Kapitel 24

591 33 5
                                    

Kapitel 24

Seufzend beobachtete Adrien zwei Krankenschwestern, wie sie einen älteren Mann aus dem Zimmer schoben. Sein Vater bestand darauf, wie er von Nathalie erfahren hatte, dass er ein Einzelzimmer bekam. Er selbst fand das völlig übertrieben. Es war doch nichts Schlimmes daran, wenn er sich mit jemandem das Zimmer teilte. Er wurde morgen ohnehin wieder entlassen. Aber da sein Vater sowieso nicht mit sich reden ließ, versuchte er es erst gar nicht und nahm es so hin.
Ein letzter Blick seitens des Mannes zu ihm herüber ließ ihn entschuldigend sein Gesicht verziehen. Es tat ihm sehr leid, dass er extra für ihn nun verlegt werden musste. Es schien ihm nicht besonders gut zu gehen und er brauchte mit Sicherheit Ruhe und nicht ein Unnötiges durch die Gänge herum Geschiebe.
Laut auspustend sah er aus dem Fenster und hörte, wie die Tür ins Schloss fiel. Gut, dass er morgen wieder nach Hause konnte.
Die Krankenschwestern hatten das Zimmer gerade erst mit dem Mann verlassen, da eilte Nathalie auch schon wieder durch die Tür und so wandte er sich wieder vom Fenster ab. Augen rollend sah er zu ihr herüber. Was wollte sie denn nun schon wieder?
„Dein Vater lässt ausrichten-"
„Dass er nicht kommen kann?", unterbrach er sie schnell.
Nickend trat Nathalie einen weiteren Schritt an ihn heran.
„Tut mir leid. Ihm ist etwas Wichtiges dazwischen gekommen."
Schnaufend sah er nun hinauf zur Zimmerdecke.
„Ja klar. Sein Sohn ist ja auch nichts Wichtiges", murmelte er leise und blickte wieder zurück.
Er sah, dass es Nathalie wirklich leidtat. Aber sie konnte ja nichts dafür. Sie führte ja nur aus, was sein Vater befahl. Eigentlich war er nicht mal überrascht, dass er nicht kam. Es hätte ihn wohl eher verwundert, wenn er wirklich hier aufgetaucht wäre.
„Hier ist etwas Frisches zum Anziehen. Wir holen dich dann morgen früh ab und bringen dich dann nach Hause."
Nathalie stellte eine kleine Tasche in den Schrank und verließ, ohne ein weiteres Wort, wieder das Zimmer. Und prompt war er alleine.
Sein Blick wanderte durch den leeren Raum und schnell griff er nach seinem Smartphone. Flink tippten seine Finger über das Display und rasch schrieb er Marinette eine Nachricht, dass er nun auf seinem Zimmer wäre. Kurz überlegte er, ob er noch etwas dazu schreiben sollte, aber so richtig wusste er nicht was. Er wollte nicht nachher zu aufdringlich wirken. Es war ja noch alles so neu mit ihnen.
„Pla..."
Langsam sank seine Hand samt Handy auf seinen Bauch hinunter und traurig sah er auf seinen Finger. Für einen kleinen Moment hatte er komplett vergessen gehabt, dass Plagg ja gar nicht mehr da war.
Niedergeschlagen ließ er seinen Kopf vorsichtig zurück ins Kissen sinken und schloss seine Augen. Es war gerade mal ein paar Stunden her, dass ihm sein Miraculous abgenommen wurde, aber er vermisste den kleinen verfressenen Quälgeist schon jetzt. Es war nicht nur die Tatsache, dass er nicht mehr zu Chat Noir werden konnte. Nein, Plagg war sein Freund. Auch wenn er oft eine etwas eigenartige Sicht auf bestimmte Dinge hatte, war er dennoch, wenn es wichtig war, immer für ihn da gewesen. Er musste ihn unbedingt zurückholen. Die Frage war nur, wie? Er musste mit Marinette irgendeinen Weg finden. Sie konnten unter keinen Umständen zulassen, dass der Ring in Hawk Moths Hände fiel. Beim Stichwort Marinette, fiel ihm auch wieder ein, dass er ihr doch gerade eigentlich eine Nachricht schreiben wollte. Schnell schrieb er sie zu Ende, schickte sie ab und sah seufzend auf das Display. Hoffentlich unternahm sie nichts Unüberlegtes und suchte Volpina doch auf eigene Faust.
Um sich etwas abzulenken, nahm er sich die Fernbedienung am Bett zur Hand und schaltete durch die Kanäle des Fernsehers. Sehr viele Programme gab es hier zwar nicht, aber die Nachrichten konnte er immerhin verfolgen. Angespannt hörte er der Nachrichtensprecherin zu, ob nicht nachher irgendwas von Ladybug und Volpina berichtet wurde, als ihm allmählich die Müdigkeit überrollte.



Blinzelnd versuchte Adrien langsam seine Augen zu öffnen, da ihm sanft etwas über die Wange strich. Doch so richtig wollte es ihm nicht gelingen. Sein gesamter Kopf dröhnte immer noch fürchterlich und nur schwerfällig schaffte er es, seine Lider zu öffnen. Doch sofort, als er es geschafft hatte, blickte er in zwei himmelblaue Augen, die ihn fixierten und ein Lächeln huschte ihm übers Gesicht. Als er aber sah, dass Ladybug vor ihm saß, verzog sich seine Miene wieder. Warum war sie verwandelt? Sofort versuchte er sich aufzurichten, jedoch wurde daraus nichts, da sie ihn wieder zurück in sein Kissen drückte. Auch sein zweiter Versuch endete damit, dass sie ihn daran hinderte aufzustehen.
„Hey. Du sollst nicht aufstehen."
Widerwillig blieb er liegen und sah zu ihr hinauf. Gegen Ladybug hatte er so, ohnehin keine Chance. Wenn sie verwandelt war, konnte sie ihn ohne Probleme einfach hochstemmen, also brachte es auch nichts, es weiterzuversuchen.
„Ist alles in Ordnung?", fragte er besorgt und runzelte dabei seine Stirn.
Schnell musterte er sie, um Spuren eines Kampfes ausfindig zu machen. Zum Glück konnte er keine entdecken und so atmete er erleichtert auf.
„Alles Okay ... Aber ich habe mir, nachdem du mehrere Stunden nicht geantwortet hast, Sorgen um dich gemacht."
Verlegen kratzte er sich an seinem Kopf.
„Entschuldige, ich bin anscheinend eingeschlafen."
Kurz schielte er zum Fenster herüber. Wie lange hatte er wohl geschlafen?
„Du brauchst dich doch nicht entschuldigen. Ich wollte einfach nur wissen, ob es dir gut geht. Am Besten du schläfst jetzt auch gleich weiter. Du brauchst Ruhe."
Schnell beugte sie sich zu ihm herunter, gab ihm einen flüchtigen Kuss auf den Mund und entfernte sich wieder von ihm.
Lächelnd ging sie einen Schritt vom Bett weg und nahm ihr Jo-Jo in die Hand.
„Pass auf dich auf ja? ... Ich liebe dich", flüsterte sie und eine einzelne Träne kullerte ihr die Wange herunter.
Sofort wurde er stutzig. Hier stimmte doch etwas nicht.
Bevor er jedoch auf irgendeine Weise reagieren konnte, machte sie schon einen Satz auf das Fenster zu, öffnete es und sprang auf die Fensterbank.
„Machs gut ..."
Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, schwang sie sich auch schon mit ihrem Jo-Jo in die Dämmerung des endenden Tages.
Seine Augen weiteten sich und mit offenstehendem Mund starrte er zum Fenster herüber. Hatte sie sich gerade von ihm verabschiedet? Wollte sie etwa alleine zu Volpina? Kopflos sprang er aus dem Krankenhausbett heraus und lief zum Fenster herüber. Dass er bis Morgen eigentlich liegen bleiben sollte, war ihm gerade ziemlich egal.
„Ladybug!", schrie er ihr hinter her, doch sie war schon verschwunden.
Wütend schlug er mit seiner Faust auf das Fensterbrett.
„Verdammt!"
Sie hatte es ihm doch versprochen. Er musste ihr hinterher, und zwar sofort. Die Frage war nur, wohin sollte er gehen? Er konnte sich nicht verwandeln und sie somit einholen. Grübelnd begann er in dem kleinen Zimmer auf und ab zu laufen, als ihm etwas einfiel. Zügig lief er zurück zum Bett und schnappte sich sein Handy. Flink war die Nummer von Alya gewählt.
Zähneknirschend raufte er sich jedoch nach einigen Minuten die Haare. Natürlich ging sie nicht heran. Sie wusste mit Sicherheit, was Marinette vorhatte. Fluchend setzte er sich auf das Bett und drehte das Handy in seinen Händen herum.
„Der Ladybug-Blog", murmelte er plötzlich zu sich selbst, öffnete entsprechende Seite in seinem Smartphone und musste auch gar nicht lange suchen, da ihm ein Video ins Auge sprang.
Schnell schlüpfte er, nachdem er das Video gesehen hatte, in seine Schuhe und sprang auf. Das konnte doch nicht ihr ernst sein.
Geschwind hatte er die Tür erreicht, drückte die Klinke herunter und sah vorsichtig heraus. Da glücklicherweise niemand zu sehen war, lief er heraus und hoffte, dass er unbemerkt das Gebäude verlassen konnte.


So nah und doch so fern [Miraculous]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt