.:Kapitel 9:.

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►NOEL POV





Ein warmer Windhauch zieht über die Kunterbunten Behausungen, die sich zahlreich auf dem Hügel erstrecken und streicht mir sanft durch das Haar, während ich gegen die schmiedeeiserne Balkonbrüstung gelehnt eine rauche und die beiden Straßenmusiker darunter beobachte.

Der kleine Junge schlägt das Tamburin und schüttelt mit den Schellen, derweil bläst der ältere Mann mit einem ramponierten Sombrero auf dem Kopf in seine Mundharmonika. Junge lachende Mädchen tanzen leichtfüßig danach und wirbeln dabei ihre faltenreichen Röcke in die Luft.

Ach meine Heimat hatte sich kein Stück verändert. Immer noch so vernarrt in Tanz und Musik. Verübeln konnte man es ihr nicht. Schließlich gab es hier irgendwo immer einen Anlass, um ununterbrochen zu feiern.

Schmunzelnd laufe ich durch die Balkontür, die geschmückt ist mit hölzernen gelben Fensterläden, ins Sonnenlicht getränkte Pensionszimmer und drücke meine Zigarette im Aschenbecher auf dem Nachttisch aus, bevor ich mich auf das quietschende Metallbett plumpsen lasse.

Für mich ist nicht die Zeit um zu feiern.

Der flirrende Deckenventilator fächelt mir einen leichten Luftzug zu, während ich vorsichtig die hellen Seidenstrümpfe an meinen Beinen hoch rolle und sorgfältig an den Strumpfhaltern befestige.

Noch nicht, jedenfalls.

Mit einem Ruck stehe ich auf und tapse zum Spiegel über dem Sideboard. Der Anblick darin erinnert mich an ein Pin-up-Girl aus den Fünfzigern. Mit dem dicken Eyeliner, roten Lippen und dunkelbraunen Lidschatten.

Belustigt ziehe ich die riesen Walzen von rosa Wicklern, deren Umfang einer Cola Dose entspricht, aus meinen Extensions heraus. Die großen Locken fallen mir voluminös über die nackten Schultern und ich fahre nochmal mit den Fingern durch, bevor ich zum aufgeschlagenen Leopardenkoffer auf dem Bett, über Unmengen von Klamotten und Schuhen, die überall verstreut herumliegen, steige und dass enge Pfingstrosenrote, schulterfreie Kleid mit knielangem Rock wähle.

Jelly! Rot ist eine exzellente Wahl, denn sie zieht nicht nur Bullen in ihren Bann, sondern auch die Männerwelt.

Leise zu den Klängen der Straßenmusiker mitsummend schlüpfe ich in die Rockstuds von Valentino. Die beigen, spitzen Riemchenpumps mit goldfarbenen Nieten sind wie für mich geschaffen und treffen meinen exquisiten Geschmack vollkommen.

Plötzlich ertönt mein Prepaid-Handy im Raum und ich mache mich sofort auf es in dem Chaos zu finden. Jelly! Wo, wo, wo? Letztendlich fische ich es seufzend aus meiner Kosmetiktasche heraus, um die langersehnte Nachricht zu lesen.


No Name: Vuela, Ángel [Flieg, Engel]


Eine Woge Adrenalin durchströmt meinen Körper, als ich durch die SMS von Dante den Startschuss erteilt bekomme. Ich hatte keinen Moment daran gezweifelt, dass Raul Dantes Bitte abschlägt. Grinsend sende ich ihm mein Einverständnis zurück, bevor ich die SIM-Karte in der Mitte durchbreche und sie zusammen mit dem Prepaid-Handy die Toilette runterspüle.

Nun war ich auf mich gestellt.

Selbstsicher hülle ich mich in mein Parfum mit Vanillegeruch ein, hänge die kleine beige Handtasche um meine Schulter und will nach meiner Gucci-Brille greifen, als ich plötzlich gezwungen werde inne zu halten.

Der Grund ist mein schimmernder Ehering, der mich vorwurfsvoll anblickt. Meine Brust zieht sich zusammen, genau wissend, dass er keinen Platz bei meinem jetzigen Ich hat.

2. Straight but claimed by my best friend (manxman)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt