Highlands: Schrei nach Freiheit

19. Kapitel: Isla

Was ist nur los mit ihm? Ziellos läuft Gordan durch das Lager und lässt den Regen auf sicher niederprasseln. Seine Gedanken kreisen um Aileana und das Gefühl, als sie in seinen Armen lag. Ihr vollen Lippen, die sie so überrascht geöffnet hat, als er ihr Gesicht streicheln wollte. Ihr roten Wangen, wenn sie ihn zornig anschreit. Ihr wilden Locken, die sich so sanft um ihr Gesicht legen. Und ihre Brüste, die sich so hübsch heben, wenn sie heftig atmen muss. 

Verdammter Mist, es reicht. Er muss dringend dieses Weibsbild aus seinem Kopf bekommen, sonst geben seine Männer eine Landesweite Fahndung nach seinen Eiern aus! Wenigstens kommt Sloan MacKenzie mit seinen Männern vorbei und sie planen den Angriff. In drei, vier Tagen werden sie sich dann auf den Weg machen, um die Burg einzunehmen. Er muss sich darauf konzentrieren, denn wenn er nicht nachdenkt, kann es sein dass er nie mehr die Chance bekommen wird, mit Aileana in einem Bett zu schlafen. Sie hat mehr verdient, als ein kleines Lager irgendwo im Wald. Sie hat ein Schloss verdient, Menschen um die sie sich kümmern kann und die sie verehren. Daran, wie die Dorfbewohner von ihr gesprochen haben, hat er gemerkt, dass sie zu mehr bestimmt ist. Sie sollte seine Frau sein, für immer sollte sie nur in seinem Bett liegen und sich von ihm lieben lassen. Er läuft grade an der Hütte mit den unverheirateten Frauen vorbei, als eine leise Stimme seinen Namen ruft. Er dreht sich um und erkennt Isla an der Tür stehen. Sie hat sich ihm schon einige Male hingegeben und erhofft sich mehr von ihrer Verbindung, obwohl er immer ehrlich zu ihr gewesen war. Aber welches Mädchen denkt nicht, dass sie ihn umstimmen kann? Mit schwingenden Hüften kommt sie auf ihn zugelaufen und stellt sich neben ihn unter den kleinen Dachvorsprung. Ihre blonden Haare sind zu einem strengen Dutt nach hinten gebunden. Ihre Lippen sind schmal und ihre Augen schlammbraun. Früher fand er sie ziemlich hübsch, aber wenn er sie mit Aileana vergleicht, wirkt sie wie ein Grashalm gegenüber einer schönen Blume. Nicht hässlich, aber schlichtweg langweilig.

Sie lächelt verführerisch und streicht ihm mit ihrer schmalen Hand über seine Brust. "Hallo mein Schöner, bist du hergekommen um mich in deine Hütte zu entführen?" Leise schnurrt sie ihm das ins Ohr, während sie sich lasziv an ihm reibt. Er nimmt ihre Hände und drückt sie sanft von sich weg. "Entschuldige Isla, aber das wird nichts mehr. Wir müssen das beenden!" Isla sieht ihn ungläubig an und läuft vor Wut rot an. Sie reißt sich von ihm los und baut sich vor ihm auf. Ihe Hände stemmt sie in die Hüfte und funkelt ihn böse an: "Wie kannst du es wagen? Ich hab dir alles gegeben und so dankst du es mir? Du Hurenbock! Liegt es an der kleinen Schlampe in deiner Hütte? Willst du sie jetzt lieber ficken? Und mich lässt du fallen? DU Hurenbock!" Gordan schaut sie nur entsetzt an und sagt dann leise zu ihr: "Wenn ich bedenke, dass ich dich gefickt habe, bist du ja dann die Hure!" Mit einem wütenden Aufschrei stürzt sie sich auf ihn und fängt an, auf ihn einzuschlagen. "Ich hasse dich. Ich hasse dich und ich werde dich zerstören!" Ihre Stimme dringt schrill durch alles durch und nun hat auch der letzte von ihrem Gespräch mitbekommen. Er schnappt sie und drückt sie eng an, während er ihr mit der anderen Hand den Mund zuhält: "Sei jetzt leise, das muss nicht jeder mitbekommen! Ich hab nie gesagt, dass das mit uns was ernstes ist. Und du hast immer bereitwillig die Beine breit gemacht. Es tut mir leid, aber es ist aus." Er lässt sie los und geht wortlos weg, während sie ihm Verwünschungen hinterherschreit: "Das wird du bereuen, Gordan MacKay. Du wirst dir wünschen, mich nie getroffen zu haben!"

Gordan läuft weiter und schüttelt sich genervt das Wasser aus den Augen. Was ist nur mit den Weibsbildern los? Er will doch nur seine Ruhe haben. Er läuft auf seine Hütte zu, bleibt aber abrupt stehen. Aileana liegt da ja noch drin und hat sicher Islas Ausbruch mitbekommen. Darauf kann er jetzt echt verzichten. Er dreht sich einmal um sich herum und sieht Gregs Hütte. Perfekt, er hat ein extra Bett drin stehen, da wird er ausruhen können und morgen dann den Deal mit Sloan ausarbeiten. Und hoffentlich wird dann alles ruhiger.

Isla kocht vor Wut. Wie kann er es wagen, sie einfach abzuservieren? Sie hat nicht umsonst die Beine breit gemacht. Sie will die Lady von Borve Castle werden und nicht als Küchenmagd enden. Sie wird bekommen, was sie will und wenn es bedeutet, dass sie sich mit Griffyth verbünden muss, wird sie das tun. In ihr fließt royales Blut und so eine Bauernschlampe wird ihr nicht den Mann wegnehmen. Sie hat ein Ziel und dieses Ziel wird sie erreichen, koste es was es wolle.

Der nächste Morgen zeigt sich von seiner besten Seite. Die Sonne scheint auf das Lager und erhellt den durchnässten Lagerplatz. Langsam wacht das Lager auf und jeder geht seinen Pflichten nach. Aileana wird durch leises Klopfen an der Tür geweckt. Ronna schlüpft rein und bringt ihr eine große Schale Porridge mit. "Hast du Isla gestern schreien gehört?" Aileana schlingt das Porridge runter und schüttelt den Kopf: "Wasch war denn?" nuschelt sie und schluckt dann runter. "Isla hatte ein paar Mal was mit Gordan, aber gestern hat er sie abserviert. Sie ist voll ausgerastet und weigert sich, aus der Hütte zu kommen. Was ist das denn für ne hysterische Ziege." Ronna lacht und schüttelt dann Aileana leicht an der Schulter: "Mädchen, er hat sie wegen dir abserviert! Gibts denn denn noch ein offensichtlicheres Zeichen?" Aileana schüttelt den Kopf und fängt leise an zu lachen, während Ronna durch den Raum tanzt und das ein oder andere wegräumt. "Gordan braucht unbedingt ne Frau! Schau dir mal den Schweinestall an! Aber wir müssen dich anziehen und hübsch machen. Heute kommt Sloan und sie wollen den Angriff auf Griffyth planen. Also komm Süße, wir haben nicht ewig Zeit dich herzurichten."

Während Ronna an Aileana rumzupft und ihr die Haare flechtet, versucht Aileana, sich den Mieder zu schnüren. Geschickt schnürt sie sich den Busen nach oben und zieht einen Rock mit Kiltmuster an. Ronna ist fertig und schwingt ihren langen Zopf über ihre Schulter und drapiert ihn ihr über der Brust: "So, jetzt siehst du vorzeigbar aus. Ich geh Iain holen, dass er dich raus trägt." Sie errötet, während sie seinen Namen sagt und springt raus. Kopfschüttelnd streicht Aileana sich die Kleidung glatt und schüttelt grinsend den Kopf. Mit dem Mädchen wird es wohl nie langweilig werden, wenn sie immer so aufgedreht ist. Sie hört, wie jemand den Raum betritt und hebt erstaunt den Kopf. 

Langsam läuft ihr Vater auf sie zu und setzt sich neben sie auf das Bett. Er war gealtert, seit dem sie entführt worden war, aber sein Gang war so stolz wie eh und je. Nur ein paar Falten zieren sein braun gebranntes Gesicht und eine strenge Aura umgibt ihn. Wortlos zieht er sie auf seinen Schoß und wiegt sie vor und zurück. "Ich hatte solche Angst um dich, meine Lassie. Pass auf dich auf, ich kann dich nicht nochmal verlieren." Tränen steigen ihm in die Augen und er zieht sie noch näher. Aileana drückt ihren Vater näher an sich ran und vergießt ein paar Tränen an seine Schulter. "Ich werde auf mich aufpassen, Pa und irgendwann wird alles wieder normal!"Ihr Vater räuspert sich und drückt sie ein Stück von sich: "So Lassie, ich bring dich raus, dann kannst du die anderen Mal kennenlernen." Er hebt sie hoch und stellt sie vorsichtig ab. Aufeinander gestützt bringt er sie raus und setzt sie ans Lagerfeuer. "Bleib hier." "Mit dem Fuß komm ich auch nicht besonders weit!" Grinsend geht ihr Vater weg und Aileana bleibt alleine am Feuer sitzen und bestaunt die tanzenden Flammen. Jetzt grade war eigentlich alles gut. Ihren Geschwistern und ihrem Vater geht es gut, sie ist gesund, bis auf ihren Knöchel und natürlich Callum. Was wohl wäre, wenn er noch am Leben wäre? Würde er neben ihr sitzen? Würde sie sich so zu Gordan hingezogen fühlen, wenn Callum noch wäre? Aber dieses was wäre wenn bringt sie auch nicht weiter. Hat Gordan wirklich mit dieser Isla Schluss gemacht wegen ihr?

Die Bank gibt etwas nach und Gordan setzt sich neben sie: "Guten Morgen.Wie geht es dir?", "Ähm ja, ganz gut danke." Die beiden schweigen sich an, bis Gordan tief Luft holt: "Ich muss mit dir etwas bereden. Ich weiß, wir kennen uns nicht lange, aber das will ich ändern..." Bevor er weiterreden kann, wird er von einem lauten Horn unterbrochen. Die Kinder kommen angerannt und schreien laut rum: "Sloan kommt, Sloan, endlich!!"