2 Wochen später
Es waren schon zwei Wochen vergangen, seit er mir mein neues „Zimmer" präsentiert hatte. In diesen zwei Wochen hatte sich mein komplettes Leben von jetzt auf gleich geändert. In den ersten Tagen hatte ich noch geglaubt, dass alles sei ein Scherz, jedoch wurde ich bald schon eines besseren belehrt. Es fing damit an, dass ich nur noch eine Mahlzeit pro Tag bekam. Das war auch der einzige Zeitpunkt, wo ich ihn sehen konnte. Sehen, wie er immer mehr zugrunde ging. Sehen wie er sich nicht selber helfen konnte und aus Verzweiflung handelte.
Diese Tatsachen stimmten mich enorm traurig. Aber ich konnte nichts tun. Ich hatte schon tausendmal versucht mit ihm zu reden. Jedoch hat er mich immer nur angeschrien und gesagt, dass ich endlich still sein soll. Wenn ich es nicht mehr ausgehalten habe, bin ich in das anliegende Bad gegangen und habe mich an der Tür hinuntergleiten lassen. In diesen Momenten wollte ich ihn einfach nicht sehen. Einfach nicht in seiner Nähe sein.
Die meisten Tage verliefen ziemlich unspektakulär. Dad brachte mir etwas zu essen und an dem einen Tag sogar meinen Lieblingspulli, was die Hoffnung in mir stiegen ließ. Er war hellblau, lang und hatte eine Tasche, wo man die Hände durchstecken konnte (ich hoffe ihr wisst was ich meine ;-)) Jedoch wurde meine Hoffnung schon am nächsten Tag zerstört.
Ich saß auf dem Boden und spielte an den Bändchen meines Teppichs herum, als ich plötzlich Schritte auf der Treppe wahrnahm. Das war insofern seltsam, dass mein Vater mir heute schon Essen gebracht und mich noch nie zweimal mit seiner Anwesenheit begehrt hatte. Lautes Gepolter war zu hören und gleich darauf ein wütender Schrei. Keine fünf Sekunden Später wurde die Tür aufgerissen und mein wütender Vater betrat den Raum. In seiner rechten Hand eine Bierflasche. Geschockt sah ich ihn an. Eigentlich trank er nicht, gerade, da er auch nicht viel verträgt. Aber wunderte es mich? Um ehrlich zu sein, Nein. In der paar Tagen seit dem Tod meiner Mutter hatte sich so viel verändert, dass ich mit allem rechnen musste.
Aber mit dem, was jetzt kam, hatte ich nicht mal im Traum einen Gedanken verschwendet. Mein Vater taumelte leicht auf mich zu und verpasste wenig später mir eine schallende Ohrfeige. Erschrocken fasste ich an die pulsierende Stelle und schaute mit weit aufgerissenen Augen in das Gesicht meines Vaters. Soetwas hatte er noch nie getan. Wirklich, noch nie.
„Daddy" brachte ich nur sprachlos hervor. „Ach halt die Klappe. Du weißt genauso gut wie ich, dass du das gerade verdient hattest. Weil du sie getötet hast!" Schrie er mich an. Und schon traten mir die Tränen in die Augen. Das war eindeutig zu viel für mich, ich meine ich bin doch gerade mal 8 Jahre alt! Warum musste mein Leben so eine drastische Wendung nehmen? Warum? „Du bist nichts. Hörst du? Nichts. Ich weiß nicht mal, warum ich dir überhaupt noch Essen bringen. Das bist du doch gar nicht wert. Ist doch reinste Verschwendung." Der Alkoholgeruch stieg mir in meine Nase und mir wurde übel. Angewidert verzog ich das Gesicht, bereute es aber sofort wieder, denn seine Hand schnellte nach vorne und traf mit voller Wucht nochmal meine Wange. „Du bist echt zu nichts zu gebrauchen. Warum musst du mich so verärgern? Mh? Bin ich es nicht, der dich am Leben hält? Du solltest dankbar sein und mich nicht so herablassend anschauen!" schrie er wütend und spuckte mich dabei an. Danach verließ er ohne ein weiteres Wort den Raum und ich sank zu Boden.
Das konnte doch alles nur ein schlechter Traum sein! Ich wollte nichts lieber als aufwachen. Aufwachen aus diesem beschissenen Albtraum! Aber nichts geschah. Ich vergrub meine Hände in der Tasche meines Lieblingspullis. Als ich etwas kaltes berührte, zuckte ich leicht zusammen und holte es heraus.
Es war mein Medaillon.
Ich ließ es vor mir baumeln und schaute es innig an. Der grüne Stein stach am meisten hervor. Grün, die Farbe der Hoffnung. „Ach Mommy" seufzte ich und ließ mich nun ganz auf den Teppich fallen. Ich starrte das Medaillon noch einige Zeit an, bevor ich es schließlich öffnete. Damals war er noch glücklich. Als sie noch gelebt hatte. Plötzliche Wut durchströmte mich und ich warf mit aller Kraft die Kette von mir. Ich weinte und verfluchte diesen blöden Autofahrer, der zu allem Übel ja auch noch Fahrerflucht begangen musste. Warum? Man, dieses blöde Wort sollte ich wohl aus meinem Kopf streichen, denn alle Fragen, die mit diesem Wort begannen, konnte ich nicht beantworten.
Entschlossen stand ich auf, hob das Medaillon hoch und lief auf meine Kommode zu. Ich öffnete die Schublade und verstaute die Kette ganz hinten in einer Ecke und legte meine Sachen wieder darauf. Schmetternd beförderte ich die Schublade wieder an ihren alten Platz und ging geschafft ins Bad.
Zum ersten Mal sah ich meine Wange, die einen knalligen Rotton angenommen hatte. So stand ich nun da, betrachtete meine Wange, ließ die Tränen laufen und das verbannte Wort kehrte unaufhaltsam wieder in meinen Kopf zurück, gefolgt mit tausenden Fragen.
Warum?
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Mia
Teen Fiction"Hoffnung. Ein Wort mit acht Buchstaben, aber enormer Bedeutung" Mia ist 17. Seit ihre Mutter bei einem Autounfall ums Leben kam, ist ihr Leben nicht mehr das gleiche. Sie lebt in einem Keller ohne Fenster und ohne Licht. Jeden Tag kommt ihr Vater...