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Die weiße Kaffeemaschine von BEEM  brodelte lautstark vor sich hin. Gespannt beobachtete ich, wie die braune Flüssigkeit in die Kanne tröpfelte und wartete darauf, endlich den Stecker aus der Steckdose ziehen zu können. Die Wanduhr tickte leise im Hintergrund.
Es war Sonntagmorgen und ich war dabei die letzten Sachen für das Frühstück vorzubereiten. Der heutige Tag war bereits mit Terminen vollgestopft: Zuerst würde ich trainieren gehen und mich danach mit Stray Kids treffen. So hatten wir es zumindest gestern Abend per Handy abgemacht. Ich musste meinem Vater nur noch eine angemessene Ausrede auftischen, damit später keine Fragen aufkamen, wo ich denn gewesen war.
Also konnte ich ihm auch gleich einen Kaffee machen! Wenn er wach war, hörte er besser zu.

Mit gefüllten Tassen kam ich in das Esszimmer und gesellte mich zu meinem Vater. Er folgte meinen Bewegungen mit verschlafenem Blick. Um ihn etwas zu erheitern, setzte ich ein breites Lächeln auf. "Guten Morgen!", flötete ich. Lachend nahm er die rote Porzellantasse entgegen, die ich ihm reichte. "Morgen, Schatz.", erwiderte er. Es brauchte nicht mehr, als einen Schluck vom Kaffee und einen Bissen Gemüse, da begann er schon zu reden: "Hast du gut geschlafen?" Trotz seiner Augenringe, strahlte er pure Lebenslust aus. Ich nickte vielsagend und hielt meine Tasse in die Luft. "Kann man so sagen, aber Kaffee geht immer - ob müde oder nicht... Ich sehe du hast mal wieder lange gearbeitet, richtig?", sagte ich. Die Stäbchen in meiner Hand wurden jetzt zum interessantesten Gegenstand im Raum.
Er arbeitete zu viel, wurde mir wieder klar.
Und versuchte seine Müdigkeit einfach spielen, indem er so tat, als fühlte er wie sein Gegenüber. Wollte er verhindern, dass ich mir zu große Sorgen machte?
"Naja, ich habe hier halt noch viel zu tun, bevor ich nach Busan reise. Ich fahre ja schon morgen.", erklärte er und nahm einen Happen. "Hast du heute schon etwas vor? Weil du so traurig darüber warst, dass ich bis zum Wochenende wegbleiben würde, habe ich mir überlegt, dich zum Essen auszuführen. Nur Tochter und Vater, du und ich.", beendete er seinen Satz.
Ich verharte einen Moment mit der Kaffeetasse an meinen Lippen.
Er wollte mich zum Essen ausführen? War das nicht zu riskant? Ich meine, was wäre offensichtlicher als eine Tochter und ein Vater, die zusammen das Haus verließen, um etwas zu unternehmen? Man würde sofort bemerken, dass ich ein Mitglied seiner Familie war. Dann fehlten nur noch die Nachforschungen der Presse. Und Zack-Bumm, geriete unser Geheimnis an die Öffentlichkeit.
Wurde er gerade selbst schlampig? Vergaß er die aufgestellten Regeln, nur weil ich eine Miene zog?
Früher war er viel vorsichtiger gewesen: Er hatte mich von Kindermädchen betreuen und in den Kindergarten bringen lassen. Mein Gesicht hatte niemand in seiner Begleitung sehen dürfen. Mit seinem und meinem Namen gab es da eher weniger Probleme. Immerhin teilte ein großteil Südkoreas Bevölkerung den Familiennamen 'Park'. Nur seine Ehe und Scheidung mit meiner Mutter, ließ manchmal Fragen aufkommen.
Das hauptsächliche, weniger schlimme Problem war nun nur, dass ich bereits eine Verabredung hatte und somit nicht fähig war ihm zuzusagen.
Ich stammelte, als sein fragender Blick mein Inneres erreichte. Würde es ihn sehr enttäuschen? Obwohl, er tat es ja für mich, wie er gesagt hatte.
"Also... Ich hatte eigentlich vor, heute den ganzen Tag zu trainieren und an meinem Solo zu arbeiten. Außerdem muss ich noch Sachen für die Schule erledigen. Wie wäre es, ... wenn wir stattdessen morgen früh ein schönes Familienfrühstück veranstalten und zusammen kochen, bevor du los musst?", versuchte ich mich zu rechtfertigen.
Schularbeiten hatte ich wirklich noch fertig zu stellen. Das konnte ich, aber auch nach dem Treffen mit den Jungs machen.
Was hatte ich mir denn bei meiner Begriffswahl "Familienfrühstück" gedacht?
Ich wusste doch, dass damit jedes Mal nur wir zwei gemeint waren.
Konnte man zu zweit überhaupt als richtige Familie gelten?
Mein Vater stellte die leere Tasse auf dem Tisch zurück und lächelte. "Schade, aber dann Kochen wir beide eben morgen früh zusammen. Du hast auch immer etwas zu erledigen, wenn ich nachfrage... Wie der Vater so die Tochter.", murmelte er mit Essen im Mund. "Ich muss mir langsam eingestehen, dass du längst kein Kind mehr bist. So groß und selbstbewusst warst du früher nicht. An Verantwortungsbewusstsein fehlt es dir ebenfalls nicht... Wow!" Er beugte sich grinsend vor und wuschelte mir liebenswürdig durch die Haare. "Werd mir aber bloß nicht zu schnell erwachsen und so. Vier Jahre wohnst du mindestens noch bei mir!", mahnte er mich. Ich strich mir sie zerzausten Haare aus dem Gesicht und lachte los.
"Appa, ich bin erst sechzehn! Und außerdem habe ich garnicht vor auszuziehen. Hier ist es ganz angenehm. Du brauchst dir also keine Sorgen zu machen oder mir Vorträge halten.", sagte ich und grinste ihn an. Er war ein guter Vater, auch wenn er es manchmal mit seiner Fürsorglichkeit übertrieb. Hier war es viel zu schön, um umzuziehen. Wie kam er auf solche Ideen? Ich war erst sechzehn und hatte noch lange nicht vor so selbstständig zu werden, dass ich mir einen Job suchen musste. Das konnte ruhig noch warten!
"So, wollen wir abräumen?", fragte er und blickte über die Tischplatte. Alle Schüsseln waren leer. Ich schaute ihm entgegen und äußerte mich: "Ich denke mal ja oder siehst du noch irgendwas zum Vernaschen?"
Mit strahlenden Augen erhob er sich und begann das Geschirr zu stapeln. Fröhlich tat ich es ihm gleich und brachte anschließend die dreckigen Schüsseln in die Küche.
Nachdem sie in der Spühlmaschine platziert waren, machte ich mich fertig und auf dem Weg zu JYP.

Hidden Face [Stray Kids FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt