35) Trainingslager

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A M E L I E

„Na? Blau oder Rosa?" fragt mich Paula gespannt als ich die Wohnung betrete. Ich komme gerade von einer Frauenarztuntersuchung, bei der ich das Geschlecht endlich erfahren habe. Mein Baby ist nie passend gelegen, deswegen ist die 22. Woche sehr spät, um das Geschlecht zu erfahren. „Eher mintgrün" antworte ich lachend. „Das heißt?" sie runzelt die Stirn. „Das heißt, dass ich meinen kleinen Prinzen ganz sicher nicht in ein babyblaues Zimmer stecke" ich grinse. „Also wird es ein Junge?" sie schaut mich neugierig an und ich nicke. Freudig fängt sie an zu quietschen und fällt mir um den Hals. Als mein Handy klingelt löst sie sich von mir. „Amelie Tuber, Hallo?" melde ich mich. „Amelie hör mir bitte zu" höre ich Stefans aufgebrachte Stimme. „Warte mal kurz ich stell dich laut! Okay jetzt leg los. Was ist passiert?" frage ich besorgt und setzte mich auf die Couch. „Wie du weißt sind wir zur Zeit zusammen mit den deutschen im Trainingslager in Seefeld" er hält kurz inne. „Sag schon, was ist passiert?" frage ich alarmiert. „Heute haben wir eine Art Probewettkampf gemacht, bei dem Andi schwer, sehr schwer gestürzt ist. Er wurde mit dem Helikopter nach Innsbruck ins Krankenhaus geflogen" er schluckt schwer. „Er ist wegen seiner schweren Verletzungen ins Koma gefallen und die nächsten Stunden werden entscheidend sein" er atmet tief durch. „Was?" frage ich ungläubig mit belegter Stimme. „Was ich damit sagen will Amelie: Wenn er aufwacht, ist es immer noch nicht sicher, ob.... ob er das ganze überlebt" erneut schluckt er schwer. Paula schlägt sich die Hände vor den Mund und schaut mich mit weit aufgerissenen Augen an. „Vielleicht hast du bald keine Chance mehr ihm von seinem Baby zu erzählen" sagt er mit belegter Stimme. „Es wird ein Junge" bringe ich unter Tränen hervor. „Danke Stefan für deinen Anruf" Ohne auf eine Antwort zu warten beende ich das Gespräch und lasse meinen Tränen freien Lauf. „Worauf wartest du noch? Pack dir ein paar Sachen zusammen wir fahren jetzt nach Innsbruck" sagt Paula entschlossen. „Ich weiß nicht" sage ich schniefend. „Wie du weißt nicht? Amelie ich war von Anfang an der Ansicht, dass du ihm von der Schwangerschaft erzählst, denn du hattest nichts zu verlieren. Entweder er nimmt sich seiner Vaterrolle an und unterstützt euch, oder eben nicht, vielleicht hätte ja auch noch mehr werden können, wer weiß. Aber jetzt kannst du Andi verlieren und dein Kind seinen Vater. Vielleicht braucht er jetzt einfach jemanden, der ihm Kraft gibt. Bitte, Amelie. Wenn das ganze nicht gut ausgeht, wirst du dir das immer vorwerfen" sagt sie eindringlich und mehr als deutlich. „Du hast recht" Ich nicke und wische mir die Tränen weg. „Also los. Sag mir Bescheid, wenn du fertig bist"
Ohne jeglichen Plan werfe ich irgendwelche Klamotten in eine Reisetasche, lege meinen Kulturbeutel oben drauf und warte im Flur auf Paula. „Hast du nicht Uni?" frage ich. „Nö, Semesterferien. Also los" Sie schnappt sich den Autoschlüssel und öffnet mir die Tür.

#damdamdam

Anders als du denkst (Wellinger/ Kraft +  Team) Skispringen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt