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" Findet den Ort der letzten Ruhe . Um diesen Ort zu erreichen braucht man ein Schiff " lautet die Aufgabe am letzten Tag der Schnitzeljagd . Valentin und ich haben in den letzten 4 Tagen gut abgeschnitten und sehr viel von Venedig gesehen . Aber die anderen sind auch nahe an uns dran . Ich gähne . Es ist wirklich viel zu früh für eine Schnitzeljagd . Aber aus irgendwelchen Gründen sollten wir uns heute schon um 7 auf den Weg machen . Bei dem Wort Schiff werde ich hellhörig und bekomme es mit der Angst zu tun . Ich soll auf ein Schiff ? Ich hasse Schiffe .... Valentin scheint meine Angst gespürt zu haben , und fragt mich ob alles okay ist . Ich nicke unruhig und reibe mir den Schlaf aus den Augen . " Ich würde sagen ,damit ist der Friedhof San Michele gemeint . Er ist nur durch Schiffe erreichbar. Ich weiß du gehst nicht so gerne auf Schiffe , aber wollen wir wenigstens mal zum Anleger ? " , fragt er mich mit sorgvollem Blick . Ich weiß , dass er sich um mich sorgt , aber womit habe ich das verdient ? Ich kann ihm nichts zurückgeben .

Da es wie aus Eimern Regnet , müssen wir zu Fuß mit Regenschirmen gehen , da man schlecht beim Fahrradfahren einen Schirm halten kann . Nach ganzen 40 Minuten gelangen wir am Schiffanleger an . Ein Schauder rinnt über meinen Rücken . Ich kann die Insel schon sehen , es sind vielleicht 400 Meter oder weniger . So weit ist also nicht . " Wollen wir es mal versuchen ? " , fragt Valentin vorsichtig ? Ich Schätze die Strecke nochmals ab . Panik rinnt meinen Rücken hoch und runter :" Ich will es probieren " . Valentin legt seine Hand auf die Stelle zwischen meinen Schulterblättern und schiebt mich sanft zum Ticketschalter . Wir lösen zwei Tickets und gehen auf das kleine Schiff zu . In mir macht sich ein starkes Angstgefühl breit .Ein panisches Angstgefühl . Ich setze langsam einen Fuß auf die Rampe die zum Schiff führt . Und dann den anderen . Dann setzte ich einen Fuß vor den anderen . So lange bis ich auf dem Schiff stehe . Valentin steht die ganze Zeit geduldig hinter mir , und ist bereit mich zu halten falls ich Falle . " Ich bin stolz auf dich " , flüstert er mir ins Ohr und ich werde Rot . Ich drehe mein Gesicht weg , damit er das nicht sehen kann . Er steuert mich zu einem Platz am Deck des Schiffes . Trotz des Regens . Kurz darauf fährt das kleine Schiff los . Wir sind die einzigsten Personen die mitfahrenfahren , was bei so einem Wetter aber auch nicht verwunderlich ist . Ich Rutsche näher an Valentin heran , dessen Arm direkt hinter mir liegt . Ich hatte noch nie so viel Angst . Außer beim Unfall .... Das Wetter war ungefähr das gleiche . Ich bekomme eine Gänsehaut . " Ist dir kalt ? " , sorgt sich Valentin um mich und streicht mir über meinen Arm . Ich schüttele den Kopf :" Nein , ich habe einfach nur Angst " . Er legt den Arm fester um mich und ich lehne meinen Kopf an seine Schulter . Normalerweise hätte ich jegliche Berührung zu ihm abgelehnt , aber jetzt ist eine andere Situation , durch die ich nicht alleine gehen kann . Diese 400 Meter kommen mir wie eine quälende Ewigkeit vor . Das Schiff schaukelt auf dem ziemlich hohen Seegang . Der Wind weht in heftigen Böen über unsere Köpfe hinweg und bringt mich zum zittern . Ich umschlinge mich mit meinen Armen und versuche das zittern so gut wie möglich zu verbergen , aber es gelingt mir nicht so wie ich es gerne hätte . Valentin streichelt mit dem Daumen beruhigend über meine Schulter :" Es ist schon fast geschafft , wir sind gleich da , keine Angst " . Ich hoffe , dass er Recht hat . Aber dieses " Wir sind gleich da " , dauert trotzdem eine Ewigkeit .

Als wir endlich da sind , setze ich meine wackligen Beine auf den festen Untergrund . Vor uns ergießt sich ein Meer aus lauter hellen und dunklen Grabsteinen . Der Regen lässt langsam nach , aber die Winböen sind trotzdem noch sehr heftig . Wir treten in den Schutz der Bäume und die Kälte die mich umgab weicht von mir . Wir gehen ein paar Schritte auf der großen Friedhofsinsel und schießen dann das Foto . Als keine Aufgabe erscheint gehen wir auf die Orthodoxe Kirche zu . Wir wollen Grade die Kirche betreten , als ein Strom schwarz gekleideter Menschen heraustritt . Was hat das zu bedeuten ? Eine stämmige Italienerin stapft wütig auf uns zu und fährt uns auf italienisch an . Dann zerrt sie uns mit in die Gruppe. Valentin protestiert auf italienisch , doch die Frau drängt uns weiter . Bis zu einer ausgehobenen Grube . Langsam wird mir alles klar . Schwarze Kleidung , eine leere Grube ... Wir sind mitten in einer Beerdigungszeremonie gelandet . Erinnerungen kommen hoch .... Schmerzhafte Erinnerungen . Valentin sieht mich verzweifelt an und flüstert :" Wir müssen wohl bleiben , die Glauben wir sind Familienangehörige " . Als er dies sagt tritt ein Pfarrer heran und Predigt auf italienisch .

Der Wille der ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt