Teil 20

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Als ich mal wieder aus einem künstlichen Schlaf aufwachte, sah ich zuerst in Marcos besorgtes Gesicht. Ich fragte mich gerade, warum er wohl so dreinschaute, da fragte er: "Was sollte das denn vorhin?! Wieso hast du das getan?!" Und mir fiel alles wieder ein. Meine furchtbar hässliche Visage. Die Spiegelscherben. Das viele Blut, in dem ich gelegen hatte.

"Weil ich mich hasse und weil ich so nicht leben will!" Eigentlich hatte ich dramatisch laut schreien wollen, um dem Schmerz Platz zu schaffen, doch heraus kam nur ein leises Hauchen. "Nein, Zue. Sag sowas nicht." "Dann frag nicht so dämlich!", schnauzte ich zurück. Er sah mich erschrocken an. "Ähm... Tut mir leid. Du hast ja Recht. Und... wieso hasst du dich auf einmal?" "Weil ich so hässlich bin, du Hohlbirne. Dass es so schlimm ist hätte ich nicht geahnt." "Das stimmt doch gar nicht! Du bist wunder, wunderschön! Du weißt doch: was zählt, ist nicht das Äußere, sondern das Innere." "Marco, du kennst mich doch! Ich bin ein mieses Schwein! Mein Inneres ist noch viel dunkler als mein Äußeres jetzt gerade. Ich war so gemein zu Claire, all die Jahre lang, und dich habe ich auch nicht besonders gut behandelt. Ich habe alles falsch gemacht! Und mit meiner Mutter..." Ich fing an zu schluchzen. "Ach was. Red keinen Unsinn. Ich liebe dich, mein Schatz, und das nur, weil du so ein toller Mensch bist!" Es tat einerseits unglaublich gut, so etwas aus seinem Mund zu hören, doch andererseits konnte ich dieses dahingelogene Zeug nicht glauben. "Ich weiß, du meinst es nur gut mit mir. Ich schätze das. Aber ich kann das nicht glauben. Ich bin einfach nur scheiße, sonst nichts. Ich... Ich..." Verzweifelt sah ich zu dem Fenster, das gerade zum Lüften offen stand. "Entschuldige mich kurz", sagte ich entschlossen, stand auf und schob meinen Freund zur Tür hinaus, wobei ich die frischen Verbände um meine zerschnittenen Arme bemerkte.

Sobald Marco außer Sichtweite war, stürmte ich zum Fenster und setzte mich auf den Rahmen.

Was habe ich noch zu verlieren...?

Ich atmete tief ein und wollte springen, doch eine starke Hand hielt mich zurück und zog mich wieder auf mein Bett, in dem ich schon seit Monaten meine ganze Zeit verbrachte. Das klingt als hätte ich Krebs. Aber so ist es nicht. Es ist schlimmer. "Lass das!", maulte ich Marco an, der wohl gleich wieder in mein Zimmer gekommen war, um mich vor einem dummen Fehler zu bewahren. "Hör du lieber auf, aus irgendwelchen Fenstern zu springen, Dummerchen. Das hier ist das Erdgeschoss", stellte er belustigt fest. "Haha, sehr witzig. Entschuldige mich bitte kurz, ich muss mich noch schnell umbringen." "Das lässt du schön bleiben! Ich liebe dich doch! Außerdem wirst du in ein paar Tagen entlassen und deine Mutter erwartet dich schon sehnsüchtig..." "Ach ja? Warum ist sie mich dann nur ein einziges Mal besuchen gekommen?", wollte ich wissen. "Ich denke... Es ist Zeit, dass du mal wieder mit ihr redest. Sie hat das alles nicht so gemeint." Ich sah ihn mit einem schiefen Blick an und auch, wenn ich ihm kein einziges Wort glaubte, erschien es mir plötzlich unrealistisch, dass ich gerade noch versucht hatte, mein Leben zu beenden, nur weil mein Körper nicht mehr so war, wie ich ihn haben wollte.

The inner beauty #GlamBookAward19 #JungleAward19 #firebirdaward2019 #iceSplinterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt