Kapitel 5

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Kapitel 5

Genervt betrat Adrien spät am Abend sein Zimmer und knallte wütend die Tür hinter sich zu.
Den ganzen Tag hatte es gedauert, bis diese bescheuerte Fotostrecke im Kasten war. Dazu hatte er auch noch sein Handy vergessen einzustecken. Als er es im Auto bemerkt hatte, und noch mal zurückfahren wollte, um es zu holen, war Nathalie strickt dagegen, damit der Zeitplan nicht in Verzug kam. Sie ließ ihn nicht mal zu Wort kommen.
Seufzend ging er zu seinem Schreibtisch, griff nach seinem Smartphone und ließ sich auf den Schreibtischstuhl fallen. Verwundert hob er seine Augenbraue. Ein unbekannter Anruf. Das war mit Sicherheit Marinette, die fragen wollte, wo er blieb. Schließlich waren sie verabredet. Die Nummer hatte sie bestimmt von Nino oder Alya, überlegte er.
Er wollte ihr doch absagen, wenigstens über Nino, der wiederum Alya hätte bescheid geben können und die hätte es Marinette sagen können.
Warum hatte er nicht nach ihrer Nummer gefragt. Dann wäre es nicht so kompliziert gewesen, sie zu erreichen. Wobei, eigentlich war das auch egal jetzt. Er hatte das verdammte Ding ja sowieso vergessen gehabt mitzunehmen. Und mit Nathalies Handy durfte er nicht telefonieren.
„Da wird Marinette bestimmt sauer sein."
Gähnend setzte sich Plagg vor ihn auf den Schreibtisch.
„Vielen Dank. Du bist keine große Hilfe Plagg."
„Ich kann immer noch nicht glauben, dass sie wirklich Ladybug ist. Bestimmt verhaut sie dich nun mit ihrem Jo-Jo."
Adrien verdrehte seine Augen. Sein Kwami hatte wirklich einen eigenwilligen Humor. Aber mit einer Sache hatte er schon recht. Sie war bestimmt sauer nun auf ihn, und das zu Recht. Er konnte zwar nichts dafür, aber das wusste sie ja nicht. Er musste das auf jeden Fall wieder gut machen. Aber wie?



Gähnend richtete sich Marinette am nächsten Morgen in ihrem Bett auf und streckte sich ausgiebig.
„Na gut geschlafen?"
Lächelnd nickte Marinette und schwang ihre Beine über die Bettkante. Kichernd flog Tikki hoch und schwirrte vor ihrem Gesicht herum.
„Was gibt es denn da zu lachen Tikki?"
„Deine Haare scheinen heute Nacht eine Party gefeiert zu haben."
Verwundert, was ihr Kwami meinte, stieg sie langsam die Leiter herunter und sah in ihren Spiegel. Ihre Haare standen wirr zu allen Seiten ab.
„Sie sehen wirklich aus, als hätten sie gefeiert. Ich glaube, ich sollte erst mal duschen gehen."
Lachend suchte sie ihre Sachen zusammen, als ihre Mutter zu ihr hoch rief.
„Marinette. Bist du wach?"
„Ja. Ich komme gleich zum Frühstück herunter. Ich geh nur schnell duschen", rief sie zurück und wühlte in ihrem Kleiderschrank.
„Hier ist Besuch für dich."
Verwundert sahen sich Marinette und Tikki an. Was wollte Alya denn so früh hier? Hatte sie gestern etwas vergessen? Nachdenklich tippte sich Marinette gegen ihr Kinn und sah sich in ihrem Zimmer um. Aber sie konnte nichts entdecken. Vielleicht hatte sie wieder irgendwelche Neuigkeiten über Ladybug. Das konnte nie warten, wenn sie etwas herausfand. Zum Glück lag sie damit bisher immer daneben.
„Bestimmt hat Alya wieder irgendetwas ganz Wichtiges herausgefunden. Warte kurz hier Tikki."
Schmunzelnd ging sie zu der Zimmerluke, öffnete sie und stieg die Treppe herunter.
„Na, was gibt es dies Mal so brandn..."
Doch mitten im Satz brach ihr die Stimme weg und sie blieb wie angewurzelt auf der letzten Stufe stehen. Das war nicht Alya.
„A-a-adrien."
„Marinette. Tut mir wirklich leid, dass ich gestern nicht abgesagt habe. Aber ich hatte ein Fotoshooting und mein Handy zu Hause vergessen. Wenn du noch möchtest, können wir es heute fertigmachen. Falls du aber nun sauer bist und nicht mehr möchtest, kann ich das gut verstehen."
Ohne etwas zu sagen, starrte sie ihn an. Adrien war hier. Bei ihr zu Hause. Doch dann fiel ihr wieder ein, dass sie immer noch ihren Pyjama trug. Prompt lief sie rot an.
„I-i-ich bin gleich wieder da."
Abrupt drehte sie sich um, rannte die Treppen zurück in ihr Zimmer und machte die Luke zu.
„Und was wollte Alya?"
Neugierig flog Tikki auf sie zu und bekam große Augen.
„Marinette. Hat sie etwa wirklich etwas herausgefunden? So wie du guckst. Hat sie es herausgefunden?"
„Nein ... Adrien ... ist ... hier. Und ich im Pyjama."
Panisch suchte Marinette ihre Bürste und ihre Kleidung zusammen.
Erleichtert pustete Tikki wieder aus.
„Aber das ist doch nicht so schlimm."
Böse sah Marinette ihren Kwami an.
„Nicht schlimm? Tikki sieh mich doch mal an. Wie peinlich. Du hast selbst gesagt, meine Haare sehen aus, als hätten sie Party gefeiert. Und ich hatte bloß meinen Schlafanzug an."
In Eiltempo zog sie sich um, bändigte ihre Haare und band sich ihre typischen Zöpfe. Ein Blick in den Spiegel ließ sie zufrieden lächeln.
„Schon viel besser. Versteck dich, ich geh ihn nun holen."
Zum Glück hatte sie die Bilder noch nicht wieder aufgehangen, schoss es ihr durch den Kopf. Das hätte nun nicht auch noch sein müssen. Schlimm genug, dass er sie so gesehen hatte. Geschwind eilte sie wieder nach unten.
„So, da b-bin ich. Komm doch hoch."
Marinette ließ ihn vorbei und wollte ihm nach oben folgen, doch ihre Mutter hielt sie kurz auf.
„Soll ich euch vielleicht ein paar Kekse oder Croissants hochbringen? Du hast doch noch nichts gegessen."
Sofort schüttelte Marinette ihren Kopf.
„Alles gut Maman. Ich melde mich schon, wenn wir etwas brauchen."
Vorsichtig sah sie über ihre Schulter, und vergewisserte sich ob Adrien sie auch nicht hören würde. Aber er war schon in ihrem Zimmer verschwunden.
„Du hättest mir ruhig sagen können, dass es Adrien ist", flüsterte sie ihre Mutter zu, doch die lächelte sie bloß an.
Stöhnend drehte sie wieder herum und lief die Stufen zu ihrem Zimmer hinauf. Darauf würde sie ihre Mutter später noch mal ansprechen.
„E-entschulige, wenn du warten musstest."
Schüchtern betrat sie ihr Zimmer und erblickte sofort Adrien, der sich auf ihr Sofa gesetzt hatte.
„Ich hoffe, ich hab dich nun nicht komplett überrumpelt, dass ich einfach so hier aufgetaucht bin. Aber ich hab deine Nummer gar nicht und ich wollte nicht, dass du denkst, dass ich keine Lust gestern hatte oder so."
„N-nein alles g-gut", stammelte sie vor sich her und lief langsam auf ihn zu.
Verlegen kratzte sich Adrien an seinem Kopf.
„Wollen wir dann anfangen?"
Schnell hob er seine Tasche hoch, die er vor sich auf den Boden gestellt hatte, und zog eine Mappe hervor.
„Oh ... äh, das geht nicht", murmelte Marinette und ging zu ihrem Schreibtisch herüber.
Mit dem Rücken Adrien zugewandt, suchte sie etwas zwischen ihren Schulsachen.
„Ach so. Verstehe. Klar du hast bestimmt was vor. Tut mir leid."
Schnell packte er seine Mappe zurück in seine Tasche und stand auf.
„Ich werde jetzt am Besten los. Wollen wir vorher aufteilen, wer etwas macht?"
Geschockt drehte sich Marinette zu ihm herum. Wollte er etwa schon gehen?
„N-nein, so meinte ich das gar nicht."
Eilig zog sie ihren Block vom Schreibtisch und hielt ihn in die Höhe.
„I-ich hab es gestern mit Alya schon fertiggemacht ... N-naja, ich wusste ja nicht, dass du heute kommst."
Schüchtern nahm sie den Block wieder herunter und hielt ihn Adrien entgegen.
„Jetzt hattest du die ganze Arbeit ja alleine."
„Naja nicht ganz. Alya hat mir ja geholfen. Außerdem müssen wir es ja auch noch lernen, sofern du damit einverstanden bist, was wir geschrieben haben."
Adrien nahm den Block und überflog die Zeilen.
„Was hältst du davon ... Wir üben jetzt unseren Vortrag und als wieder Gutmachung, dass du es alleine machen musstest, lade ich dich auf ein Eis ein?"
„Ich hatte ja Hilfe."
Und dann realisierte Marinette erst bewusst, was Adrien noch gesagt hatte.
„Du ... ich ... Eis?", quiekte sie und wusste nicht wohin mit ihren Händen.
„Oder magst du kein Eis? Dann können wir auch ..."
„Doch, doch ... ich mag dich ... Eis, ich mag Eis."
Verlegen kicherte Marinette, drehte sich zu ihrem Schreibtisch und tat so als würde sie etwas holen wollen. Tief atmete sie ein. Sie musste unbedingt lockerer werden, so ging das nicht weiter. Schnell griff sie nach einigen Stiften und drehte sich schwungvoll wieder zurück. Ein Stift rutschte ihr dabei allerdings unbemerkt aus der Hand und viel auf den Boden. Lächelnd ging sie einen Schritt auf Adrien zu und stolperte über, dem am Boden liegenden Kugelschreiber. Sie versuchte irgendwie wieder zum Stehen zu kommen. Doch sie schaffte es nicht und krachte direkt in Adrien hinein.
„Hoppla. Alles in Ordnung?"
Lächelnd hielt er sie fest und sah ihr direkt in die Augen. Rot um die Nasenspitze rappelte sich Marinette wieder auf und räusperte sich.
„Ja alles Okay. Entschuldige."
Nachdenklich sah sie ihn an. Irgendwie hatte sie gerade ein seltsames Déjà-vu. Er sah sie fast so an, wie ...
„Wollen wir anfangen?"
Erschrocken fuhr Marinette zusammen.
„Äh ja, natürlich."

So nah und doch so fern [Miraculous]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt