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Liebe Leserinnen (und Leser),
dieser Teil kommt etwas verspätet, was mir aufrichtig leid tut.
Bevor dieses Kapitel für euch beginnt, möchte ich euch noch etwas mitteilen. Ich habe mich mit dieser Geschichte beim CelestialAward 2018 angemeldet und wurde angenommen. Vom 2.2.18 bis zum 2.6.18 gibt es eine sogenannte Votingphase, in der ihr für eure Lieblingsbücher abstimmen könnt, (falls dieses bei dem Award mitmacht). Auch meine Storys (Hidden Face und Die Dämonenbrüder - Achilleus) sind bei den Kategorien Herzjuwelen und Nachtschatten zu finden. Ihr könntet ja, wenn ihr Lust habt mal vorbeischauen. Möglicherweise entdeckt ihr dort ein nächste Buch für euch.
Jetzt viel Spaß beim Lesen,
Greta.

Ein leises Schnarchen ließ mich, meinen Blick vom Bildschirm des Fernsehers abwenden, auf dem gerade der Abspann lief. Es war Changbin, der mit geschlossenen Augen an Felix lehnte. Ich starrte ihn verwundert an. Wie war er dazu fähig, während eines Actionfilms einzuschlafen? Naja, süß sah das ganze, wie er so an seinem Kumpel lehnte trotzdem aus. Das konnte ich nicht bestreiten. 
"Er ist eingeschlafen.", stellte Minho nun neben mir fest und lachte laut auf, sodass auch die anderen es bemerkten. Felix blickte verblüfft zur Seite. Als er den schlafenden Changbin an seiner Seite entdeckte, hielt er für einen Moment inne. Dann hob er den Kopf und schaute hilflos in die Runde. "Weck ihn auf!", sagte Jisung, bevor Felix überhaupt eine Frage stellen konnte. Die anderen Jungs beobachteten nur, wie ich es tat.
Felix zögerte zuerst, fasste seinen Freund anschließend jedoch bei der Schulter und rüttelte kräftig. Erschrocken öffnete Changbin die Augen.
"Ich bin doch wach! Den Film kann ich auch mit geschlossenen Augen verstehen.", sprudelte es aus ihm heraus. Alle bis auf Changbin und ich prusteten los. Ich grinste nur verschmitzt, da ich es nicht übertreiben wollte. "Bestimmt! Bei einem Film, in dem die Leute fast nur durch ihre Kampfkunst kommunizieren.", beteuerte Hyunjin. Changbin versank in seinem übergroßen Kaputzenpulli und seufzte: "Was kann ich dafür, dass der Film so langweilig ist? Solche Filme entsprechen nicht meinem Konzept. Können wir uns nicht noch einen Horrorfilm reinziehen?" Das Gelächter verstummte. Stattdessen streckten Jisung und Woojin die Hände in die Luft und erhoben die Stimmen: "Ja, ein Horrorfilm! So einen haben wir lange nicht..." "...stopp. Wartet doch erstmal!", unterbrach Chan sie. Er lehnte sich auf seinem Platz nach vorne, damit man ihn am anderen Ende des Sofas besser sehen konnte.  "Sollten wir nicht erst einmal unseren Gast fragen, was sie davon hält?" Der tadelnde Blick, den er seinen Mitbewohnern zuwarf, entfachte die vorgesehene Wirkung. Seungmin begab sich in die Waagerechte und drehte sich in meine Richtung. "Möchtest du noch bleiben, Kairi?", fragte er. Ich sah unsicher zu Chan, da ich mir nicht sicher war, ob Seungmin den Befehl richtig ausgeführt hatte.
"Du könntest mit uns zu Abend essen, wenn du Lust und Zeit dazu hast.", teilte Chan mir daraufhin mit.
Erst in diesem Moment wurde mir klar, was sie mich soeben gefragt hatten.
Um ehrlich zu sein wusste ich es selbst nicht. Unter anderem weil ich nicht auf diese Frage vorbereitet gewesen war. 
Zuhause hatte ich keine Uhrzeit genannt, wann ich zurück sein würde.  Und Lust mit ihnen die Zeit an diesem Abend zu verbringen, hatte ich auf jeden Fall! Das hieß, dass dem eigentlich nichts im Wege stand.
"Klar, würde ich gerne bleiben. Aber nur solange es euch keine Umstände macht.", sprach ich.
Chan nickte, erhob sich und ging ein paar Schritte. "Dann steht es fest: Heute essen wir zu zehnt, Jungs.", rief er. Dann verschwand er in der Küche. Ich drehte mich den Jungs zu. Sie lächelten mir alle samt aufmunternd zu. Ich lächelte unbeholfen zurück und knetete in der aufkommenden Stille meine Hände.
"Okay. Was für einen Horrorfilm gucken wir?", meldete sich Changbin nach ein paar Sekunden. "Der letzte Film war definitiv zu viel spannungslos verbrauchte Zeit für einen Abend." Minho schnaubte: "Du hast ja auch geschlafen. Also, ich wäre für Zimmer 1408.
Ich kannte weder den Horrorfilm, den Minho vorgeschlagen hatte, noch die welche Changbin und Jisung als nächstes aufzählten.
Ohne Freunde ging man nun mal nicht ins Kino und alleine war ich nie gewillt gewesen mir einen Horrorfilm anzuschauen.
Natürlich liefen hin und wieder Krimis im Fernsehen, aber die galten doch nicht als Horrofilme, oder?
Ob mir solche Filme gefielen oder ich überhaupt genug Mumm dazu hatte, einen anzuschauen, wusste ich beim besten Willen nicht. Ich musste es wohl ausprobieren!
Eine Minute dauerte es noch, da hatten die drei sich endlich geeinigt. Ich saß in dieser Zeit weiterhin auf dem Sofa, in dessen Ecken sich ein bisschen Popcorn angehäuft hatte. Es war anscheinend nicht bis in den Mündern der Jungs angelangt.
Mit aufgeregten Blicken rutschten die anderen zurück auf ihre vorherigen Sitzplätze. "Zimmer 1408, wir kommen!", jubelte Jisung.
So wie es aussah, konnte er es gar nicht mehr erwarten. Jeongins Gesichtsausdruck nach zu urteilen, erging es ihm da anders.
Wenigstens einer fühlte so wie ich, auch wenn Jeongin wahrscheinlich schon den ein oder anderen Horrorfilm gesehen haben musste.
Er rückte so nah an Seungmin heran, dass man hätte meinem können, sie würden bald zu einer einzigen Person verschmelzen.
Warum war ich eigentlich auf einmal so nervös? Ich brauchte mich nicht zu fürchten. An erster Stelle weil ich hier acht nette Jungs hatte, die mich vor was auch immer beschützen konnten, dann noch weil sie wohl wussten, dass man sich nicht fürchten musste und drittens weil es ein älterer Film war. Die waren normalerweise doch todlangweilig? Andererseits konnte man das Alter des jetzigen Films nicht mit dem davor vergleichen, welcher aus den Neunzehnhundert-Achzigern stammte.
Ich ermahnte mich abermals.
Warum zog ich nur voreilige Schlüsse? Das hatte ich nicht nötig. Und wenn schon, dann ließ ich mich eben überraschen.
Selbst mein Vater hatte mich heute morgen als erwachsen und selbstbewusst bezeichnet. Wohin war diese Selbstsicherheit verschwunden?
Ich atmete tief ein und aus und nahm wieder eine bequeme Position ein. Dabei war nicht zu übersehen, dass ich mich verängstigt in die Kissen quetschte.
"Noch nie einen Horrorfilm gesehen?", fragte Minho leise neben mir. Ich nickte. Er rückte etwas näher und grinste verräterisch. "Dann tut es mir für dich leid, dass der Film meiner Wahl läuft.", flüsterte er. Von seinen Worten erneut aus meinem inneren Monolog gerissen, fuhr ich herum. "Was?", spuckte ich schon fast.
Meinte er damit, dass dieser Film nicht für mich geeignet war?
Wenn ja, dann war dies sicherlich der Grund, weshalb ich in diesem Moment tiefer in den Kissen versank.
Minho erklärte im Flüsterton, was er eben gemeint hatte: "Na ja, man sollte sich als Anfänger keinen Film über verfluchte Hotelzimmer anschauen. Da wäre sowas wie the Visit empfehlenswerter."
Natürlich wusste ich auch dieses mal nicht, von welchem Film er sprach. Es machte mich etwas wütend, nichts zu verstehen, geschweige denn als Anfänger bezeichnet zu werden. Auch wenn es eigentlich stimmte. "Grins du nur. Sobald ich bei Gruselszenen anfange dich zu schlagen, vergeht dir das Lachen.", entgegnete ich dann unzumutbar, während sich ein fieses Lächeln auf mein Gesicht stahl.
Wow!
Meine Angst schien wie verflogen, was sich allerdings bald ändern sollte.
Minho öffnete mit betroffenem Ausdruck  auf dem Gesicht den Mund und setzte zum Widerspruch an. Bevor ihn jedoch ein Wort verlassen konnte, ertönte ein Zischen von unseren Sitznachbarn.
Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass der Film anfing und wandte meine Aufmerksamkeit schnell dem Fernseher zu.
Der Film handelte von einem Schriftsteller namens Mike Enslin, der getrennt von seiner Frau Lily lebt und nach dem Tod seiner Tochter Katie Bücher über angeblich übernaltürliche Phänomene schreibt. Als Teil seiner Recherchen für ein weiteres Buch übernachtet er im Zimmer 1408 des Dolphin Hotels in New York City, in dem zuvor sechsundfünfzig Gäste zu Tode gekommen sind.
Der Anfang bei dem der Manager des Hotels Mike riet dem Zimmer fern zu bleiben, ließ mich noch vollkommen kalt. Ich lauschte still den Konversationen, um der Storyline zu folgen. Dann begann der spannende Part: Mike folgt dem Rat des Managers nicht und bucht stattdessen das Zimmer für die Nacht. Beim Betreten und Beziehen der Suite erscheint noch alles normal, so wie es in einem Hotelzimmer üblich ist. Bald jedoch machen sich Sachen, wie das sich von Geisterhand machende Bett und das wie aus dem Nichts spielende Radio bemerkbar.
Je mehr Gegenstände ihren Ursprungsort änderten, desto weiter rutschte der Kragen meines Sweaters über meine Nase in Richtung meiner Augen. Das Herz klopfte rasend schnell in meiner Brust, sobald der Radiowecker anfing verrückt zu spielen und ein Countdown auf ihm begann, Mikes restliche Lebenszeit herunter zu zählen. "Schi!", flüsterte ich in den puscheligen Stoff meines Oberteils. "Das ist viel zu gruselig." Ich versuchte dem Nervenkitzel zu entgehen und kurz zu verschnaufen, indem ich meinen Blick vom Fernseher abwandte. Dabei viel mir auf, dass Chan noch immer nicht aus der Küche zurückgekommen war.
Was tat er dort nur?
Vorsichtig rückte ich zu Minho herüber. "Sag mal, was macht Chan denn so lange in der Küche?", wollte ich flüsternd wissen. Er antwortete mir ohne den Blick vom Bildschirm des Gerätes zu nehmen: "Chan? Der macht, glaube ich, das Abendessen."
Ich zog verwirrt die Augenbrauen zusammen.
Er machte alleine das Abendessen? Für ganze zehn Personen, welche indessen faul vor dem Fernseher lagen?
Ich merkte wie sich Schulfgefühle in mir breit machten. Der Gast half normalerweise nicht beim Kochen, aber es fühlte sich nicht richtig an, zu wissen, dass er gerade in der Küche arbeitete, während ich hier herumlag.
"Kocht er etwa alleine? Warum hilft ihm denn niemand dabei?", wisperte ich der Ruhe gebracht.
Nach dieser Frage drehte Minho seinen Kopf in meine Richtung. Er blickte erst in meine Augen und dann in Richtung der Küche. Nachdenklich fuhr sein Blick auch über die anderen.
Stellte er sich gerade diesselbe Frage, wie ich es getan hatte? Offenbar tat er das, da er in diesem Moment von der Couch steigen wollte. Ich hielt ihn auf, indem ich ebenfalls aufstand. "Ich gehe schon!", erklärte ich leise. "Dieser Film ist sowieso nichts für mich.", fügte ich schleunig hinzu. Natürlich in einer Lautstärke, in der ich die anderen nicht vom Schauen des Horrorfilms abhielt.
Verdutzt ließ Minho sich wieder auf die Polster fallen und ich huschte, mit der Absicht die Jungs nicht groß zu stören, durch den Wohnbereich hin zur Küche.
Auf den Film konnte ich wirklich verzichten! Wie sich herausgestellt hatte, waren Horrorfilme nichts für mich. Da benutzte ich lieber meine Fähigkeiten im Kochen und kam Chan zuhilfe! Das konnte ich zumindest.
Ich tapste in den kleinen Raum mit der kaminroten Einrichtung. Chan stand vor dem kleinen Fenster an der Theke und schien irgendetwas zu schneiden. Dies verriet mir das Geräusch, welches von dem Messer in seiner Hand ausging, wenn es auf das Brett vor ihm traf. Chan stand mit dem Rücken zu mir, sodass er mich nicht kommen sah. "Kann ich dir helfen?", durchbrach ich die Stille. Er zuckte zusammen und schaute sich nach mir um. "Guckst du den Film nicht mehr mit?", stellte er die Gegenfrage. Ich trat an die Theke heran, auf der Gemüse und anderes Zeugs lagen. "Naja... Ich schätze mal, ich bin nicht so ein Horror-Fan.", teilte ich ihm leicht lachend mit. Er legte das Messer bei Seite und strich die zerstückelten Salatblätter zu einem Haufen. Mit belustigtem Grinsen auf den Lippen ergriff er wieder das Wort. "Dann schätze ich mal, dass du mir deswegen zur Hilfe eilst." Die Ohren spitzend schielte er zu mir herüber, woraufhin ich sofort zu einer Antwort ansetzte: "Also, es liegt nicht nur an dem Film, dass ich frage, ob ich helfen kann. Weist du, ich habe..." "...ist schon gut. Das war nur ein Scherz. Ich werfe dir nichts vor.", fiel er mir mitten im Satz ins Wort. 
Oh. Allem Anschein nach hatte er es gar nicht so gemeint, wie ich gedacht hatte. 
Als er meinen erleichterten Gesichtsausdruck zu sehen bekam, lachte er kurz auf. Er nahm den Salathaufen in die Hand und warf ihn in einen Topf auf dem Herd. Im Anschluss daran zeigte er mit dem Zeigefinger auf etwas das in Papier eingepackt war. Ich holte es hervor und lößte die Verpackung. "Du könntest Es in mundgerechte Happen schneiden und würzen.", erläuterte mir Chan. Zeitgleich erkannte ich, dass sich hinter dem Papier ein großes, rosarotes Stück Fleisch versteckte. Einverstanden nickte ich und legte das Fleisch zurück auf die Arbeitsfläche. "Kann ich meine Hände kurz in der Spüle waschen?", erkundigte ich mich zunächst. Chan gewährte mir die Nutzung des Waschbeckens mit einem Kopfnicken. Derweil schnibbelte er die Tomaten. 
Kurzerhand waren meine Hände gewaschen. Ich machte mich mit hochgekrempelten Ärmeln daran, das Fleisch zu schneiden. Chan an meiner Linken tat es mir gleich und zerhackte fleißig das Grünzeugs. Mit ein wenig Druck rutschte auch das Hühnerfleisch unter meinen Fingern nicht mehr davon und ich konnte das Messer problemlos verwenden. 
Aus dem Wohnzimmer drangen die unheimliche Filmmusik und ab und zu die Stimmen der Jungs. 
Ob wohl in diesem Moment eine spannende Szene lief? Neugierig war ich ja zweifelsohne, zurück vor den Bildschirm des Fernsehers wünschte ich mich jedoch nicht. Hier mit Chan, frei von Gruselszenen gefiel es mir besser.
Ich erwachte aus meinen Gedanken, da das Fleisch fertig geschnitten war. Wortlos suchte ich zwischen den Verpackungen und dem anderen Gemüse nach brauchbaren Gewürzen. Hinter einer Nudelpackung fand ich drei Schüsseln, in denen ich Würze erkannte. "Die kann ich benutzen, oder?", warf ich ein und hielt Chan die Schüsseln vor die Nase. Nachdem er die Tomaten auch in den Topf geworfen hatte, wandte er sich mir zu. "Ja, damit kannst du würzen.", stellte er klar. "Du weißt doch, wie man das macht, oder?", fügte er unsicher hinzu. Diesmal nickte ich. Meine Finger fuhren zuerst in die Schüsseln und dann auf das Fleisch hinab. "Ich weiß, wie man kocht! Das kannst du mir ruhig glauben. Ich koche fast jeden Tag, für meinen Vater und mich.", gab ich bekannt. Bei den Worten, welche ich soeben von mir gegeben hatte, entglitt mir ein Stück Fleisch und landete auf der Arbeitsfläche. Schnell hob ich es in der Hoffnung, dass Chan es nicht mitbekommen hatte, auf. 
War das vielleicht zu viel der Wahrheit gewesen?
Chan öffnete erstaunten Blickes den Mund: "Ach, so ist das. Dann brauch ich mir ja keine Sorgen zu machen um das Fleisch zu machen... " Ich prustete los. Wie schlecht hatte er denn gedacht, dass ich kochen würde?  
"...aber kocht deine Mutter nicht?", fügte er noch hinzu. Ich stockte in meiner jetzigen Position.
Meine Mutter? War meine Aussage eben nicht offensichtlich genug gewesen? Sollte ich ihm denn wahrheitsgemäß antworten? Obwohl... ich musste ihm ja nicht alles erzählen. Wahrscheinlich klang das, was ich nun sagen würde sowieso nach den Problemen jeder zehnten Familie auf der Welt. 
"Nein. Sie wohnt nicht bei uns.", sprach ich. 
Außer meinem Vater wusste eigentlich niemand, wie ich darüber fühlte. Ihre Entscheidung ihm das Sorgerecht zu übergeben, enttäuschte mich bis heute. Nicht weil ich lieber bei ihr gewesen wäre, sondern weil ich sie seitdem nicht mehr gesehen hatte und das Leben mit meinem Vater nicht immer einfach war. Ein fehlendes Eltern teil, konnte da manchmal ziemliche Probleme verheißen. Auch wenn eines dieser Probleme nur die entstehende Langeweile oder ein fehlender weiblicher Mitbewohner war.
"Um genau zu sein, sind meine Eltern geschieden. Ich lebe bei meinem Vater. Und weil er früh zur Arbeit geht und spät heimkommt, koche ich." Meine Augen hefteten auf dem Gewürz, das an meinen Fingern klebte. Chans Gesichtsausdruck konnte ich nur im Augenwinkel deuten. Er nahm sich das letzte Gemüsestück, eine Möhre zur Hand und griff erneut nach dem Messer. "Das wusste ich nicht. Tut mir leid, wenn ich etwas erwähnt habe, das..." "... kein Problem!", beteuerte ich, bevor er weiter sprechen konnte. Er sollte sich nicht für etwas verantwortlich fühlen, für das er keine Schuld trug. Ich versuchte die Situation zu entschärfen, indem ich offen über das Thema redete: "Mein Vater ist Geschäftsmann, das bin ich gewohnt. Und alleine lernt man viel mehr." 
Meine Geste entfachte ihre Wirkung: Sie zauberte ihm ein kleines Lächeln aufs Gesicht und ließ ihn, sich wieder an dem Gespräch beteiligen. "Da hast du vollkommen recht. Allein lernt man viel besser, sich selbst zu versorgen."
Mir war glasklar, dass er damit die Jungs und sich gemeint hatte. Immerhin lebten sie ohne Eltern in einer WG und waren somit verpflichtet alleine zu kochen, zu putzen und die Miete zu bezahlen. Das erklärte allerdings nicht, warum er gerade für alle acht Abendessen kochte, während diese sich entspannten.
Besaßen sie einen sogenannten Kochplan oder lag es an seinem Leader-Dasein, dass er für sie kochte?
"Kann es sein, dass du für die anderen so etwas wie eine Mutter bist? Naja, du scheinst zu wissen, was du da tust...",  brachte ich meine Gedanken zum Ausdruck. Dabei deutete ich auf die perfekt geschnittene Möhre. Er warf sie ebenfalls in den Topf und ging mit der Unterlage und dem Messer auf die Spüle zu. "Für mich sind sie eher, wie kleine Brüder, die ich vor den Gefahren der Welt beschützen muss. Sie bedeuten mir eine Menge. Aber denk nicht, nur ich würde das Essen machen. Minho, Changbin, Hyunjin und Seungmin kochen auch oft für uns und ihr Essen schmeckt gar nicht so schlecht. Die anderen haben auch ihre Aufgaben im Dorm.", berichtete er mit einem verträumten Lächeln auf den Lippen. Zurück am Herd schnappte er sich einen Löffel und rührte im silbernen Gefäß herum. Ich konnte mein Grinsen nicht verstecken. Er musste ein guter Anführer sein, so wie er über sie sprach. Das Lächeln zeugte ebenso von seiner Zuneigung gegenüber den Jungs. 
Das Fleisch war fertig gewürzt und meine Hände von einer klebrigen Gewürzschicht umhüllt. Eine Pfanne stand leer auf dem Herd. Ich entschloss, dass sie für das Fleisch gedacht war. Mit den Fingerspitzen nahm ich mir die ersten Stücke und legte sie in die Pfanne. Anschließend wusch ich mir gründlich die Hände und begab mich wieder an den Arbeitsplatz. Chan hatte schon unbemerkt Öl in die Pfanne gegeben. Den Herd musste ich noch selbst einstellen. Einige Minuten herrschte Stille im Raum, bis das Öl anfing zu brutzeln. Ich nahm mir Stäbchen zur Hand, welche auf der Theke lagen und wendete das Fleisch in der Pfanne. Welche Gesprächsthemen wären jetzt angebracht? Vielleicht konnte ich etwas über ihn erfahren. Vieles wusste ich ja nicht über ihn. 
"Was gibt es denn so...", ich zuckte zusammen, als ein Schrei aus dem Wohnzimmer ertönte. Dabei flog mir ein Stäbchen aus der Hand. Ich schaffte es eben noch die Stäbchen vor dem Aufprall auf dem Boden zu bewahren. Wer um alles in der Welt hatte diesen Laut von sich gegeben?
Chan an meiner Seite ließ den Löffel los und stapfte ohne ein Wort von sich zu geben davon. Schnellen Schrittes verschwand er hinter dem Türrahmen. Unschlüssig blieb ich dort, wo ich war. Ich konnte ja nicht einfach das brutzelnde Fleisch ohne Aufsicht stehenlassen, um zu erfahren, was sich im Wohnzimmer abspielte. Im Grunde konnte ich mir das schon vorstellen. Dass einer der Jungs sich, aufgrund des Horrorfilms erschrocken hatte, war erdenklich. Deshalb wartete ich geduldig, bis Chan wieder in die Küche kam. Als er den Raum betrat, erkannte ich einen mir bekannten Gegenstand in seiner Hand. "Ist das deins?", fragte er mich. Es war mein Handy, welches er mir entgegenstreckte. Oh. Es musste mir vorhin wohl aus der Hosentasche gefallen sein. 
"Jeongin saß drauf, als es angefangen hat zu vibrieren. Deswegen hat er geschriehen."
"Gomabda.", sagte ich dankbar und nahm ihm mein Handy ab. Ich ließ die Pfanne für einen Moment aus den Augen, weil ich nachschauen wollte, weswegen es angeblich vibriert hatte. Der Bildschirm leuchtete auf und zeigte einen verpassten Anruf an. Nicht anders zu erwarten, stammte er von meinem Vater. Trotzdem lief es mir kalt den Rücken hinunter. Warum hatte er angerufen?
Ich hatte keine Ahnung. Möglicherweise weil er wissen wollte, wann ich nach Hause kam? Wo ich war? Oder hatte es einen nicht so belanglosen Grund?
Verunsichert steckte ich es in meine freie Hosentasche und verwarf den Gedanken, dass der Anruf wichtig gewesen sein könnte. Mein Vater dachte, ich wäre beim Training und so sollte es auch bleiben. Wenn ich trainierte, ging ich nie ans Telefon, das wusste er eigentlich. Es war sowieso zu riskant ihn hier bei den Jungs anzurufen. Er würde bestimmt ihre Stimmen erkennen, falls diese bei einem Telefonat im Hintergrund zu hören waren. Natürlich hätte ich nach einem Zimmer zum Telefonieren fragen können, mir schwirrte jedoch immer noch der Fakt durch den Kopf, dass mein Vater annahm, ich sei im JYP-Gebäude. 
Chan stellte den Herd ab und legte den Löffel zum Umrühren bei Seite. "So, das Essen ist fertig. Hilfst du mir beim Tischdecken?", riss er mich aus den Gedanken. Verdutzt nickte ich und machte mich bereit, mit Geschirr beladen zu werden. Stattdessen zeigte er auf eine Schublade vor mir. Wie befohlen öffnete ich sie und sah auch schon eine Menge an Essstäbchen. Zwanzig Stäbchen wogen mehr, als ich erahnt hatte. Besonders, wenn sie noch in ihren Hüllen steckten. 

Ich folgte Chan in den Wohnbereich. Er steuerte mit einem Turm an Schüsseln auf den Armen auf den niedrigen Tisch vor dem Sofa zu. Bei diesem angekommen, verteilte er die Schalen. Ich tat es ihm schweigend gleich. Dabei bemerkte ich, dass die Jungs nicht einmal den Blick vom Bildschirm des Fernsehers abwandten. Sie mussten ziemlich in die Story vertieft sein. 
Das dachte ich zumindest so lange, bis Chan und ich das Essen aus der Küche holten und plötzlich acht hungrige Jungs vom Sofa sprangen. Den Film hatten sie auf Stopp geschaltet. 
Ich lachte in mich hinein, da sie sich alle artig an den Tisch setzten. Was eine Horde!
Eine Minute hatten sie noch zu warten. Dann standen die Pfanne und die anderen Töpfe auf dem Tisch. Bevor sich die anderen jedoch bedienten, ergriff Chan das Wort: "Bedankt euch bei Kairi, wenn das Fleisch schmeckt. Guten Appetit!" 
Ich winkte verlegen ab und nahm wie die anderen meine Schüssel zur Hand. "Guten Appetit!", riefen sie im Chor. Das Abendessen begann und ich vergaß zwischen meinen essen- und lachenden Sitznachbarn vollkommen die Zeit.

Hier, bin ich wieder! Ich hoffe das Kapitel hat euch gefallen. Was ich alles für diese Story tue: Mir dieselben Horrorfilme anschauen, damit ich weiß worüber ich schreibe. Manchmal wünsche ich mich zurück in die Zeit meines Lebens, in der ich noch nicht lesen und schreiben konnte. Bye ^-^



Hidden Face [Stray Kids FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt