Kapitel 18

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Kapitel 18

„Ladybug!"
Schnell nahm Chat Noir seinen Stab, damit er ihr folgen konnte, in die Hand.
Sie konnte doch nicht einfach losziehen und in ihrem Zustand alleine kämpfen. Doch das erneute Piepen seines Ringens ließ in kurz innehalten. Er war ihr so wirklich keine Hilfe. Er musste sich schnellstens zurückverwandeln, Plagg etwas zu essen geben und wieder zu Chat Noir werden. Sofort sah er sich um. Sein Blick wanderte von der Bäckerei hinauf zu dem kleinen Balkon. Ohne weiter zu überlegen, ließ er seinen Stab herausfahren, sprang hinauf und landete auf Marinettes Balkon. Ohne Zeit zu verlieren, hockte er sich vor die kleine Mauer und verwandelte sich zurück. Zum Glück hatte er seine Tasche samt Camembert dabei.
Schwungvoll wurde Plagg aus dem Ring geschleudert und schwebte nun vor ihm herum. Bevor dieser jedoch anfangen konnte zu meckern, kramte er eilig in seiner Tasche herum und hielt ihm den stinkenden Käse vor die Nase.
„Los beeil dich."
„Was ziehst du denn für ein Gesicht? Freu dich doch. Deine Angebetete weiß nun auch bescheid und du musst mich nicht mehr den ganzen Tag damit vollsülzen."
Sein kleiner Freund schnappte sich den Camembert und stopfte sich ein riesiges Stück davon in den Mund.
„Ja, die gerade verletzt alleine kämpft. Also los jetzt", brummte er und zog seine Augenbrauen zusammen.
Nervös beobachtete er Plagg, wie er ein Stück Käse nach dem anderen vertilgte. Angespannt dachte er dabei an Marinette. Er machte sich große Sorgen um sie. Hoffentlich schaffte sie es alleine, bis er, oder genauer gesagt sein Kwami, wieder einsatzbereit war. Seufzend blitzte das Bild, wie sie ihn angesehen hatte, als sie aus der Kiste heraus waren, vor seinem inneren Auge auf. Warum hatte sie denn gar nichts mehr gesagt? War sie so geschockt gewesen, oder hatte sie schmerzen? Sie mussten auf jeden Fall dringend reden. Aber dazu mussten sie erst mal die neue Superschurkin besiegen. Eigentlich hatte er nicht vorgehabt, dass sie es so erfahren sollte. Er wollte ihr das ganz behutsam erklären. Aber er hatte nun mal keine andere Wahl gehabt. Sie wären sonst dort drinnen nachher erstickt. Hawk Moth musste auch ständig zu den ungünstigsten Momenten seine Akumas losschicken. Gerade war er auf den Weg zu ihr gewesen, um das alles aufzuklären. Blöderweise war er viel später los, als er eigentlich vorgehabt hatte.
Lange hatte ihn sein Vater, nachdem er heute Morgen wieder zu Hause eingetroffen war, davon berichtet, was bei seiner Geschäftsreise herausgekommen war. Wobei eigentlich nur das, was für ihn relevant war. Und dies hieß noch mehr Fotoshootings, auf die er keine Lust hatte.
Seufzend lehnte er seinen Kopf an die Mauer. Wobei ihm diese gerade ziemlich egal waren.
Angespannt tippte er mit seinen Fingern auf seinen Oberschenkeln herum und starrte seinen Kwami an.
„Du hast genug gegessen ... Plagg verwandle mich."
Wieder verwandelt, hüpfte er auf das nächste Dach und sprang sofort weiter in die Richtung, in der Ladybug verschwunden war.
Wo konnte sie nur stecken? So schnell er konnte, sprang er von Dach zu Dach. Überall standen diese schwarzen Kisten herum. Sie musste also hier entlang gelaufen sein. Fix machte er einen Satz vom nächsten Dach herunter, landete unten auf der Straße und so schnell ihn seine Beinen trugen, folgte er den Kisten. Sie führten ihn in Richtung des Eilfellturms.


Schnell hatte er den großen Platz vor dem Eiffelturm erreicht, da entdeckte er auch schon Ladybug, die von einer schwarz gekleideten Frau unentwegt mit kleinen Schachteln beworfen wurde. Ladybug sprang von einer Seite zur anderen oder wehrte sie mit ihrem Jo-Jo ab. Allerdings bemerkte er auch, wie erschöpft sie dabei schon war. Prompt zog er seinen Stab und lief zu ihr herüber. Rasch stellte er sich schützend vor sie und schlug die Boxen von ihr weg. Kurz warf er dabei einen besorgten Blick über seine Schulter.
„Alles Okay? Geht es dir gut?"
„Es geht. Lass uns den Akuma schnell einfangen."
Sie nickten sich gegenseitig zu und so sah er wieder nach vorne.
„Weißt du schon, wo er steckt?"
„Ich denke, er ist im Armband."
Broken- Heart schleuderte eine erneute Welle Kisten auf sie zu und lachte laut auf.
„Gebt doch einfach auf und gebt mir eure Miraculous. Dann verschone ich vielleicht Ladybug. Dich Chat Noir kann ich aber nicht so einfach gehen lass. Ihr Männer seid doch alle gleich und müsst dafür bestraft werden."
Er wirbelte seinen Stab herum und schlug alle Schachteln weiterhin von ihnen weg. Doch im Augenwinkel konnte er sehen, dass sich Ladybug keuchend ihre Hand gegen ihre Brust hielt. Sie mussten nicht nur schnell die Männer aus den Kisten befreien, damit sie nicht erstickten, sondern auch wegen ihr sollten sie dies hier schnell beenden. Er wusste nicht, wie lange sie das noch durchhalten würde. Sie dachte vermutlich dasselbe, da er hören konnte, wie sie ihren Glücksbringer beschwor. Sofort blickte er schnell hinter sich und konnte sehen, dass ihr eine kleine Schere in die Hände fiel.
„Sollen uns nun deine Bastelkünste helfen?"
Sie antwortete ihm jedoch nicht und sah sich mit ernster Miene um.
„Das bringt euch auch nichts", keifte Broken- Heart und erhöhte die Anzahl der Boxen, die sie auf die beiden warf.
Schnaufend hörte er auf mit seinem Stab zu wirbeln und schoss nun die Schachteln, wie mit einem Baseballschläger, zurück. Lange schaffte er das aber bestimmt nicht mehr und hoffte daher, dass Ladybug schnell eine Idee hatte, was sie mit ihrem Glücksbringer anfangen konnte.
Wenige Sekunden später bemerkte er, wie sie näher zu ihm rückte und anscheinend tatsächlich eine Idee hatte.
„Kannst du versuchen die Tasche zu zerstören? Ich lenke sie in der Zeit ab", flüsterte sie ihm leise zu.
„Mit Vergnügen Mylady."
Er zwinkerte ihr zu und so stellte sie sich neben ihn und begann ihr Jo-Jo kreisen zu lassen. Als sie ihm zu nickte, lief er los. Weg vom Geschehen, damit er aus Broken- Hearts Sichtfeld sein würde.
„Lass die Katze. Ich bin dein Gegner", rief sie laut.
Anscheinend wollte die Frau ihm hinter her, aber er drehte sich nicht um und lief einfach weiter. Er musste, so schnell es ging, die Tasche zerstören.
Nachdem er sich sicher war, dass sie ihn nicht mehr sehen konnten, schlich er sich leise zurück und pirschte sich von der Seite an. Broken- Heart war zum Glück so abgelenkt von Ladybug, dass er zum Sprung ansetzte und mit seiner Hand die Tasche anvisierte.
„Kataklysmus."
Mit einem Grinsen im Gesicht sah er, wie die Tasche zu Staub zerfiel, und sprang etwas von ihr weg.
„Nein!", schrie die Frau und ballte wütend ihre Hände.
„Ach komm, die war doch eh nicht besonders schön. Ich hab dir bloß einen Gefallen getan."
Broken- Heart holte zum Schlag aus, doch bevor sie ihn erreichen konnte, hörte er, wie Ladybug ihr Jo-Jo warf. Keine Sekunde später hatte sie die Frau mit dem Seil des Jo-Jos eingewickelt, war zu ihr gelaufen und schnitt mit der kleinen Schere das Armband ab. Schwungvoll schmiss sie es auf den Boden und trat die Perlen kaputt. Ein schwarzer Schmetterling flog hinaus und Ladybug löste das Jo-Jo von der Frau. Blitzschnell fing sie den Akuma, mit ihrem altbekannten Spruch, ein. Erleichtert, da sie es geschafft hatten, beobachtete er, wie ein weißer Schmetterling davon flog und Ladybug die Schere hoch gen Himmel warf.
„Miraculous Ladybug."
Kleine Marienkäfer schwirrten umher und stellten alles in ihren ursprünglichen Zustand zurück. Auch wenn er es schon zig Male gesehen hatte, fand er es immer wieder erstaunlich, was ihre Kraft alles bewirken konnte.
Lächelnd lief er auf sie zu und streckte mit erhobenem Arm, ihr seine Faust entgegen.
„Gut ge...", begann er, doch brach mitten im Wort wieder ab, als er sah, dass sie nicht, wie üblich, auch ihre Hand gehoben hatte, damit sie einschlagen konnten, sondern ihre Hände zu Fäusten geballt, neben ihren Körper hingen.
Sie hatte ihren Blick gesenkt und schien zu zittern. Was war denn auf ein Mal mit ihr los?
„Woher und wie lange weißt du es schon?", flüsterte sie dann aber leise und hob langsam wieder ihren Kopf.
Sie blickte ihm direkt in die Augen und zu seinem Bedauern, konnte er überhaupt nicht erkennen, was sie gerade dachte oder fühlte. Da sein Ring und ihre Ohrringe jedoch piepten, griff er nach ihrer Hand und zog sie vorsichtig zu sich. Schnell legte er einen Arm um ihren Oberkörper und den anderen unter ihre Beine. Behutsam hob er sie hoch und rannte los. Sie mussten von hier weg. Weg von dem Schauplatz, auf dem sich nun immer mehr Passanten sammelten, um zu erfahren, was passiert war. Sie mussten zwar reden, aber nicht hier. Ohne ein Wort zu sprechen, lief er einfach immer weiter. Einzig allein das Piepen ihrer Miraculous war zu hören.
Gerade rechtzeitig erreichte er den kleinen Park nicht weit von Marinettes zu Hause. Zum Glück war er noch immer menschenleer, da ihr Ohrring zum letzten Mal piepte und sie sich in seinen Armen zurückverwandelte. Ein kleiner roter Kwami schwirrte um sie herum und lächelte ihn an. Mit ihr in seinen Armen steuerte er eine Bank an und setzte sie langsam herauf. Sie sah auf ihre Füße und sagte keinen Ton. Ein weiteres Piepen und auch seine fünf Minuten waren vorbei. Augenblicklich stand er als Adrien vor ihr und auch Plagg schwebte nun neben ihm. Zu seiner Überraschung war dieser, mal erstaunlich still.
Verlegen kratzte er sich an seinem Kopf, setzte sich dann aber neben sie.
„Wie geht es dir?"
Besorgt wollte er ihre Hand nehmen doch abrupt zog sie sie weg und blickte ihm wieder direkt in seine Augen.
„Du hast mir noch nicht geantwortet", murmelte sie und senkte wieder ihren Blick.
Seufzend legte er seine Arme auf seine Beine und sah hinunter auf seine Schuhe.
„Weißt du noch, der akumatisierte Eisverkäufer im Einkaufszentrum?"
„Mhm."
Ohne seinen Blick von seinen Füßen abzuwenden, sprach er schnell weiter.
„Du hattest dir den Fuß verletzt ... Ich habe gesehen, dass du als Ladybug hinauf zum Parkhaus geeilt bist. Da ich auch nicht mehr viel Zeit hatte, bin ich zur Männertoilette gerannt und habe mich dort zurückverwandelt ... Als ich dann, als Adrien durchs Kaufhaus gelaufen bin, hab ich gesehen, dass du alleine, als Marinette, humpelnd von dort oben wieder heruntergekommen bist ... Ich musste es dann einfach wissen, ob mein Verdacht richtig war. Nachdem ich dich nach Hause gebracht hatte, habe ich mich dann auf das Dach genau gegenüber von deinen Zimmer gesetzt. Als dann ein Kwami neben dir herumschwirrte, war die Sache klar."
Langsam richtete er sich wieder auf und sah erschrocken in die weit aufgerissenen Augen von Marinette.
„Du hast mir nachspioniert?"
Sofort wedelte er mit seinen Händen.
„Nein, so würde ich das nicht sagen ... Ich wollte doch nur ... Ich musste doch ... ja irgendwie schon."
Beschämt senkte er wieder seinen Blick. Ja, es war wirklich nicht in Ordnung gewesen, sie als Chat Noir zu beobachten, aber er musste es damals einfach wissen.
Eine kurze Zeit herrschte wieder Stille zwischen den beiden. Auch die Kwamis hatten sich verzogen und gaben keinen Piep von sich. Tikki hatte sich in der kleinen Tasche versteckt und Plagg war wieder unter sein Shirt geflogen.
„Ich-"
„Das Referat in der Schule mussten wir nach der Sache im Einkaufszentrum machen. Wolltest du etwa mit mir in eine Gruppe, weil du herausgefunden hattest, dass ich Ladybug bin und nicht weil du Nino helfen wolltest?", unterbrach sie ihn und konnte einen kleinen Seufzer nicht verbergen.
„Irgendwie schon."
Mit zusammengezogenen Augenbrauen beobachtete er, wie sie nervös ihre Hände ineinander knetete. Zu gerne wüsste er jetzt, was sie dachte. Er rutschte etwas näher zu ihr und legte eine Hand auf ihre.
„Marinette. Ich-"
„Erst seit der Sache im Einkaufszentrum hast du angefangen, dass du mit mir etwas machen wolltest oder, dass du als Chat Noir mit mir Zeit verbracht hast ... Hättest du nicht herausgefunden, dass ich Ladybug bin, hättest du dich also nie für mich interessiert."
„Nein. Es war doch nur weil ..."
Er konnte sehen, dass sich ihre Augen mit Tränen füllten. Wie konnte das Ganze in diese Richtung verlaufen?
„Eine einfache Frage. Wenn du nicht herausgefunden hättest, dass ich Ladybug bin, hättest du dich dann für mich, als Marinette interessiert?"
„Ich liebe dich. Mit oder ohne Maske. Und ich weiß, dass du mich auch liebst. Ist es nicht egal, wie es dazu gekommen ist?"
Sie schüttelte ihren Kopf und er konnte genau sehen, obwohl sie mittlerweile ihren Kopf von ihm weggedreht hatte, dass ihr die ersten Tränen langsam die Wangen herunter kullerten.
„Nein ist es nicht. Du magst mich doch nur, weil ich Ladybug bin."
Sie stand von der Bank auf, abrupt krümmte sie sich jedoch zusammen und hielt sich ihre Hand gegen ihre Brust.
„Warte ich helfe dir."
Sofort sprang er auf und wollte sie stützen, doch sie schlug seine Hand weg.
„Ich schaff das schon alleine ... Ich muss jetzt los. Meine Eltern machen sich bestimmt schon Sorgen."
Sie drehte sich von ihm weg und rannte ohne ein weiteres Wort los.
„Marinette!", rief er ihr noch ein paar Mal hinter her, aber sie drehte sich nicht mehr zu ihm herum.

So nah und doch so fern [Miraculous]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt