Kapitel 9

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Helen:
"Was ist jetzt so witzig?", hakte ich nach.
"Ich war 8 Monate lang im Koma", sein Blick wanderte zu mir.
"Also was denkst du?"
"Wo hast du davor gewohnt?", hakte ich noch einmal nach. Erneut entwich ihm ein Lacher.
"Es gibt kein 'Davor'. Ich war hier wegen einem Termin. Nach zwei Wochen hätte ich eigentlich nach Deutschland zurückfliegen sollen. Und auf dem Weg zum Flughafen. Bumm. Herzausfall. Oder wie auch immer ihr das nennt", seine Antwort befriedigte mich nicht.
"Und wo hast du in diesen 2 Wochen geschlafen?"
"Seit wann fragst du so viel?", lachte er.
"Lass mich doch", gab ich stutzig zurück.
"Süß", er war amüsiert. Wiedermal.
"Sobald wir bei dir sind erzähl ich dir alles in Ruhe", meinte er. Ich hielt mit einer Vollbremsung an.
"Bei mir?!", ich sah ihn mit gehobener Augenbraue an.
"Jap Süße. Ich werde heute leider bei dir pennen müssen, oder soll ich auf der Straße schlafen?", ich hasste es, wenn er diesen unschuldigen Blick aufsetzte.
"Schlaf von mir aus auch unter der Brücke!", was erlaubte er sich?
"Tja, dann musst du mich wohl aus dem Auto zerren. Freiwillig geh ich nämlich nicht Helenchen", er grinste mich breit an.
"Nenn mich nicht so!", fauchte ich ihn an. Ich startete wieder den Motor und fuhr los.
"Morgen um 6 Uhr bist du gefälligst weg", sagte ich kühl ohne ihn anzusehen.
"Keine Minute früher", gab er frech zurück.

"Wir sind da, steh auf", ich schlug ihm mit dem Handrücken auf den Oberarm. Er war sofort hellwach und packte meine Hand, was mich zurückschrecken ließ. Anschließend ließ er sie langsam wieder los.
"Mhmmm.." murmelte er und rieb sich die Augen.
"Sorry", er richtete sich auf.
"Gewohnheit", fügte er hinzu. Ich sah ihn immer noch verwirrt an. Solche Reflexe hatte ich bei einem Menschen selten gesehen. Und die hatte er damals noch nicht.
"So. Ich hab Hunger", er schlug sich auf die Oberschenkel und sah mich erwartungsvoll an.
"Ich hab Cornflakes", meinte ich absichtlich sarkastisch und stieg aus dem Auto aus.
"Du bietest deinem Gast allen Ernstes Cornflakes an?", er stieg ebenfalls aus und stützte sich am Dach des Wagens ab.
"Einem uneingeladenem Gast", ich grinste ihn falsch an. Er lachte kurz auf und strich sich mit dem Daumen über seine Unterlippe.
"Freches Ding", murmelte er, als er mir zur Wohnung folgte. Glücklicherweise war meine Wohnung früher ein Theater, das umgebaut wurde. Es war schlicht und komfertabel. Ein Schlafzimmer, ein Malzimmer, ein Wohnzimmer und eine Küche. Noch dazu hatte ich eine Terrasse, auf der ich die wunderschönste Aussicht hatte. Und eine Garage für mein Auto. Mehr brauchte ich hier auch nicht.
"Ich hol dir Decke und Kissen. Du schläfst im Wohnzimmer", ich ließ meine Jacke auf den Sessel fallen und legte meine Autoschlüssel auf den Tisch.
"Nicht bei dir?", er sah mich mit einem Schmollmund an.
"Lass den Quatsch!", schimpfte ich und nahm ihm die Jacke ab.
"Hängt in der Garderobe", ich machte ein Handzeichen um ihm zu zeigen wo sie war. Er nickte und sah sich im Zimmer um.
"Schicke Hütte", meinte er.
"Mhm", murmelte ich.
"Gute Nacht", sagte ich knapp als ich ihm das Kissen und die Decke zuwarf.
Obwohl er mit dem Rücken zu mir stand schaffte er es beide rechtzeitig zu fangen. Schon wieder diese Reflexe! Ich hob eine Augenbraue. Wenigstens das Kissen hätte ihn am Kopf treffen sollen.
"Reflexe wie ein Adler", zwinkerte er mir zu.
"Was für gute Nacht?", er sah mich fragend an.
"Komm her und setz dich. Ich erzähl dir was du wissen wolltest", er ging zum Sofa und deutete auf den Platz neben sich. Ich setzte mich zögernd am Ende des Sofas hin und verschränkte die Arme.
"Sturkopf", lachte er.
"Na gut, dann eben so", er legte die Decke zur Seite und zog sein T-Shirt aus.
"H..he was soll das?", ich drehte mich beschämt um und hielt mir die Hände vor mein Gesicht.
"Was soll was?", hörte ich ihn sagen.
"Zieh es wieder an. Hast du sie noch alle?", sagte ich durch meine Hände.
"Okay okay", einen Moment herrschte Stille.
"So, geht wieder". Ich drehte mich um und sah ihn immer noch oberkörperfrei sitzen. Ein breites Grinsen erstreckte sich über sein Gesicht.
"Was soll das?!", fauchte ich ihn an.
"Mir ist heiß okay. Wir haben Hochsommer, also lass mich. Versuch es einfach auszublenden", meinte er, während er seine Hand auf seinem Bauch platzierte und sich zurücklehnte.
'Klar, ausblenden. Ist ja kaum wahrnehmbar', dachte ich mir und verdrehte die Augen.

Aaron:
Natürlich hätte ich mein T-Shirt wieder anziehen können aber es war amüsant zu sehen wie ihre Wangen rot anliefen. Dank ihrer porzellanweißen Haut schoss ihr die Röte nach wenigen Sekunden schon ins Gesicht und verriet, dass sie sich schämte. Das machte sie natürlich noch attraktiver. Ich biss mir unbewusst auf die Unterlippe als ich ihre Lippen ansah. Sie schaltete den Fernseher ein und wandte ihren Blick von mir ab. Sie hatte meine Geste bestimmt deuten können.
"Alexa mach das Licht im Wohnzimmer aus", das Licht ging aus und sie zog ihre Beine an. Sie legte ihre Arme auf ihre Knie und stützte ihr Kinn darauf ab. So sah sie wortlos in den Fernseher.
"Also erzähl", unterbrach sie die Stille, während sie weiter in den stummen Fernseher schaute. Ich hatte zwar wahrgenommen was sie sagte, aber es fiel mir schwer ihr eine Antwort zu geben, da ich mich beherrschen musste sie nicht anzufassen.
"Hallo?", sie sah mich mit gehobener Augenbraue an.
"Was willst du wissen?", fragte ich und legte meine Beine hoch, sodass sie sie fast berührten. 'Ein Glück, dass ich so groß bin und dein Sofa so klein', grinste ich in mich hinein. Sie rückte automatisch ein Stück weg, als ob sie mich nicht berühren wollte. Ich verdrehte die Augen.
"Süße, ich bin nicht giftig".
"Wer weiß", antwortete sie. Ich musste lachen. 'Was für ein Sturkopf'.
"Wieso bist du dann hier gemeldet, wenn du nicht hier wohnst?", fragte sie aus dem Nichts. 'Scheiße. Sie hatte meine Akte'. Mein Herz fing an schneller zu schlagen. Jetzt durfte mir nichts falsches ausrutschen.
"War so abgemacht", sagte ich knapp und sah zum Fernseher. Ich spürte ihren durchdringlichen Blick.
"Mit wem abgemacht?", hakte sie nach.
"Helen. Lange Geschichte", ich sah zu ihr.
"Sehr sehr lange Geschichte", fügte ich hinzu. Ich wollte sie nicht anlügen. Auch wenn ich es bei allen anderen musste. Bei ihr nicht. Bei ihr konnte ich das nicht. Sie drehte sich zu mir und sah mich gespannt an.
"Ich hab morgen frei, also hab ich Zeit", sie legte ihren Kopf leicht schief und sah mich erwartungsvoll durch ihre kastanienbraunen Augen an.

Ripped heartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt