Teil 10

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Claire blickte zu mir herüber, sodass ich sie sofort mit einem fiesen Blick abwies, der jedoch nicht durch den Verband hindurch zu erkennen war. ,,Okay, also, wir fangen mit den Armen an." sagte sie und begann damit den Verband an meinem Arm aufzuwickeln. ,,Wieso ist das überhaupt nötig? Die wurden doch erst gewechselt." motzte ich sie an.

,,Schon, aber ich muss überprüfen, ob sich irgendetwas entzündet hat. Tut mir leid, aber das muss sein, noch vor deinem großen Tag morgen." Morgen? Was war denn morgen?! ,,Ich ähm...was..." stotterte ich und spürte, wie mein Herzschlag sich beschleunigte und mein Puls in die Höhe schoss. ,,Eine weitere Hauttransplantation, wir wollen doch das Gesicht so schön wie nur möglich rekonstruieren", sagte ein Arzt, dessen Eintreten ich nicht mitbekommen hatte. ,,Rekons..." ich bekam das Wort nicht zustande ,,Ich verstehe nicht ganz." fügte ich hinzu. ,,Hast du das etwa vergessen?", fragte Claire vom Nachbarbett aus. Wohl eher verdrängt...

Das Wechseln der Verbände brachte wie immer höllische Schmerzen mit sich. Ich wollte schreien und heulen, aber ganz bestimmt nicht vor Claire, die sich an ihrem Mitleid mir gegenüber zu ergötzen schien.  Ich wagte es nicht, auf meine Arme zu starren, oder auf die angeblich so sehr verbrannten Stellen an meinem Körper. Vielleicht übertrieben sie ja nur und es war nicht so schlimm wie sie es sagten oder wie ich es ihrer Erzählung nach zu erwarten hatte. Vielleicht war das nur das verdammte Mitleid mir gegenüber. Den Schmerzen nach zu urteilen hatten sie Recht, aber wie schlimm konnte ich mich denn verbrannt haben? ,,Starr mich verdammt noch mal nicht so an, du Schlampe!", schrie ich, als die Schwester den Verband regelrecht von meiner Haut gerissen hatte. ,,Es tut mir leid, ich wollte nicht...", wimmerte sie endlich wieder eingeschüchtert.
Na, da können wir doch mal sehen, wie stark du wirklich bist, Heulsuse...

Wieso ausgerechnet ich? Wieso nicht jemand, der es verdient hätte, jemand wie Claire. Selbst mit all den Verbänden sah ich noch besser aus als sie, mit ihrer riesigen Nase und den fettigen Haaren. Ich konnte mich jedoch selbst nicht erinnern, wann ich meine zuletzt richtig gewaschen hatte...
Aber das liegt doch alles nur an meiner Situation. Was kann ich schon dafür, wenn diese Idioten an Freunden mich übertragen gesehen in ein monatelanges Koma versetzt haben und die Ärzte zu blöd sind, mich wieder aufzuwecken? Mir soll mal ein Mensch erklären, wie man sich die Haare waschen soll, wenn man sich nicht bewegen kann! Ich habe gerade Wichtigeres zu tun, aber das Miststück liegt nur hier, um sich über mich lustig zu machen!

,,So, für heute wäre alles geschafft, erhole dich ein bisschen, damit du morgen fit bist, um circa acht Uhr wirst du dann fertig gemacht", sagte die Schwester, nachdem sie mich wieder verbunden hatte. ,,Ist das denn wirklich nötig? So sehr habe ich mich doch gar nicht..." ,,Ja, das ist nötig." Unterbrach mich der Arzt und verschwand dann endlich wieder aus dem Zimmer.

Ich hatte wieder die ganze Nacht lang nicht geschlafen, ich machte mir viel zu viele Gedanken.

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