Teil 12

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Ich konnte noch nicht klar genug denken um ihr zu kontern, aber sie war sowieso wieder gegangen. Ich blieb liegen, schließlich hatte ich gar keine andere Wahl und wenn, würde mich auch sonst nirgendwo irgendein Mensch brauchen: Die Welt drehte sich auch ohne mich weiter.

Mit der Klarheit im Kopf schienen auch die Schmerzen wieder zu kommen, höllische Schmerzen, wie ich es nie für möglich gehalten hatte. ,,Krieg ich was von dem verfickten Schmerzmittel?", keuchte ich, denn langsam bekam ich Panik, da der Verband mir die Kehle zuzuschnüren schien. "Wie stark sind deine Schmerzen auf einer Skala von eins bis zehn?"

Endlich schien sich jemand erbarmt zu haben, mir zu helfen. "130", brachte ich angestrengt hervor. "Beruhig dich erstmal, der dicke Verband ist zunächst ungewohnt und auch deine Haut wird sich anders als sonst anfühlen."

Nachdem ich sie weiter beleidigt hatte, erlöste sie mich gnädigerweise von meinen Schmerzen, auch, wenn sie dadurch nicht komplett verschwanden. Trotz allem war der Gedanke daran, dass sich alles in meinem Leben für immer verändert hatte, am allerschlimmsten.

,,Wie geht es dir?", fragte Marco besorgt, als er mich am nächsten Tag besuchte, aber ich brachte nur ein Schluchzen hervor. Ich hasste es, dass ich so viel Mitleid ausströmte und dass es so wirkte, als würde ich mich selbst am meisten bemitleiden, doch das tat ich eigentlich nicht, ich versuchte sogar, die Schmerzen vor allen außer den Schwestern zu verbergen...

"Bitte geh wieder, ich will nicht, dass du mich so siehst." "Wie sehe ich dich denn?", fragte er, als wüsste er es nicht. "Als wäre ich das letzte Häufchen Elend auf diesem Planeten, als wäre meine einzige Aufgabe, zu existieren, damit sich andere besser fühlen und sich denken können, dass ihr Leben nicht so schlimm ist wie meins, dass sie sich ja glücklich schätzen können!", gab ich aufgewühlt zurück. "Das stimmt nicht, ich mag dich wirklich sehr", sagte er ernst, wurde aber zugleich rot. "Soll das jetzt 'ne Anmache sein? Wenn ja, dann hätte ich noch keinen unpassenderen Augenblick als diesen erlebt", paffte ich ihn an, musste jedoch ungewollt grinsen. "Natürlich, weil du auch so unglaublich heiß aussiehst mit deinen ganzen Verbänden", stichelte er. ,,Fick dich doch, du Jungfrau", beleidigte ich ihn, doch er war nicht im Geringsten gekränkt, eher belustigt.

"Ich bin keine Jungfrau", grinste er und wurde wieder rot, wie ein Erstklässler, der einem Mädchen einen Liebesbrief zugesteckt hatte. "Is klar." Ich verdrehte die Augen, dabei war ich die einzige Jungfrau in diesem Zimmer. "Na dann erzähl mal, wer war's bei dir?"

Hat er das jetzt echt gefragt?!

"Das geht dich gar nichts an", sagte ich und sah weg von ihm, aber es machte sowieso keinen Unterschied, ob ich zu ihm, oder woanders hinsah, der Verband in meinem Gesicht hinderte mich daran jegliche Emotionen preiszugeben.

The inner beauty #GlamBookAward19 #JungleAward19 #firebirdaward2019 #iceSplinterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt