Kapitel 16

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Kapitel 16

Irritiert sah sich Chat Noir die Bilder an. Warum hatte sie denn so viele Fotos von ihm an der Wand hängen? Als er das letzte Mal hier gewesen war, waren die aber noch nicht da gewesen. Hatte sie die neu oder hatte sie sie extra abgenommen, als er als Adrien vorbeikam?
Sein Vater war ihr Vorbild, das wusste er. Hatte sie deshalb so viele Fotos von ihm? Er trug ja stets die Kollektion seines Vaters bei Fotoshootings. Doch dann entdeckte er ein Foto, auf das ein Herz herauf gemalt wurde. Und dann schossen ihm auf einem Schlag sämtliche Andeutungen von Alya durch den Kopf. Konnte es sein? War es möglich? War sie in ihn, in Adrien verliebt?
Schnell ging er noch mal die ganzen Andeutungen, die er von dem Jungen wusste, in seinen Gedanken durch. Außerdem erinnerte er sich daran, was Marinette im Krankenhaus zu ihm gesagt hatte.
Es passte alles. Sie sagte, der Junge wüsste nichts davon und würde vermutlich auch nie mehr als eine Freundin in ihr sehen. Vor der Sache im Einkaufszentrum und die Erkenntnis, dass sie Ladybug war, war sie auch wirklich nur eine Freundin für ihn gewesen. Doch nun hatte er sie besser kennengelernt und sich in sie verliebt. Nicht weil sie Ladybug war, sondern weil sie Marinette war. Sie als Ladybug liebte er auch, keine Frage, aber auch das kleine tollpatschige Mädchen, welches ihn zum Lachen brachte. Stöhnend klatschte er sich mit seiner Hand gegen die Stirn. Wie blind war er eigentlich gewesen? Doch dann musste er schmunzeln. Er selbst war der Idiot.
„Hier kommt das Handtuch."
Leise drang die Stimme von Marinette in sein Ohr und langsam drehte er sich zu ihr herum.
Mit weit aufgerissenen Augen sah sie zwischen ihm und den Fotos hin und her und überreichte ihm ein Handtuch.
„Ähm, ... also das ... das ist nicht so, wie es aussieht. Also ..."
Er sah, wie sie rot anlief und grinsend hob er eine Augenbraue in die Höhe. Sie sah wirklich süß aus, bei dem Versuch, das zu erklären. Ganz dem Anschein nach hatte er also recht. Sie war wirklich in Adrien verliebt. Er war die ganze Zeit auf sich selber eifersüchtig gewesen.
Nachdem er jetzt aber wusste, dass sie in ihn verliebt war, konnte er sich es nicht nehmen lassen, sie ein wenig zu necken.
„Wonach sieht es denn aus?"
Fragend legte er seinen Kopf etwas schief. Wild fuchtelte sie mit ihren Händen herum, wodurch ihr das Handtuch herunter fiel. Schnell ging sie in die Hocke und hob es wieder auf. Doch er merkte, wie sie schmerzhaft ihr Gesicht verzog. Sofort eilte er zu ihr und half ihr beim Aufstehen.
„Alles Okay?"
Nickend lächelte sie ihn an und kratzte sich dann an ihrem Kopf.
„Naja die Fotos ... Es sieht ja fast so aus, als ob ich ... Dabei bin ich nur ein großer Fan von Gabriel Agreste, er ist mein Vorbild und ..."
Laut seufzend unterbrach sie jedoch ihre Erklärung.
„Wem mach ich da etwas vor ... Das ist der Junge, von dem ich gesprochen hatte."
Sie sah kurz auf die Bilder und wandte sich dann wieder an ihn.
„Du hast ihn bestimmt schon mal auf einem Plakat oder so gesehen. Das ist Adrien Agreste. Er geht in meine Klasse. Erst konnte ich ihn nicht mal leiden, da ich dachte, er hätte mir einen Kaugummi auf meinen Platz geklebt. Doch es stellte sich raus, dass er es gar nicht war und dann hat er mir seinen Schirm gegeben, da es geregnet hatte, und naja ..."
Ohne sie zu unterbrechen, hörte er ihr zu. Er konnte sich noch gut an den Tag erinnern. Es war sein erster Schultag gewesen und der, war gar nicht gut gestartet. Doch zum Glück lief danach alles besser.
Stöhnend drehte sie sich jedoch plötzlich herum, lief auf ihre Ottomane zu und setzte sich.
„Warum erzähl ich dir das überhaupt. Du hältst mich jetzt bestimmt für eine verrückte Stalkerin oder so."
„Nein, das tu ich nicht ... Naja, vielleicht nur etwas enttäuscht, dass du gar kein Foto von mir an der Wand hast."
Wieso sagte er das denn jetzt? Ihr Zimmer war doch voll von ihm. Aber halt nur von ihm, als Adrien, nicht von seinem Alter Ego. War das sein gekränkter Katzenstolz, der da aus ihm sprach? War das nicht absurd? Schließlich war er es, den sie liebte.
„Oh naja ... das mit dir, also uns. Wobei ein Richtiges uns, ist es ja auch nicht ... Ich meine, das ist noch so neu und ...", stammelte sie, vergrub verlegen ihr Gesicht in dem Handtuch und trocknete sich etwas ab.
Kurz schüttelte er sich innerlich. Was machte er denn da? Da saß sie und liebte ihn. Was verplemperte er hier also seine Zeit mit dummer Eitelkeit.
„Marinette", begann er also und ging einen Schritt auf sie zu, doch blieb er sofort wieder stehen, als er die Pfütze unter seinen Füßen entdeckte.
„Oh, das tut mir leid."
Verwundert blickte sie wieder auf und entschuldigend zuckte er mit seinen Schultern. Er beobachtete sie, wie ihr Blick an ihm herunter zum Boden wanderte und wieder zurück. Augenblicklich begann sie zu kichern.
„Du siehst aus, wie ein begossener Pudel."
„Hey. Ich bin viel cooler, als ein Hund."
Gespielt beleidigt verschränkte er seine Arme vor der Brust, doch lange hielt er es nicht durch und begann auch zu lachen.
Nachdem sie sich wieder beruhigt hatten, sah sie ihn allerdings wieder ernst an und drehte das Handtuch in ihren Händen hin und her.
„Wenn du jetzt nichts mehr mit mir zu tun haben möchtest, kann ich das verstehen."
„Was?"
Dachte sie wirklich, er wollte jetzt nichts mehr mit ihr zu tun haben?
„Naja, keine Ahnung, was du jetzt über mich denkst."
„Marinette, es gibt da etwas, was ich dir sagen muss."
Er ging einen weiteren Schritt auf sie zu. Bevor er jedoch weiter sprechen konnte, hörten die beiden ein Poltern und abrupt drehten sich ihre Köpfe in Richtung der Luke.
„Oh Gott! Meine Eltern! Du musst gehen, sofort", quietschte sie leise.
„Aber ..."
„Die denken nachher sonst was, wenn sie mitten in der Nacht einen Jungen in meinem Zimmer finden."
Panisch stand sie auf, lief zu ihm und schnappte ihn an seinem Handgelenk. Völlig überrumpelt von dieser Aktion, ließ er sich von ihr zu der Treppe ziehen.
„Los."
Sie deutete auf die Dachluke und gab ihm einen kleinen Schubs. Er setzte seinen Fuß auf die erste Stufe, blieb dann aber stehen. Ein Lächeln huschte ihm über sein Gesicht. Wenigstes das musste er ihr noch sagen, ehe er ginge. Schnell drehte er sich zu ihr zurück.
„Marinette ... Du weißt gar nicht, wie erleichtert und glücklich zugleich ich gerade bin."
Mit einem Satz überwand er die Distanz zwischen ihnen, drückte ihr das Handtuch zurück in ihre Hände, nahm ihr Gesicht in seine Hände und gab ihr einen flüchtigen Kuss auf den Mund.
Keine Sekunde später klopfte es auch schon an der Bodenluke und grinsend sprang er die Treppe herauf. Rasch war die Dachluke geöffnet und er heraus geeilt. Er blickte ein letztes Mal zurück und sah in ihr verwirrtes Gesicht. Zwinkernd nahm er seinen Stab zur Hand und sprang davon.

So nah und doch so fern [Miraculous]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt