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Als ich am letzten Abend nach Hause gekommen war, hatte mich mein Vater bereits erwartet. Er hatte am Küchentisch gesessen und sofort begonnen mich darüber auszufragen, wo ich geblieben war. Hatte eigentlich auch jedes Recht dazu gehabt, da ich bis acht Uhr weggewesen war. Wir wussten beide, dass ich normalerweise nie länge als fünf Stunden trainierte, was sogar die Durchschnittszeit der meisten Tänzer in meinem Alter übertraf. Außerdem hatte ich bei meiner Ankunft kein Sportzeugs, sondern normale Alltagskleidung getragen. Zwei Anzeichen dafür, dass ich ihn belogen haben musste, was meinen Tagesablauf anging. 
Natürlich hatte ich ihm daraufhin nicht verraten, dass ich mich mit Stray Kids getroffen hatte. Das hätte mich höchstwahrscheinlich meinen Kopf gekostet - bei Sachen, wie dem außer Acht lassen von strikten Anweisungen, konnte mein Vater unerbittlich reagieren. Besonders wenn ein Befehl mit der Verheimlichung meiner wahren Identität zutun hatte.
Mir war ebenfalls wieder zu Kopf gestiegen, dass ich am letzten Morgen behauptet hatte, lernen zu müssen. Und dann war ich spät Abends aufgetaucht, ohne ein einziges Mal in meine Schulbücher hineingeschaut zu haben. Ich hatte auf seine Fragen hin, ohne Wanken behauptet im Kino gewesen zu sein. Obwohl ich schlecht im Lügen war, hatte er mir geglaubt. Das hatte ich ihm am Anfang nicht zugetraut, weil er die meisten Sachen nicht so hinnahm wie sie in Wirklichkeit waren, hatte es dann aber einfach dabei belassen. Wenigstens war ich so nicht aufgeflogen. Ich hatte die Jungs in der vergangenen Woche nämlich fest ins Herz geschlossen. Da wollte ich sie nicht direkt wieder verlieren - sie waren für mich echte Freunde geworden. Und dies ungeachtet der Tatsache, dass wir uns erst für eine so kurze Zeit kannten. 

Nun stand ich neben meinem Vater vor der Herdplatte und das gestrige Ereignis schien wie vergessen. Eier brutzelten in der Pfanne, während ich fleißig das Obst klein schnitt. Es sollte ein letztes vielseitiges Frühstück werden, bevor er bis zum Wochenende verreiste. Zum Ausgehen war es am Vorabend ja nicht gekommen.
"Wie weit bist du?", erkundigte sich mein Vater und löste die Spiegeleier mit einem Pfannenwender vom Boden der Pfanne. Schnell trennte ich das Endstück der Banane ab, ergriff die in Scheiben geteilte Frucht und warf sie in die große Schüssel vor mir. Der Obstsalat war geschaffen."Fertig.", grinste ich. Das einzige was noch fehlte, um das ganze zu vollenden war Joghurt. Den konnte ich, aber auch separat mitnehmen. Sonst hielt mein Vater mir erneut eine Standpauke darüber, dass er selbst besser wusste, wie viel Joghurt er haben wollte. 
"Gut. Die Eier sind auch fast fertig. Bringst du den Salat schonmal ins Esszimmer?", bat er mich. Konzentriert hantierte er mit dem Wender, sodass er mein Nicken nicht wahrnahm. Mit der großen Schüssel, zwei kleineren und vier Stäbchen begab ich mich zum Esstisch und stellte alles auf ihm ab. Da das Kochen der Eier die Aufgabe meines Vaters war und ich meine Aufgabe gerade erledigt hatte, ließ ich mich auf den Boden fallen. Dort wartete ich gespannt, bis mein Vater aus der Küche kam. Er balancierte die Teller mit den Spiegeleiern auf der einen und eine Tasse auf der anderen Hand. Als er näher kam und sich setzte, erkannte ich das die Tasse eine leicht farbige Flüssigkeit enthielt. "Hier dein Tee.", sagte mein Vater, nachdem die Teller auf der Tischplatte platziert waren. Überrascht nahm ich die rote Tasse entgegen und bedankte mich bei ihm. Er kannte meine morgendlichen Bräuche besser, als jeder andere. Naja, wer sollte sie auch sonst kennen.
Ausgleichend für seine gute Tat füllte ich ihm etwas Obstsalat in eine der Schüsseln und schob zusätzlich den Joghurtbecher zu ihm rüber. Er nahm das Essen lächelnd an. Ich nippte zufrieden an meinem dampfenden Getränk und griff nach der Kelle, um mir selber eine Schüssel zu füllen. Mein Vater streckte seine Hand zur gleichen Zeit danach aus. Ich ließ ihn verwirrt gewähren und zog meinen Arm an den Körper zurück. 
Hatte er seine eigene Portion etwa schon aufgegessen? 
Auf der anderen Seite des Tisches stand seine Schale. Der bunte Salat in ihr nicht ein Mal angerührt, nur mit Joghurt vermischt.
So wie es aussah nicht. Aber warum schaufelte er dann eine weitere Portion von Früchten zusammen?
Ich begriff die Handlung im Moment, in dem er mir die volle Schale vor die Nase hielt und demonstrativ alle Zähne blitzen ließ. Seufzend ergriff ich das Gefäß. "Jenjang!Jetzt muss ich mich wieder revanchieren. Hat es nicht gereicht, dass ich dir als Dank die Schüssel gefüllt habe, Appa?", maulte ich. Seit meiner Kindheit, pflegten mein Vater und ich, uns stets bei dem jeweils anderen zu revanchieren, wenn dieser einem eine Freude bereitet hatte.
Sein belebendes Lachen hallte durch den Raum. Augenblicklich verwarf ich das betrübte Mienenspiel und begann zu essen. Der süßliche Geschmack der Früchte ließ mir das Wasser im Mund zusammenlaufen. Er machte mir klar, wie gut ich es doch als Park Jin-Youngs Tochter hatte.
"Wie läuft überhaupt das Solo?", wollte mein Gegenüber wissen. Ich legte die Stäbchen zum Antworten bei Seite und kaute noch zu Ende. Dann entgegnete ich: "Sehr gut. Die Choreographie ist fertig. Diese Woche arbeite ich am Feinschliff." Mir wurde klar, dass es bis zum Vortanzen nur noch sechs Tage dauerte. "Omo, das Vortanzen ist ja schon am Sonntag!", sprach ich meine Gedanken aus und schlug mir die Hand vor den Mund. Die Reaktion meines Vaters war einzig und allein ein belustigtes Schnauben. Er wusste, wie vergesslich ich sein konnte. Beschämt sank mein Kopf nach unten. 
Seine Stimme ließ ihn mich allerdings wieder heben: "Welchen Song hast du dir eigentlich ausgesucht?" Die Essstäbchen mussten wohl noch etwas länger neben der Schale verweilen. "Geulaeseo. Ich habe für den besonderen Anlass etwas anderes als sonst gewählt. Es geht mehr in Richtung Techno, weißt du. Der Song heißt It's All On U und ist ein Remix. Aber es ist gar nicht so schlecht, mal etwas neues auszuprobieren. Wie du jetzt bestimmt sagen würdest: Ohne die Herausforderung kommt kein Erfolg.", erzählte ich. Zum Schluss hin begann ich grinsend den ausdrucksvollen Ton zu imitieren, den mein Vater ständig benutzte.
"Da hast du recht.", warf er schmunzelnd ein. Mit einer Schübe Salat im Mund fuhr er fort: "Und wie geht es dir ansonsten so? Was macht die Schule?" 
Bevor er mich weitergehend vom Essen abhalten würde, stopfte ich mir das halbe Spiegelei in den Mund. Im Mund kam es mir auf einmal viel größer vor, als es auf dem Teller ausgesehen hatte. Ich kaute so schnell, ich konnte, damit mein Vater nicht zu lange auf eine Antwort warten musste. Der Klos war mühevoll heruntergeschluckt und ich war endlich fähig zu reden.
"Mir geht's super. Die Schule läuft auch gut.", ich hielt beide Daumen in die Höhe. "Und wie geht es dir, Appa?" Während er sprach, konnte ich die Gelegenheit nutzen und einen weiteren Happen zu mir nehmen. 
Gedacht, getan. Kauend lauschte ich ihm. "Naja, ich bin eher gestresst, was die Reise angeht. Wenn nichts schiefgeht, bin ich auch Freitagabend wieder in Seoul. Wer weiß, wie viel Security dieses Mal beantragt ist. Ich erinnere mich noch daran, wie es war als einige der Fans bei einem Konzert dort fast auf die Bühne gestürmt wären. Es muss alles 'perfekt' geplant sein.", berichtete er.
Bei dem Gefühl, welches sich gerade in meinem Bauch breit machte, hätte ich ihn am liebsten in den Arm genommen. Er arbeitete viel zu viel! Für manche waren Geschäftsreisen, wie Urlaub. Für ihn stand Arbeit bereit, egal wo er sich befand. Ob in Busan oder hier. Er hatte sich unleugbar eine Pause verdient.
"Appa?", lenkte ich seine Aufmerksamkeit auf mich. Irgendwie erfasste mich plötzlich die Neugierde. "Ye.", entgegnete er. Er hatte den Blick aufgeweckt auf mich gerichtet und bedeutete mir mit einem Nicken, zur Sache zukommen. "Bereust du es manchmal, diesen Weg gegangen zu sein?" Ohne auch nur irgendeine Art von Unentschlossenheit zu zeigen, gab er mir Auskunft. "Nein. Andernfalls wäre ich nun nicht an diesem Ort und würde wahrscheinlich nicht mit meiner zauberhaften Tochter beim Frühstücken  sitzen." Nach diesem Satz konnte ich das Verlagen danach, ihn zu umarmen nicht mehr unterdrücken. Innerhalb einer Sekunde war ich aufgestanden und ihm in die Arme gesprungen. "Ich hab' dich auch lieb.", versicherte ich ihm. Sein starkes Parfüm, das ich aus tausenden hätte herausriechen können, setzte sich in meiner Nase fest. Das musste es auch, da ich bis Freitag nicht mehr die Chance dazu bekommen würde, meinem Vater nahe zu sein. Er schloss seine kräftigen Arme um mich und streichelte mir über den Kopf. "Das weiß ich doch.", scherzte er leicht. Nach einer Weile löste er sich von mir. "Lass uns den Tisch abräumen. Ich muss gleich zum Flughafen."
Ich blickte auf den Tisch hinab und sah, dass unsere Schüsseln und Teller leer waren. Zur Bestätigung seines Vorschlags schnappte ich mir mein Geschirr. Im Augenwinkel bekam ich mit, wie er es mir gleich tat und schon in die Küche lief. Stürmisch kam ich ihm nachgestolpert. In der Küche angekommen stellte ich das Geschirr zu seinem in die Spülmaschine. Ich schloss sie mit meinem linken Fuß, um mich nicht bücken zu müssen. 
Wir machten uns beide hastig fertig und trafen uns dann an der Wohnungstür. Sein schwarzer Koffer stand schon bereit.. 
Ich musste erst in einer Viertelstunde zur Schule gehen. Es wäre sowieso nicht in Betracht gekommen, dass das Gebäude gemeinsam zu verlassen.
"Ich werde dich vermissen, Appa. Das wird langweilig ohne dich.", jammerte ich und drückte ihn fest. Der Stoff seines hellbraunen Parkers roch genauso wie er. Ich atmete seinen Duft ein letztes Mal ein und er drückte mir einen letzten Kuss auf die Stirn. "Pass auf dich auf. Und vergiss ja nicht, mir täglich zu schreiben, wie es hier zugeht.", befahl er in besorgtem Ton. Ich nickte lächelnd, woraufhin er den Griff seines Koffers erfasste und sich in Bewegung setzte. Auf dem Weg zum Fahrstuhl rückte er noch seine schwarze Sonnenbrille zurecht. "Mach's gut, Appa.", wisperte ich wiederholt. Die Fahrstuhltüren schlossen sich.

Hidden Face [Stray Kids FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt