47) Kira

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A N D I

„Mama, hast du Amelie gesehen?" frage ich sie aufgelöst. „Nein wieso, ist etwas vorgefallen?" meint sie besorgt. „Kira" sage ich nur und sie versteht sofort. „Ach du scheiße! Meld dich bei mir wenn du sie gefunden hast" bitte ich sie. „Selbes gilt für dich" Ich nicke und mache mich auf den Weg in die Richtung, in die Amelie gelaufen ist. Sie kennt sich hier überhaupt nicht aus, was ist, wenn sie stürzt, oder sonst irgendwas passiert? Wegen mir! Besorgt folge ich dem kleinen Weg hinter der Schanze, der in den Wald hineinführt. Nach einer Kurve sehe ich sie auf einer kleinen Bank kauern und atme erleichtert auf. Auf den ersten Blick scheint alles okay zu sein. „Da bist du ja, alles okay bei dir?" frage ich besorgt und setzte mich neben sie. „Was willst du noch?" fragt sie sauer und ich sehe in ihr verweintes Gesicht. „Ich habe mir Sorgen gemacht" Sie verdreht nur die Augen: „Ich hab dir von Anfang an gesagt, dass ich nichts, gar nichts von dir erwarte" erklärt sie. „Aber ich freue mich auf unser Baby, wirklich" beteuere ich. „Das hat man ja gerade gesehen" meint sie und spielt auf die Begegnung mit Kira an. „Ich glaube ich muss dir einiges erklären" meine ich. „Das glaube ich allerdings nicht" sagt sie und dreht sich von mir weg. „Amelie, bitte" Ich versuche sie wieder in meine Richtung zu drehen. „Wenn du unbedingt meinst" sagt sie genervt und starrt weiterhin auf den Boden.
„Okay, also ich habe Kira kennengelernt, als ich 16 war, sie war damals 20, also vier Jahre älter. Ich habe wegen den ganzen Wettkämpfen ziemlich viel in der Schule verpasst und deswegen Nachhilfe genommen, bei Kira. Wir haben uns von Anfang an richtig gut verstanden und dann auch mal einfach so was unternommen. Sie hat mir immer zugehört und könnte mir gute Ratschläge geben. Irgendwann sind wir dann zusammen gekommen. Sie hat mich immer in allem unterstützt und ist hinter mir gestanden, ich habe sie wirklich geliebt, die war meine erste richtige Freundin. Sie hatte nie ein Problem damit, dass ich so oft nicht da war und das habe ich sehr geschätzt an ihr. Letztes Jahr im Frühjahr, nach der Saison, ist sie mir immer wieder mir der selben Leier gekommen, Heiraten, Kinder, und so weiter, aber ich habe mich dazu einfach nicht bereit gefühlt dazu, immerhin war ich erst 21. Außerdem habe ich in Kira keine Mutter gesehen und wenn ich genauer über unsere Beziehung nachgedacht habe, habe ich mich irgendwie nicht mit ihr und einer Familie in zehn Jahren gesehen. Kurz vor der Saison habe ich mich von ihr getrennt. Wir haben nur noch gestritten und ‚Liebe' war das schon lange nicht mehr zwischen uns" erkläre ich ihr und hoffe, dass sie mich versteht. „Und jetzt bist du plötzlich bereit für ein Baby?" sie schaut mich belustigt an. „Ja verdammt, das bin ich und weißt du was? Ich freue mich sogar darauf, und wie" sage ich lächelnd. „Und in mir siehst du diese ‚Mutter'? Ich bin erst achtzehn, Andi" - „Das hat doch mit dem Alter nichts zu tun! Du hast einfach einen tollen Charakter und eine enorme Stärke" versuche ich ihr zu erklären. „Aha!" sagt sie nur. „Man Amelie, was soll ich denn noch sagen? Ich freue mich auf das Baby, wirklich" beteuere ich erneut.
„Das kann ich immer noch nicht so ganz glauben" sie schaut mir direkt in die Augen und ich sehe, wie verletzt sie ist.
„Aber es stimmt! Seit dem ich weiß, dass ich Vater werde, habe ich mir schon unzählige Dinge ausgemalt, die ich unbedingt mit meinem Sohn machen möchte" Sie lächelt, na endlich. „Was denn zum Beispiel?" - „Gemeinsam ins Fußballstadion gehen, Baumhäuser bauen, Go Kart fahren, Skispringen" zähle ich ein paar Dinge auf und warte auf eine Reaktion. „Und das willst du wirklich?" sie schaut mich skeptisch an. „Ja verdammt" Hoffentlich hat sie es nun endlich verstanden. „Okay" Sie lächelt und wir schweigen uns eine Weile an. „Ich habe nächste Woche einen Kontrolltermin und da wollte ich dich fragen, ob du mitkommen willst?" fragt sie unsicher. „Na klar komme ich mit" Ich freue mich sehr darüber, dass sie mich gefragt hat, denn das bedeutet mir enorm viel, vor allem nach dem Vorfall eben.
.„Wollen wir langsam wieder zurück, meine Mutter macht sich bestimmt auch Sorgen" meine ich nach einer Weile. „Ja, denn ich muss sie unbedingt noch nach diesem fantastischen Kuchenrezept fragen" entgegnet sie und marschiert voraus. „Eigentlich hat sich durch die Schwangerschaft meine ganze Ernährung umgestellt" sagt sie irgendwann. „Inwiefern?" frage ich neugierig nach. Ich will Amelie unbedingt zeigen, dass ich Interesse an ihr, dem Baby und der Schwangerschaft habe. „Ich esse total komisches Zeug, wie Marmeladenbrot mit Käse, oder Toast mit Nutella und Salami" erzählt sie. „Nichts gegen Marmeladenbrot mit Käse, das ist der absolute Traum" entgegne ich und sie lacht. „Das Problem an der Sache ist, dass mir danach immer übel wird" Ich lache: „Da ist natürlich ungünstig" Wir lachen und setzten unseren Weg fort.

Anders als du denkst (Wellinger/ Kraft +  Team) Skispringen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt