Kapitel 18 - Das Ende

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Lange lag ich auf meinem grünen Teppich und dachte mal wieder nach. Was war das heute nur für ein Tag? Ich konnte es immer noch nicht fassen, dass tatsächlich Polizisten in unserem Haus waren, wegen Lärmbeschwerden.

Vielen Dank ihr lieben Nachbarn, welche ich so lange nicht mehr gesehen habe, vielen Dank!

Vielleicht sind es ja neue Nachbarn und du kennst die noch gar nicht.

Stimmt, ok dann vielen Dank liebe Nachbarn, egal ob alte oder neue.

Eigentlich könnte ich ja sogar davon profitieren, dass mein ach so geliebter Vater meinen Todestag um einen Tag verschoben hat. Vielleicht kommen die Polizisten ja wieder. Vielleicht mit einem Durchsuchungsbefehl, welchen er ausdrücklich verlangt hat. Vielleicht finden sie mich dann. Vielleicht komm ich hier raus. Vielleicht kann ich endlich wieder richtig leben. Vielleicht.

Ganz schön viele Vielleichts, findest du nicht?

Lieber viele Vielleichts als ein klares Unmöglich.

Das stimmt auch wieder. Und ‚vielleicht' klingt auch gar nicht mal soo hoffnungslos.

Das stimmt. Hoffnung, diese habe ich so eben wiedererlangt, durch ein einfaches Wort: Vielleicht.

Tut mir leid, wenn ich jetzt dein kleines bisschen Hoffnung eventuell wieder zerstöre, aber was glaubst du passiert, wenn du hier raus kommst?

Darüber hab ich noch gar nicht nachgedacht. Bis jetzt war es immer nur mein Ziel gewesen, das alles hier zu überleben und hier rauszukommen. Was danach passiert, keine Ahnung.

Bestimmt stecken die die gleich in die Geschlossene, weil du so verrückt bist und dich nicht integrieren kannst. Ich meine hallo? Du hast ne Stimme im Kopf und führst mit der ernsthafte Gespräche! Nicht, dass ich das nicht toll finden würde, aber das ist nun mal der beste Beweis dafür, dass du nicht mehr alle Tassen im Schrank hast. Und mal ganz ehrlich, wer will schon irgendetwas mit so jemandem wie dich zu tun haben?

Keine Ahnung, okay?! Ich weiß es nicht! Ich weiß gar nichts! Vielleicht mach ich mir ja auch nur was vor. Vielleicht komm ich hier doch nicht mehr raus. Vielleicht kommen die Polizisten zu spät. Vielleicht bin ich schon längst tot, wenn sie mich finden. Vielleicht ist das alles hier doch ausweglos.

Okay, jetzt klingt das vielleicht aber mal so gar nicht hoffnungsvoll. Viel mehr dramatisch, hoffnungslos.

Ja, vielleicht ist das mein Leben ja wirklich, hoffnungslos. Vielleicht bin ich einfach nur hoffnungslos. Ein hoffnungsloser Fall, welcher immer wieder versucht irgendeinen Funken Hoffnung zu sehen, um nicht vollends zu zerbrechen. Ein Wrack, gefangen in der Unterwelt.

Ich seufzte. Das waren eindeutig zu viele Gedanken für den heutigen Tag. Aber sie hatten ihre Berechtigung. Jeder Gedankengang war nachvollziehbar, wirklich jeder, die Frage war nur, welcher würde sich bewahrheiten?

Am nächsten Morgen wachte ich qualvoll auf. Mein ganzer Körper schmerzte immer noch und ich wollte nicht aufstehen und mich bewegen. Aber ich musste. Also stand ich langsam auf und torkelte in das kleine Bad, nicht weit von mir entfernt. Als ich mich im Spiegel betrachtete, beschloss ich, erstmal eine Dusche zu nehmen, damit ich nicht mehr ganz so scheiße aussah. Ich entledigte mich meiner Klamotten und stieg in die Dusche, wo mich auch schon wenig später die ersten Wasserstrahlen nass machten.

Vielleicht ist das hier meine letzte Dusche, für immer. Vielleicht sehe ich dieses Badezimmer, überhaupt mein kleines Reich hier unten, nie wieder. Und vielleicht ist das auch gar nicht so schlimm.

MiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt