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Der Wasserkocher brodelte lautstark vor sich hin, während ich das Frühstück zubereitete. Meine Wimpern klebten noch vom Schlaf, wenn ich zwinkerte. Müde hob ich den Arm und rieb mir mit dem Handrücken die geschwollenen Augen. Ich hatte definitiv zu wenig geschlafen. Nicht nur, weil ich als ich am Vorabend nach Hause gekommen war, mehrere Stunden für die Schule hatte lernen müssen, sondern auch aufgrund meiner zu lauten Gedanken. Ich musste die ganze Zeit an Stray Kids denken und wie nett sie doch zu mir waren. Der gestrige Tag hatte sich alleine durch ihre Anwesenheit besser angefühlt, als er wirklich gewesen war. Nachdem ich mit ihnen zu Mittag gegessen hatte, war die Enttäuschung über den zu kurzen Anruf meines Vaters umgehend verflogen und auch die Temperaturen hatten meine Laune nicht mehr beeinflussen können. Dafür hatte ich beim Tanzen dann ganz die Zeit vergessen. War spät nach Hause gekommen und hatte bis spät in die Nacht an meinen Hausaufgaben gesessen. Den dadurch verlorenen Schlaf musste nun ein grüner Tee besiegen - Kaffee trank ich nur selten. Eine ausgewogene Mahlzeit konnte da ebenfalls nicht Schaden!
Mit erschöpften Fingern schnitt ich das Gemüse klein und füllte es mit dem etwas Reis in eine Schüssel. Das heiße Wasser befand sich schnell in einer meiner Lieblingstassen, in die ich zuvor den Teebeutel gelegt hatte.
Ich stellte das Holzbrett und das kleine Messer in die Spüle und begab mich inklusive meines Essens ins Esszimmer. Dort ließ ich mich vor dem Tisch fallen, auf dem Schüssel, Tasse und Stäbchen vorher ihren Platz gefunden hatten. Der Duft des Essens regte meine Geschmacksnerven nicht an, wie er es sonst tat, wenn mein Vater für uns kochte oder ich selbst motivierter beim Kochen war. Meine Sinne waren sowieso total benebelt.
Ich begann zu essen, wobei ich den Reis nur mühselig hinunter schlucken konnte und mich voller Sehnsucht zurück in den Schlaf wünschte. Die warmen, kuscheligen Laken meines Bettes wären mir zu dieser Zeit wirklich lieber gewesen, als der kalte Fußboden.
Wie schade, dass ich schon am Abend zuvor, nach dem Training, geduscht hatte. Eine heiße Dusche hätte mir jetzt auch gut getan.
Das Gemüse schneller in mich hineinzuschaufeln, damit ich mich früher aus diesem Zimmer bewegen konnte, kam jedoch auch nicht in Frage. In meinem Zustand sollte man das Verschlingen von sättigendem Essen vermeiden. So etwas führte bei mir nur zu Verdauungsstörungen und Bauchschmerzen.
Im Raum herschte Stille, bis auf das Geräusch meine miteinander kollidierenden Essstäbchen. Ich griff gerade nach der Tasse, um einen Schluck von dem Energie spendenden Getränk zu nehmen, da schallte der Benachrichtigungston meines Handys durch die Wohnung. Verwundert zog ich meinen Arm zurück und erhob mich. Wer schrieb mich denn schon so früh an? Mein Vater?
Jemand anderem traute ich das nicht zu, obwohl ich sonst fast keine Leute hatte, mit denen ich regelmäßig schrieb. Die einzigen Personen deren Kontaktdaten ich besaß, waren die meines Vaters und die von Jisung, Changbin und Felix. Nach denen der restlichen Jungs hatte ich noch nicht gefragt.
Als ich in meinem Schlafzimmer ankam, ertönte wieder das Geräusch, welches den Eingang einer neuen Nachricht ansagte. Mein Handy lag auf dem Nachttisch, wo es eigentlich immer zu finden war.
Neugierig nahm ich es zur Hand und ensperrte es. Line geöffnet, stellte ich fest, dass die Nachrichten, wie ich zuerst vermutet hatte, nicht von meinem Vater stammten, sondern von Jisung. Ich sah mir an, was er vor nicht einmal einer Minute geschrieben hatte.
"Guten Morgen, Kairi! Die anderen und ich wollten dich fragen, ob du vielleicht Lust hättest heute bei uns vorbeizuschauen.", las ich flüsternd die erste Nachricht. Danach war die zweite an der Reihe: "Wir könnten zusammen kochen und abhängen."
Naja, schlecht hörte sich das nicht an. Lust mich mit ihnen zu treffen, hatte ich auf jeden Fall. Und solange das Treffen in ihrem Dorm stattfände, würde auch keine Gefahr bestehen, miteinander gesehen zu werden. Das war gut für mich und für sie!
Diesesmal war auch niemand zu Hause, der meine Abwesenheit bemerken könnte. Also sprach nichts dagegen, meinen heutigen Nachmittag bei ihnen zu verbringen. Diese Gelegenheit musste ich einfach nutzen!
Auf einmal fühlten sich meine Glieder schon gar nicht mehr so schwer an. Ich war allgemein viel wacher, als vor einigen Minuten noch.
Aufgeweckt tippte ich bereits eine Antwort ein: "Soll ich nach der Schule kommen oder später?"
Er brauchte nicht lange zum Antworten:
"Wann hast du denn Schule aus?"
Ich überlegte einen Moment. Heute war Mittwoch, ich hatte bis vier Uhr Unterricht. Meine Finger fanden ihren Weg zurück auf den Bildschirm des Handys. "Würde ich direkt nach der Schule kommen, könnte ich mit dem Bus innerhalb von dreißig Minuten bei euch sein. Das wäre dann so gegen halb fünf.", und die Nachricht war gesendet. Ich schaltete mein Handy aus und verließ das Zimmer. Den Tee, welcher langsam bestimmt kalt wurde, wollte ich noch trinken, bevor ich mich für die Schule fertigmachen musste. Vor dem Esstisch angekommen, ließ ich mich in einen Schneidersitz nieder. Mein Handy summte auf der Tischplatte. Ich nahm es in die linke Hand, da in der rechten mein Tee plaziert war. Jisung hatte mir zwei weitere Nachrichten geschickt. "Nach der Schule wäre perfekt!", und "Bis dann."
Mit der Tasse an den Lippen, gab ich einen letzten Satz in mein Handy ein: "Ja, bis später."
Danach legte ich es zurück auf den Tisch und entleerte nach der Teetasse auch die fast leere Schüssel. Beides brachte ich in die Küche.
Nachdem ich dann das Brett und das Messer, die in der Spüle auf mich gewartet hatten, wusch, machte ich mich endlich für die Schule fertig. Zumindestens so gut wie es mir in den letzten fünfzehn Minuten gelang. Wer nicht auf die Uhr schauen konnte, musste eben die Konsequenzen ertragen. Eine weitere schlechte Angewohnheit, die ich pflegte, wenn ich müde war. Nun aber schloss ich mit großer Vorfreude, auf den anstehenden Nachmittag mit Stray Kids, die Wohnungstür und sprang, wie eine glückliche Verrückte die Treppenstufen hinunter.

Hidden Face [Stray Kids FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt