Auffälliges zu sehen. Ich trat hinein und untersuchte, ob sich jemand hinter der Tür versteckte. Dabei raschelte es aus einer Ecke des Raumes. Hatten Felix und Jisung dieses Geräusch verursacht?
Changbin und ich blickten uns zeitgleich entgegen. Ich drückte die Tür vorsichtshalber hinter mir ins Schloss. Wenn sie das gewesen waren, durften sie uns nicht entwischen! Changbin brauchte seine Schuhe und ich mein Ramen. Davor musste ich das hier, aber zu Ende bringen. Eigentlich hielt ich immer mein Wort - mit einigen Ausnahmen natürlich. Mal sehen wo sie sich verbargen.
Ich nahm den hinteren Teil des großen Raumes unter die Lupe. Alles schien wie zu erwarten war. Ordentlich und sauber hinterlassen. Nur die zwei Paare Füße, welche unter dem schwarzen Vorhang bei den Fenstern hervorlugten, passten nicht zum Bild. Unwillkürlich schlug ich mir gegen die Stirn. Hatten die Beiden sich wirklich hinter einem Vorhang versteckt, ohne zu gucken, ob ihre Fußspitzen zu sehen waren? Das konnte jedes Kleinkind besser!
Durch den Knall den meine Hand, während des Zusammenpralls mit meiner Stirn erzeugte, galt Changbins Aufmerksamkeit wieder mir. Er öffnet mit verwirrtem Gesichtsausdruck den Mund, wurde jedoch zuvor von mir unterbrochen. "Scht...", machte ich und legte einen Zeigefinger an die Lippen. Mit dem Anderen zeigte ich zu ihren Füßen.
Sein jetziger Audruck auf dem Gesicht war nicht zu deuten. Er glich einer Mischung aus Belustigung und Enttäuschung darüber, dass sie es nicht einmal geschafft hatten sich richtig zu verstecken.
Auf Zehenspitzen lief er zu den bis fast zum Boden reichenden Stofflaken. Gespannt beobachtete ihn. Er schloss seine Finger um den Stoff und riss die Vorhänge auseinander. Im nächsten Moment flogen mir Changbins Schuhe um die Ohren. Ich duckte mich reflexartig unter ihnen her und fluchte: "Jenjang!" Welcher Mensch warf den bitte mit Schuhen?
Sobald das Tageslicht durch die Fenster strahlte, begann auch schon das Gerangel. Aus eigenem Wohlwollen blieb ich dort, wo ich war. Es polterte, als Felix und Jisung durch das Zimmer stolperten und versuchten Changbin zu entwischen. Sie liefen lachend um den Schreibtisch herum, an mir vorbei und zum Flur hinaus. So wie es aussah, war Changbin es leid ihnen hinterherzurennen. Seufzend machte er vor dem Ausgang des Zimmers hält und sah sich nach seinen Schuhen um.
"Zumindest habe ich die hier wieder...", murmelte er, währenddessen die weißen Sneaker ihrem Weg zu seinen Füßen fanden. "... rächen kann ich mich auch wann anders.", fügte er noch hinzu. Ich schmunzelte. Diese Seite der Chaoten kannte ich garnicht. Vielleicht war es ja normal sich unter Freunden so zu verhalten.
Nachdem er wieder seine Schuhe an den Füßen hatte, wandte er sich mir zu. Seine negative Miene war wie die Jungs schnell verschwunden. "Danke für deine Hilfe.", sagte er und richtete die dunkelbraunen Haare unter seiner Cap.
Ich stemmte meine Hände in die Hüfte, wobei ich auf den Ausgang zuging. "Kein Problem. Ich glaube, ich gehe dann mal. Mein Magen knurrt schon die ganze Zeit. Mach's gut!", verabschiedete ich mich. Bevor ich den Raum verließ, meldete sich Changbin zu Wort: "Warte... Darf ich mitkommen? Ich bin dir jetzt sowieso etwas schuldig und hungrig noch dazu. Wie wäre es mit etwas Gesellschaft, wir haben gerade kein Training." Verwundert blieb ich stehen und schaute zu ihm zurück. "Ehm.. klar! Komm ruhig mit, ich hab mich für Ramen entschieden, wenn das keine Problem macht.", antwortete ich. Er nickte mir zu. Als ich mich umdrehte, bemerkte ich zwei Köpfe, die hinter dem Türrahmen hervorschauten. Erschrocken stolperte ich einen Schritt rückwärts. "Hast du 'Ramen' gesagt?", fragte Jisung mit glänzenden Augen. Ich stammelte: "J-ja. Warum willst du das wissen?" Die Beiden begaben sich zu Changbin. "Können wir auch mitkommen?", erkundigte sich Jisung. Felix streckte sich ausgiebig. Dann lehnte er sich theatralisch seufzend an Changbin, welcher probierte ihn abzuwimmeln. Er ließ dies nicht zu und setzte stattdessen einen Hundeblick auf. "Bitte dürfen wir mit. Ich sterbe vor Hunger!", jammerte er so laut er konnte. Anscheinend mit seinen Nerven am Ende, hielt Changbin ihm den Mund zu. Ich grinste in mich hinein, währenddessen Jisung freimütig drauf los lachte. "Dann kommt ihr eben mit, aber klaut nicht wieder meine Schuhe...", gab Changbin sich geschlagen und guckte zu mir:" ... Das geht doch klar, dass sie mitkommen, oder?" Einverstanden hob ich meine Hände, wodurch ich ihm Bescheid gab: "Von mir aus ist es in Ordnung."
Wenn sie Hunger hatten, sollten sie doch mitkommen! Ihnen verbieten etwas zu essen konnte ich nicht. Zudem wäre ein wenig Gesellschaft nicht schlecht! So konnte ich ebenfalls  mehr über sie erfahren.
Er bedankte sich nickend und ließ Felix frei. Dieser redete umgehend weiter: "Wie sollen wir dir bitte deine Schuhe klauen, solange du sie anhast? Das ist schier unmöglich!"  Changbin griff ihn am Rücken seines Pullovers und schob ihn unsanft aus dem Zimmer. Jisung folgte gehorsam. "Das ist nicht unmöglich! Ihr habt es doch eben auch geschafft. Außerdem! Holt euch erstmal eure Jacken und Geld, danach können wir losgehen.", befahl er ihnen. Ich hörte, wie die beiden lachend im Flur verschwanden. Mir selbst konnte ich auch Keines verkneifen. Die waren echt ein Fall für sich!
Changbin sah ihnen nach und lachte kurz auf. "Sie sind echt schlimm, aber das mag ich auch an ihnen. Manchmal gehen sie einem halt auf den Geist... Ist es denn wirklich in Ordnung, wenn wir mitkommen?", murmelte er. Ich gesellte mich zu ihm und nickte ins Nichts. "Kein Problem. Mir wäre sonst sowieso langweilig. Sollen wir gehen?", wollte ich wissen. Mein Magen grummelte unzufrieden vor sich hin, was mir langsam unangenehm wurde. Und nicht nur weil das Knurren höchstwahrscheinlich noch in zehn Metern Entfernung zu hören war.
Changbin hob die schwarze Cap, um seine Haare aus den Augen zu wischen. Er betätigte den Lichtsschalter an der Wand und antwortete: "Ja. Ich muss allerdings noch kurz meine eigenen Sachen holen. Willst du mitkommen oder auf uns warten?"
Wir schlossen dir Tür hinter uns und liefen zu den Fahrstühlen. "Ich warte vor dem Gebäude auf euch.", sagte ich.
Obwohl mein Vater arbeitete, wollte ich nicht das Risiko eingehen, von ihm mit ihnen gesehen zu werden. Eigentlich war es sogar zu riskant gemeinsam mit ihnen das Gebäude zu verlassen, wenn man überlegte. Ich bezweifelte jedoch nicht, dass die Jungs als Idole ihre Methoden hatten, nicht erkannt zu werden!
Lächelnd drückte ich auf den Knopf des Fahrstuhls und blickte zur Anzeigetafel. Der Fahrstuhl war bereits auf dem Weg zur vierten Etagen.
"Wir sind sofort da!", rief Changbin. Darauf verschwand er im Treppenhaus, dessen Tür hinter ihm zu fiel. Na dann! Ich konnte es nicht erwarten mir meinen Magen mit Ramen voll zu schaufeln. Vor allem nicht, wenn die drei Chaoten mich begleiteten!

Hidden Face [Stray Kids FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt