37

2.2K 122 43
                                    

Hier ein weiteres Kapitel und sogar mal wieder mit einem der Jungs. Ich hoffe, es gefällt euch und dass ihr vielleicht den besonderen Gast in diesem Kapitel kennt. Wenn nicht gebe ich euch einen Tipp, wo ihr Miso finden könnt: Sie ist die Protagonistin aus EommaCookie 's Fan-Fiction "I Got 7". Ich persönlich kann ihre Geschichten nur weiter empfehlen, aber erstmal viel Spaß beim lesen.

Am Freitag darauf durfte ich mich mit den Problemen auseinandersetzen, die sich in der Schule weiter anhäuften, während Stray Kids einen Auftritt bei Music Bank hatte.
Die Leute, welche sich bei mir versuchten einzuschleimen, gaben nicht nach und die Schüler, die sich vorgenommen hatten, still zubleiben, schienen irgendwie eine Abneigung gegen mich zu entwickeln. Ich glaubte, dass dies insgeheim den Gerüchten über meine Freundschaft mit Stray Kids zu verschreiben war, aber ich wollte nicht wie die Verfasser dieser Texte sein und mir unberechtigt irgendwelche Sachen ausdenken, die vielleicht gar nicht stimmten. 
Wie zum Anfang der ersten Schulstunden gedacht, war meine Erlösung schließlich das Training bei JYP. Ein weiterer Nachmittag alleine in der leeren Wohnung hätte mir nämlich höchstwahrscheinlich den Rest gegeben, doch das Schicksal hatte anscheinend auch im Unternehmen etwas anderes als Entspannung für mich hervorgesehen. 
"Entschuldigung.", kam es von links. Ich hatte gerade das Gebäude betreten und dem Mann vom Sicherheitspersonal meinen Ausweis gezeigt, da sprang die Frau an der Rezeption lächelnd von ihrem Stuhl. "Könntest du das, wenn du nach oben gehst, bei den Jungs von Got7 vorbeibringen?" Erst jetzt bemerkte ich den offenen Umschlag in ihrer Hand. Die in ihm enthaltenen Papiere mussten wohl von keinem großen Wert sein, wenn sie es mir in die Hand geben wollte. Aber hatte ich gerade richtig gehört? Dieser Umschlag sollte zu Got7? Dem Got7?
"Eh-Ehm okay.", stotterte ich überfordert, während sie hinter dem Tresen hervorkam und mir den Umschlag in die Hände drückte. Sie warf mir ein warmes Lächeln zu: "Dankeschön. Das ist sehr lieb von dir!" 
Gerade als sie vorhatte sich wieder umzudrehen, kehrte meine Stimme zurück und ich fragte: "Entschuldigen Sie. Wo finde ich die Sieben denn?" 
Beinahe hätte ich mich in eine peinlich Situation gebracht, einen Botengang auszuführen, dessen Zielort ich nicht einmal kannte. Sie wandte sich wieder mir zu, woraufhin ich mir schüchtern eine Haarsträhne hinter das Ohr strich. "Im ersten Stock.", beantwortete sie meine Frage mit einem Zwinkern. "Studio 1B sollte nicht schwer zu finden sein. Folge einfach der Musik und du wirst sie finden."
Nach einer leichten Verbeugung bewegte ich mich auch schon in Richtung Treppenhaus. Bis zum ersten Stock konnte ich ruhig ein paar Stufen laufen, zumal die Bewegung meine Muskeln vor dem Tanzen ein wenig aufwärmen würde. Eine Sache war mir allerdings nicht entgangen: Die Frau an der Rezeption hatte unglaublich erfrischt und fröhlich gewirkt. Entweder hatte sie heute einen sehr guten Tag oder es hatte mit dem Umschlag zu tun. 
Ich warf einen kurzen Blick auf das hellbraune Papier. Was sich wohl in ihm befand? Ihre Laune schien es jedenfalls angehoben zu haben. 
Insgesamt war ich unglaublich erleichtert diesen Brief Got7 zu überbringen, immerhin hätten es auch die Jungs von Stray Kids sein können. Und denen wollte ich eher ungern begegnen. Die Sache mit dem Gerücht über uns, welches sie mit Sicherheit bereits gelesen hatten, war mir ziemlich peinlich vor ihnen, da ich ihnen dadurch bestimmt unzählige Probleme bereitet hatte. Mein Vater hatte mir zwar versichert, dass er alles aufklären und hinbekommen würde, doch er hatte nicht besonders zuversichtlich geklungen und das machte mich nervös. Ich hätte den Jungs am liebsten auf ihre erfolgreiche Reise gratuliert und sie willkommen geheißen, aber daraus würde somit nichts mehr werden. Zumindest heute nicht.
Ich ergriff, auf verwirrte Blicke eingestellt, die Türklinke des vor mir liegenden Studios und setzte schon zu einer Begrüßung an, doch es wahr wohl eher ich, die als nächstes erschrocken und verwirrt zurückwich. Ich hatte nicht erwartet, dass jemand in diesem Moment ebenfalls die Tür, aber von Innen, hatte öffnen wollen. Und diese Ahnungslosigkeit war der Person auf der anderen Seite der Tür daraufhin zum Verhängnis geworden. Erst war ein Rumpeln zu hören, als die Tür mit dem Körper der Person kollidierte, dann folgte ein Poltern.
Erstarrt betrachtete ich den Spalt zwischen Tür und Rahmen. Hatte ich gerade jemanden mit dieser Tür geschlagen? Oder hatte ich mich nur verhört?
Als ich mich erneut nach vorne bewegte, ließ sich die Tür problemlos öffnen. Allerdings machte sich gleich im Anschluss ein Junge hinter ihr bemerkbar und ich kannte ihn sogar. Chan hielt sich stöhnend die Stirn, während er versuchte sich mit der anderen Hand aufzurichten. 
Wie durch ein Signal legten sich plötzlich alle Schalter um und der Schock von eben verschwand in meinem Hinterkopf. Besorgt stürzte ich auf ihn zu und legte schnell den Umschlag und meine Sporttasche beiseite. "Oh mein Gott, das wollte ich nicht! Geht es dir gut?", er sah blinzelnd in meine Richtung. Während er seine Hand sinken ließ, sah ich etwas auf den Boden tropfen. Auch er bemerkte die rote Flüssigkeit und hielt sich eilig den Handrücken unter die Nase. 
In dieser Sekunde stoppte die Musik im Raum und zum ersten Mal realisierte ich, dass auch noch andere Personen im Raum waren. Got7 sah ganz schön verdutzt aus, als sie Chan auf dem Boden sitzen sahen und schließlich mich erblickten, die scheinbar unbemerkt ihr Studio betreten hatte. Die ersten Paar kamen schon in unsere Richtung. Chan wurde von Youngjae und Jaebum auf die Beine geholfen und Mark reichte mir seine Hand, um mir ebenfalls aufzuhelfen .
"Geht es euch gut?", erkundigte sich Jaebum. Eigentlich logen wir beide, doch genau im selben Moment antworteten Chan und ich mit: "Ja."
Dann schüttelte ich mit dem Kopf. "Ich habe ihn mit der Tür erwischt. "
Zwar hätte ich ihnen den Unfall einfach verschweigen können, da es nicht so wirkte, als ob Chan etwas von sich geben würde, doch das Blut machte es zu offensichtlich. Er war zu sehr damit beschäftigt, seine Hand gegen die geschwollene Nase zu halten und sich aus dem Griff der Jungs zu befreien. "Es ist alles in Ordnung. Ich mache mich dann auf den Weg.", gerade als er einen Schritt hinter sich gebracht hatte, ergriff Jaebum ihn bei dem Kragen seiner Lederjacke und zog ihn zurück. "Niemand geht hier irgendwohin, solange deine Nase nicht verarztet wurde.", verkündete der Ältere. Sein ernster Blick erinnerte mich daran, wie Chan manchmal mit den Jungs redete, auch wenn Chan seiner Stimme immer einen weicheren Ton verlieh. Aber was hätte ich erwarten sollen, Jaebum war ebenfalls ein Leader und er schien seinen Job sehr ernst zu nehmen. Mit besorgtem Unterton schob er Chan, der etwas überfordert wirkte, zur nächsten Couch und kniete sich vor ihn, um seine Nase zu betrachten. 
Verklemmt ließ ich meinen Blick durch die Runde fahren. Ein paar neugierige Blicke begegneten mir. Jaebums anschließende Bemerkung erweckte sofort meine Aufmerksamkeit: "Du musst echt Kraft haben." Mir gelang nicht mehr als ein trockenes Lachen, welches die peinliche Stille im Raum füllte und wohl eher einem Husten glich. Ich überlegte, was ich in dieser Situation kreatives beitragen könnte, doch das nahm mir schon Jackson ab. 
"Seht mal, weshalb sie hier ist. Ich glaube, sie ist ein Glücksbringer.", wir sahen, wie er den braunen Umschlag in den nächsten Papierkorb warf. Das Papier, welches sich zuvor in ihm befunden hatte, hielt er bereits in den Händen. "Das ist die Liste der Unterkünfte für die Welttour, Jungs! Ratet mal, wer uns begleiten wird?"
Mark lief auf ihn zu, um sich die Blätter zu schnappen, doch Jackson versteckte sie schnell hinter seinem Rücken. "Ich gebe dir einen Tipp:", schlug er dem Blonden vor. "Es sind mehr als eine Person und wir mögen sie. Die eine hat einen Namen, der mit "M" anfängt und die andere sitzt unten an der Rezeption."
Bambam lachte amüsiert, während Mark Jackson das Papier entriss. "Du weist schon, dass das mehr als ein Tipp war und du machst es einem wirklich nicht schwer mit dem Raten!" "Miso und Fr. Oh kommen mit, war das nicht eigentlich offensichtlich, Jackson?", wollte Mark gereizt wissen, da der Chinese das Papier nun zu mir warf. Verdutzt fing ich es auf, nur um es im nächsten Moment Mark genauso verdutzt in die Hand zu geben. Während Mark sich lächelnd bedankte und daraufhin einen Blick auf die Blätter warf, zog Jackson eine beleidigte Miene.
Nun wusste ich also auch, weshalb die Frau an der Rezeption so erfreut gewesen war. Es handelte sich bei dem Grund für ihr gute Laune anscheinend wirklich um den braunen Umschlag. Aber wer war Miso? Eine Freundin von ihnen?
Die anderen Jungs schienen sich jedenfalls genauso über die Nachrichten zu freuen. "Bist du nicht die Tochter des CEOs?", kam es auf einmal von hinter mir. Ich drehte mich um und erblickte Jinyoung. Mein Mund fühlte sich an, wie zugeklebt, als ich versuchte die Lippen zu öffnen. Zum Glück - oder eher gesagt zur Erleichterung - wurde mir das Sprechen von Youngjae abgenommen: "Ja, sie ist es. Wie kannst du sie nicht erkennen, dieses Gesicht vergisst man nicht so einfach."
Zuerst war ich ein wenig unsicher, da ich nicht mit Sicherheit sagen konnte, ob er das positiv oder negativ gemeint hatte, doch die Ungewissheit verschwand, als er mir zulächelte. Erleichtert lächelte ich zurück, aber dann fiel mir wieder ein, weshalb ich überhaupt hier war. Obwohl nicht Chan der Grund für das Betreten dieses Studios war, wanderte mein Blick gleich zu ihm. Er hielt sich noch immer die Nase und redete derweil mit seinem Kumpel. Ich konnte einfach nicht fassen, dass ich Chan eine Tür ins Gesicht geschlagen hatte und das obwohl dies nicht einmal Stray Kids Studio war. Bis zum Öffnen der Tür war an diesem Nachmittag fast alles fehlerfrei und gut verlaufen, warum also das?
"Ich gehe ein Kühlpack holen.", verkündete ich mit heiserer Stimme und setzte mich in Bewegung. In diesem Raum waren definitiv zu viele gutaussehende Menschen anwesend. Da konnte und wollte ich nicht mithalten und ich hatte gerade einer Person Schaden und Schmerzen zugefügt. Etwas anderes, als also ein Kühlpack und vielleicht ein Pflaster zu besorgen, erschien mir demnach jetzt nicht richtig. Vorallem weil ich ihr Training somit gestört hatte und Chan und Ich uns gerade erst wieder miteinander verstanden.
"Warte.", rief einer von den Jungs, nachdem ich erneut die Türklinke ergriffen hatte. Wie aufgrund von einem Trauma zog ich die Hand zurück und brachte einen Abstand von einem Meter zwischen die Tür und mich. Die Angst ein weiteres Mal zu früh die Tür zu öffnen, hatte mich schließlich zum Stehen und Zurückschauen bewegt. Bambam öffnete die Tür für mich und zeigte wie ein Gentleman hinaus. "Ich nehme an, du weißt nicht, wo man die Kühlpacks findet. Lass uns zusammen gehen. Ich muss sowieso noch Wasser für uns besorgen.", erklärte er. Nach einem zögerlichen Nicken begab ich mich endlich auf den weiten Flur, hörte die Tür des Studios hinter uns zufallen und somit verstummten auch die restlichen Stimmen.
"Hallo, ich bin Bambam.", stellte sich der hochgewachsene Sänger vor und reichte mir seine Hand. Nickend schüttelte ich sie. "Kairi, richtig?" 
Verblüfft lächelte ich, da ich nicht damit gerechnet hatte, dass er meinen Namen kannte. "Ja. Woher weißt du das?", fragte ich deswegen neugierig. Hatte einer der Jungs ihm von mir erzählt? Von ihrer Freundschaft mit Got7 wusste ich ja bescheid, aber dass sie ihnen sogar von mir berichtet hatten, hätte ich nicht erwartet. Die Jungs von Stray Kids hatten doch sicherlich viele andere Freunde und Bekannte und andere Themen über die sie mit ihren Sunbaes sprechen konnten. 
Etwas überrascht kratzte er sich im Nacken, um gleich darauf zu einer Antwort anzusetzen: "Ach, das. Ich habe dich mal vor diesem einen Café gesehen, in das die anderen Jungs immer gehen. Wie hieß es noch gleich?" 
Ich musste kurz nachdenken, da ich nicht auf Anhieb verstand, dass er mit den Jungs Stray Kids meinte. "Das Donghae's Kape.", klärte ich ihm anschließend auf, woraufhin er lachend nickte. "Ja, so hieß es. Auf jeden Fall hat Chan mich einmal dort mit hingeschleppt, weil er mir diesen Ort unbedingt zeigen wollte. Ich dachte eben erst meine Augen würden mich täuschen, aber du bist es tatsächlich. Das Mädchen vor dem Laden, Chan ist direkt rausgelaufen, als er dich gesehen hat."
Ich lachte in Verlegenheit gebracht, während ich überlegen musste, welche Situation er damit meinte. "Ach, ist das so?", kam es nur aus meinen Mund. Es war der Tag gewesen, als ich Chan vor dem Donghae's Kape begegnet war, nachdem man mich beinahe überfahren hatte und das auch noch aufgrund von meiner Abwesenheit. Ich hatte an diesem Nachmittag vermutet, dass die Jungs von Stray Kids im Donghae's sein würden, doch nun waren alle meine Befürchtungen unbegründet. Sie hatten mich nicht gesehen, da sie nicht in dem Straßencafé gewesen waren und genau deshalb war auch niemand anderes als Chan aus der Tür gekommen. 
"Ich bin oft in dieser Gegend unterwegs. Das Donghae's ist ja auch in der Nähe des Entertainments.", begründete ich mein Auftauchen jenen Tages. Aber was hatte er da gerade über Chan gesagt? Er war direkt rausgekommen, nachdem er mich gesehen hatte?
Ich schüttelte langsam den Kopf und schlüpfte durch die zufahrenden Türen in den Fahrstuhl. Warum bildete ich mir sofort etwas darauf ein? Ich wäre doch ebenfalls aus dem Laden gekommen, wenn ich einen der Jungs vor ihm entdeckt hätte!
Doch es war schön zu hören, dass die Jungs ohne mich ebenfalls das gemütliche Café besuchten. Es musste ihnen dort also wirklich gefallen und das zauberte mir ein kleines Lächeln aufs Gesicht. Selbst wenn die Erinnerungen an diese Tage mich stets zum Grübeln brachten, war meine Vergangenheit ebenso durch Chan und die anderen wie durch Shiwon geprägt. Ich hatte wahrscheinlich nur durch Chans und ihre Hilfe das erreicht, was mich heute ausmachte. Ich war wahrlich zu einem anderen, zu einem neuen Menschen geworden. Aber war ich die einzige, die jemals solch eine Zeit durchgemacht hatte oder kannten auch andere Menschen dieses Gefühl?
"Sind die Schüler heutzutage immer so nachdenklich?", riss mich Bambam aus den Gedanken. Ein schiefes Grinsen musste ihm wohl als Antwort dienen, denn für mein Verhalten gab es einfach keine Erklärung. Beim Öffnen der Fahrstuhltüren, traute ich mich dann nachzufragen: "Sag mal, habt ihr Jungs von Got7 eigentlich auch Freunde, die keine Idols sind?" Eine kurze Pause folgte und bevor er mir antworten konnte, begann ich erneut zu sprechen: "Also, natürlich weiß ich, dass ihr Freunde habt, aber ist das nicht sehr kompliziert, wenn man Sänger ist? Ihr habt bestimmt wenig Zeit..." "Da gibt es schon so ein paar Leute, um ehrlich zu sein. Die Sekretärin an der Rezeption, zum Beispiel, gehört zu unserem engeren Freundeskreis. Sie heißt Frau Oh, zumindest nennen wir sie hier so. Und seit kurzem...", er hörte auf einmal auf zu reden, woraufhin ich neugierig, wie ich es war, fragte: "Und?"
Er lachte überrascht auf und ich senkte den Kopf ein wenig, da ich bemerkte, dass ich so eben eine ältere Person unterbrochen hatte. Und das obwohl ich gegenüber einer Person wie ihm eigentlich besonders viel Respekt zu zeigen hatte. "Es ist egal! Tut mir leid, dich unterbrochen zu haben.", entschuldigte ich mich daraufhin, doch er grinste mir nur entgegen. "Kein Problem. Ich wusste nur nicht, ob ich dir davon erzählen sollte, da du ja die Tochter des CEO bist."
Verblüfft verschränkte ich die Arme vor der Brust. "Also, ich kann mit Sicherheit zwischen Privatangelegenheiten und anderen Dingen unterscheiden. Also, wenn es hier um etwas geheimes geht, dann kann ich meinen Mund halten.", und er hatte wirklich überlegt mich in eine Schublade zu werfen, nur weil ich die Tochter des Geschäftsführers war. Ich konnte gut Sachen vor meinem Vater verschweigen, wenn es das Wohlergehen einer bestimmten Person betraf und vor allem, wenn es um Idole und deren Verpflichtungen ging. Stray Kids und ich hätten ursprünglich eigentlich auch keinen Kontakt haben dürfen und es war gut ausgegangen. Und selbst wenn ich meinen Mund verschlossen halten würde, war er erwachsen genug, um auf sich selbst aufzupassen. "Mit wem bist du befreundet?"
Seine Mundwinkel wuchsen in die Höhe, als er meinen allwissenden Blick sah. "Wir Sieben haben eine Haushälterin und sie ist seit gewisser Zeit meine Freundin. Ihr Name ist Kim Miso. Sie wirkt ein bisschen kalt von außen, aber ihr würdet euch bestimmt gut verstehen."
Mit einem Dauerlächeln im Gesicht öffnete ich die Tür zu einem der Freizeiträume im vierten Stock. "Dann bin ich ja nicht die einzige, die Idole als Freunde hat."
Zusammen holten wir ein Kühlpack aus einem der kleinen Kühlschränke und er füllte noch die Taschen seines Kapuzenpullovers mit ein paar Wasserflaschen. Bevor er die Tür des Kühlfachs jedoch wieder zudrücken konnte, ging ich dazwischen. "So wenige Flaschen reichen doch niemals für sieben durstige Personen. Warte!", eilig schnappte ich mir fünf weitere Flaschen. Vorzusorgen, konnte nie schaden. Und bestimmt würde ein wenig kühles Wasser Chan dabei helfen, einen klaren Kopf zu bekommen. Ich wurde noch immer von Schuldgefühlen geplagt, wenn ich an das Nasenbluten denken musste und wie er benommen auf dem Boden gesessen hatte.
Ich musste ziemlich albern aussehen, wie ich mit fünf Flaschen im Arm versuchte, den Kühlschrank zu schließen und anschließend das Licht wieder auszumachen, denn Bambam lachte bei diesem Anblick amüsiert auf. "Gib mir zwei Flaschen. Ich werde sie noch irgendwo unterbekommen.", schlug er mir im selben Moment vor und betätigte für mich grinsend den Lichtschalter. Wenn es stimmte, dass seine Freundin eine kalte Fassade hatte, war es kein Wunder, dass sie für ihn dahin geschmolzen war. Er kam einem einfach direkt sympathisch vor, egal wie verschlossen man war. Kein Wunder das sie ihn als Freund gewählt hatte.
Da seine Tasche vor dem Bauch schon mit Flaschen vollgestopft war und irgendwer uns bis zum Studio der Jungs die Türen aufhalten musste, kam mir eine Idee. Konnte ich das bringen oder war es zu kindisch? Mal sehen, was er davon hielt.
"Darf ich kurz etwas ausprobieren?", er nickte nur, sodass ich alle außer zwei Flaschen auf den Boden legte und mich ihm näherte. Vorsichtig nahm ich ihm beim Arm und hob seinen Ärmel etwas an. Dann steckte ich erst auf der rechten und dann an seiner linken Hand eine Flasche unter den weichen Stoff. Das ganze sah zwar etwas lächerlich aus, da es wirkte, als hätte er überdimensionale Unterarmmuskeln, aber er schien es genauso amüsant und praktisch zu finden. Grinsend verkündete er: "Das ist ein super Idee. Darauf hätte ich auch kommen können, sollen wir los?" 
Ich nickte und wir setzten uns in Bewegung. Eigentlich war ich vor Fremden nie so offen und gut gelaunt, doch er kam mir gar nicht wie ein Fremder vor. Zu sehr erinnerte er mich an die Jungs, da sie den selben Humor teilten. Ich hatte irgendwie nicht erwartet, dass er diese Idee so lustig aufnehmen würde.
"Wie läuft es denn so bei den Jungs und dir?", wollte er auf dem Weg zurück zum Fahrstuhl dann wissen. "Ganz gut.", entgegnete ich. "Es ist schwer mit einem Vater, der alles unter seiner Kontrolle hat, aber zumindest unterstützt er unsere Freundschaft."
Vielleicht war es doch ganz gut gewesen, der Frau an der Rezeption eine Aufgabe abzunehmen und Got7 den Umschlag zu bringen. Andererseits wäre ich Got7 und Bambam wohl nie über den Weg gelaufen und eigentlich gefiel mir das Gespräch mit ihm gerade, auch wenn ich jetzt normalerweise am Tanzen gewesen wäre. "Warum war Chan eigentlich bei euch?", erkundigte ich mich schließlich, nachdem wir in das erste Geschoss zurückgekehrt waren. Mein Gegenüber, welches die dicken Arme witzig zu finden schien und mit ihnen alles möglich anstellte, zuckte mit den Schultern. "Weißt du, seitdem wir befreundet sind, besuchen wir uns gegenseitig oft. In letzter Zeit hat er zwar wegen seinem Debut nicht mehr viel Freizeit, aber wenn er nach Tanzschritten oder Hilfe beim Singen sucht, kommt er immer mal wieder vorbei. Als Sunbaes kann er viel von uns lernen."
Nachdem wir im Studio die Flaschen verteilt hatten und die Sieben sich zurück auf die Tanzfläche begeben hatten, wandte ich meine Aufmerksamkeit wieder Chan zu. Wie ich erkennen konnte, hatte er die Blutungen durch ein paar Taschentücher gestoppt, doch seine Nase war immer noch angeschwollen. Sein benommener Blick und die Haltung von eben waren glücklicherweise verschwunden. Er sah zu mir, als ich mich ihm näherte.
"Hier.", das Kühlpack wurde ihm von mir unter die Nase gehalten. Lächelnd nahm er es entgegen und ich reichte ihm noch die Wasserflasche, die ich ihm mitgebracht hatte. Als ich den Mund öffnete, klang meine Stimme etwas unsicher. "Tut mir leid, wegen der Nase. Ich hoffe, ich habe jetzt nicht dein Gesicht ruiniert. Dabei hat deine Karriere gerade erst begon-" "Schon in Ordnung. Es war nur etwas unerwartet.", ergriff er das Wort. Seine Stimm klang warm und gab mir etwas Zuversicht. Auf einmal viel mir auf, wie lange ich nicht mehr in seine Augen geblickt hatte und gerade als das seltsame Gefühl in meine Magengegend zurückkehrte und sich zwischen uns eine unangenehme Stille auszubreiten drohte, wandte er den Blick ab. 
Ich suchte schnell nach einem anderem Thema, damit er nicht mitbekam, wie nervös diese Situation mich machte. Obwohl wir gestern den Konflikt zwischen uns gelöst hatten, fühlte es sich jetzt wieder so an, als hätten wir nie darüber gesprochen. 
"Seit ihr gut angekommen? Ich habe gehört, ihr hattet Erfolg in Japan.", murmelte ich. Vielleicht ist er noch durcheinander wegen der Tür, dachte ich mir. 
Gerade als ich befürchtete, dass dies tatsächlich der Fall war und ich einem Idol möglicherweise eine Gehirnerschütterung verpasst hatte, nahm er das Kühlpack aus dem Gesicht und schaute in meine Richtung. "Weshalb bist du mir wirklich aus dem Weg gegangen?", fragte er dann. Die Musik im Raum wurde auf einmal leiser in meinem Kopf und ich konzentrierte mich ganz auf mein Gegenüber. "Was meinst du?", meine Nackenhaare stellten sich auf. Irgendwie kam mir seine Körpergröße im Moment viel einschüchternder vor als sonst. An anderen Tagen wirkte sie eher wie eine schützende Mauer und jetzt machte sie mich nervös, obwohl er es war, der Abstand zu halten schien. Diese Frage hatte einen schwachen Unterton. Chan seufzte. "Bist du in Ordnung?", ich war mir sicher, dass er meine verkrampfte Haltung bemerkt hatte. "Nein.", antwortete ich also. "Ich habe dir eine Tür ins Gesicht geschlagen..." 
War das zu direkt gewesen?
Seine braunen Augen zogen mich in ihren Bann. Bevor ihm meine Verhalten allerdings auffallen konnte, schaute ich zur Seite. 
"Ich meinte, wie ihr es dir wegen den Gerüchten geht?", dann hatte er also schon von allem mitbekommen. Ich blickte auf die Hände in meinem Schoß, die noch feucht vom Kondenswasser der kalten Flaschen waren und zögerte: "Ganz okay, denke ich... Passiert so etwas in eurem Leben nicht jeden Tag?" Da es eine Lüge war, versuchte ich sie durch ein schiefes Lächeln zu verbergen. Wie erwartet, kaufte Chan mir diese Worte aber nicht ab. "Du kannst mir die Wahrheit sagen."
Nachdem er diese Worte von sich gegeben hatte, brachte ich nur ein trauriges Lachen hervor: "Es ist schrecklich, zu sehen, was die Leute über Menschen wie mich denken. Und die Reaktion meiner Mitschüler ist am schlimmsten.", ich hörte ihn seufzen. "Das tut mir leid."
Enttäuscht richtete ich mich auf. "Warum tut es dir leid? Du trägst keine Schuld an diesen Dingen.", betonte ich. Was auch immer er sich dachte, er lag falsch. Diese Sachen hatte ich zu verantworten und niemand anderes. Das einzige Problem, an welches er jetzt denken sollte, war seine Nase. Ich verspürte immer noch Schuldgefühl, sobald ich die roten Taschentücher auf dem Tisch neben ihm sah. Von dem Getränk, welches ich ihm in die Hand gedrückt hatte, hatte er ebenfalls noch keinen Schluck genommen.
"Geht es euch denn gut? Ihr seid immerhin auch betroffen?", irgendwie hatte ich Angst, dass durch dieses Gespräch der Graben zwischen uns nur noch tiefer werden würde. Ich verstand seine Besorgnis und alles, aber ich war ebenfalls besorgt und er war die Person, die diese Sorgen erst ausgelöst hatte. Er nickte. "Uns geht es gut. Am Wochenende wird der Teaser des neuen Musikvideos veröffentlicht. 'Mirror' kennst du ja." 
Ich erhob mich. Mein Körper sehnte sich nach Sicherheit und Wärme, nachdem ich mich durch die Aktion mit der Tür vorhin vollkommen bloßgestellt hatte. Chan hatte mir einmal dieses Gefühl von Sicherheit schenken können, doch nun wollte ich unmittelbar den Raum verlassen. Ich hatte erkannt, dass dieses Gefühl auch mit dem zutun hatte, was ich kürzlich für ihn empfand und diese Gefühle durfte ich nicht zulassen. Es schien mir, als würde er es nicht akzeptieren, wenn ich ihm jemals davon erzählen sollte. Oder war ich es, die dieses Gefühl nicht zulassen wollte? Diese Gedanken hatten hier nichts zu suchen! Warum verspürte ich erneut etwas, das ich mir nicht erklären konnte und das nur auftauchte, wenn er in meiner Nähe war?
Meine Beine setzten sich in Bewegung, da mir die Luft im Raum allmählich zu dünn zum Atmen wurde. Das Chaos in meinem Kopf verhinderte eine klare Sicht auf die Dinge und deswegen musste ich raus. Ich war schon aufgelöst genug, aber so eine Verwirrung durch das Gemisch aus Gefühlen und Gedanken in einer solch unpassenden Situation konnte doch zu nichts Gutem führen.
"Warte!", ich spürte eine große, warme Hand um meinen Unterarm. Als ich mich umdrehte, realisierte ich erneut wie sehr er mich überragte und wie seine braunen Locken im Licht der Deckenlampen glänzten. Ich wartete schwer atmend darauf, dass er fortfuhr. Langsam wurde die Luft hier drin knapp und er schien zu bemerken, dass ich es eilig hatte, deswegen ließ er meinen Arm wieder los. "Wo gehst du hin? Trainierst du wieder hier?", erkundigte er sich, nachdem ich mich nicht von der Stelle bewegt hatte. Ich schüttelte den Kopf, wahrscheinlich aufgrund des Sauerstoffmangels schon etwas rot im Gesicht. "Ich helfe meinem Vater bei der Arbeit.", woher ich diese Lüge gezaubert hatte, war mir ein Rätsel. Das erste, was ich nach dieser Antwort allerdings nur tun konnte, war das Studio schnell zu verlassen, um wieder Luft durch meine Atemwege strömen lassen zu können.
Irgendwie fühlte ich mich schlimmer denn je. Ich Chan seit langer Zeit wiedergesehen und ihm lediglich Schmerzen zugefügt und ihn belogen. Was auch immer heute mit mir falsch gelaufen war, hatte hoffentlich nicht unsere Beziehung zerstört, denn den Jungs wollte ich in Zukunft unbedingt noch ein paar Besuche abstatten.
Ich konnte mit Glück feststellen, dass ich zumindest meine Sporttasche mit aus dem Raum genommen hatte.






Hidden Face [Stray Kids FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt