27. Kapitel: Kampf

3.7K 176 4
                                    

Fionola gibt ihrem Pferd die Sporen. Rasch treibt sie es durch das Dorf vor Borve Castle. Vor ihr ragen die Türme düster auf und werfen einen dunklen Schatten auf die Wartenden vor dem Tor. Eine seltsame Stimmung liegt in der Luft- vermutlich wartet jeder darauf, dass sie bald angegriffen werden. Kaum Kinder sind auf der Straße und die Frauen hetzen von einem Ort zum anderen.
Fionola steigt ab und führt ihr Pferd zu einer der wartenden Wachen. Sie versucht freundlich zu lächeln, bringt aber nur ein schiefes Grinsen zustande. "Mein Herr, ich erbitte mir Einlass. Mein Dorf wurde von Outlaws überfallen und nur wenige haben überlebt. Ich will den großen Laird um Schutz ersuchen." Die Wache scheint ihr nicht richtig zuzuhören und starrt ihre Brüste an. Ohne weiteres winkt er sie weiter und wendet sich dem nächsten zu. Ein triumphierendes Grinsen schleicht sich auf ihr Gesicht, dass sie schnell wieder fallen lässt- sie muss unschuldig und traurig aussehen!

Sie eilt zu den Ställen und gibt ihr Pferd einem der Burschen, der dort wartet. Sie schnappt sich die Tasche und läuft in Richtung der Küche. Sie muss sich mit der Umgebung vertraut machen, sonst könnte sie heute Abend zu spät sein. Das Gift schlägt ihr gegen die Brüste und ein verschlagenes Lächeln bildet sich auf ihrem Mund. Nein, dieses Gift würde die Männer nicht töten, nur schwächen. Und diese Zeit würde sie nutzen, um das Tor zu öffnen und Sloan und die anderen reinzulassen. Wenn alles klar geht, werden sie morgen früh gesiegt haben. Schnell eilt sie zu einer der Mägde und fragt sie vorsichtig aus, wo alle Gebäude sind. Freundlich hilft ihr die ältere Frau und erklärt ihr, wo alles ist. Dann schickt sie sie zur Küche, denn so ein dünnes Ding muss erst Mal was essen! Fionola schaut die Frau erstaunt an. Wie kann sie nur so freundlich sein, wenn sie zu Griffyth gehört? In der Küche wird sie freundlich von den anderen begrüßt und ein junges Mädchen bringt ihr Brot, Käse und einen großen Becher mit Milch. Freundlich plappern die Frauen, aber irgendwann wird es still. Eine junge Frau betritt den Raum und starrt auf die anderen nieder. "Wieso ist mein Tee kalt? Und wo bleibt mein Gebäck? Ihr nichtsnutzigen Dinger, euch werde ich Beine machen, sobald ich Lady von Borve Castle bin!" Sie rauscht raus und hinterlässt eine schwere Stille, die auf alle drückt. "Wer zur Hölle war das denn?" Während ein Mädchen Gebäck zusammen sucht, richtet ein anderes den Teekessel. Die ältere Frau schaut sie traurig an und setzt sich dann zu ihr. "Das war die neue Hure des Lairds. Sie denkt sie sei was besseres als wir, aber sie ist nur eine dreckige Verräterin. Wenn die Gerüchte stimmen, sollte Gordan MacKay herkommen und uns von Griffyth befreien. Ach, er war ja so ein lieber Junge früher. Aber jetzt... jetzt können wir nur beten." Betroffen schaut Fionola sie an und ein Lächeln huscht über ihr Gesicht: "Bitte beantwortet mir diese Frage: Seid ihr Gordan treu ergeben?" Die alte Frau lächelt und Fionola schnappt sich ihre Hand und zieht sie aus der Küche. "Ich brauche deine Hilfe. Ich muss wissen, wer heute Abend Wachdienst hat." Zusammen laufen die beiden los und bereden, wie sie das Gift den wachhabenden Männern unterjubeln können und wie sie am besten das Tor öffnen.
 

Langsam dämmert es und Fionola läuft mit einem dampfenden Topf zu den Wachen. Maggie, die alte Frau, hatte alle Frauen eingeweiht, denen zu trauen war. Neben Fionola laufen vier junge Mädchen, die schon öfter den Wachen zu Dienst waren. Nicht weil sie wollte, sondern weil sie gezwungen wurden. Aber heute würden sie sich freiwillig hingeben. Sie haben das Gift auf ihren Brustwarzen verteilt und würden die Wachen schon bald ins Land der Träume schicken. Die fünf jungen Frauen kommen zu den Wachen und stellen den Dampfenden Topf auf den Tisch. Schnell verlässt Fionola den Raum und sieht nur noch, wie die jungen Mädchen sich aufreizend an den Männern reiben. Der erste spielt schon an den Brüsten der Frau rum und fängt an, die Brustwarze abzulecken. Sie beobachtet, wie die Männer immer wollüstiger werden und dann einer nach dem anderen umfällt.
Die jungen Frauen schließen ihre Mieder und kommen mit einem vollen Teller essen für jede raus: "So, wäre ja schade, dass gute Essen zu vergeuden. Außerdem soll das denen eine Lehre sein!"
Sie eilen zum Tor und treffen dort auf die anderen Frauen. Die Frauen sind mit Messern, Schürhaken, Nudelhölzern und allem, was es in der Küche noch gab, bewaffnet. Sie hatten genug von den Söldnern, die sie rumkommandierten und vergewaltigten und jede war dazu bereit, sich zu wehren.

Leise klopft Fionola gegen das Tor und wartet auf eine Antwort. Aber es kommt keine. Sie klopft nochmal energischer und bekommt wieder keine Antwort. Angstvoll starren die Frauen sie an und Fionola gibt der Tür einen wütenden Tritt. "Wir warten noch zehn Minuten, wenn dann nichts kommt, ziehen wir das alleine durch." Bangend stehen die Frauen an der Tür und kurz bevor die 10 Minuten um sind, hören sie ein leises Klopfen an dem Tor. Sofort entriegeln sie es und erkennen eine Schar von Männern vor dem Tor. Ganz vorne sitzt Gordan und Sloan auf ihren Pferden. Entgeistert bleiben sie sitzen und starren die Frauen an, die vor ihnen stehen. Fionola läuft auf ihren Bruder zu und schlägt gegen sein Bein: "Wo warst du Hornochse so lange?!" Er grinst nur und reicht ihr eine Hose. "Zieh dich um, wir brauchen jeden Mann" mit einem Blick auf die bewaffneten Frauen räuspert er sich: "Und Frauen." Fionola zieht sich die Hose unter das Kleid und reißt sich den Rock weg. Ein Schwert wird ihr gereicht und sie bindet sich mit einem Lederband die Haare zusammen. Sie kehrt grade zu den Männern zurück, als ein Horn alle zusammenzucken lässt. Sloan grinst nur und zieht sein Schwert: "Für die Freiheit!" Und wie aus einer Kehle schreien Männer und Frauen: "Freiheit!"

Aus allen Gebäuden kommen Männer gestürmt. Einige sehen sehr betrunken aus, denn die Frauen hatten vorgesorgt und das Essen mit viel Whiskey verfeinert. Sloan stürmt auf den ersten zu und treibt sein Schwert tief in seinen Körper. Das waren keine richtigen Krieger, sondern Söldner. Und jeder Highlandkrieger ist fünf von ihnen wert. Er sieht zu Gordan, der sich einen hitzigen Kampf mit einem Mann liefert. Gordan braucht keine Hilfe, aber wo ist Fionola? Er sucht sie und entdeckt sie mit zwei Frauen, wie sie zusammen einem Nudelholz und einer Pfanne auf einen der Männer einprügeln.  Da kann man ja fast schon Mitleid haben. Er dreht sich einmal im Kreis und sucht nach Griffyth. Wo war dieser feige Hund? Er läuft zu Gordan und zieht ihn mit sich. Gemeinsam laufen sie zum Wohnturm und hinterlassen eine Schneise an toten Körpern. Der Kampf ist riesig, Metall knallt auf Metall, der dumpfe Klang, wenn ein Körper zu Boden geht, die Schreie der Verwundeten. Sloan schlägt Gordan auf die Schulter und drängt ihn in Richtung des Thronsaals: "Du musst Griffyth töten! Erst dann hat das alles ein Ende!"

Griffyth steht in seinem Gemach und schaut auf den Kampf hinab. Sein Körper zittert vor Wut und fahrig legt er seine Rüstung an. Er würde Gordan für dieses Verrat töten! Er schnappt sich sein Schwert und rennt in Richtung Thronsaal, denn dort würde der Verräter sicher sein und mit seiner Macht liebäugeln. Aber das würde er nicht lange machen.
Im Thronsaal angekommen entdeckt er einen Mann , der mit dem Rücken zu ihm steht. Mit einem Schrei rennt er auf ihn zu und dieser dreht sich im letzten Moment um und pariert den Schlag. "Gordan du Hundesohn. Wie kannst du es wagen?" Die beiden Männer fangen an zu kämpfen, nichts ist zu hören außer ihr Atem und das Klirren der Schwerter. Gordan ist der bessere Kämpfer, aber Griffyths Wahnsinn gibt ihm ungemeine Kräfte. Sie kämpfen und keiner kommt an den anderen richtig ran. Irgendwann stolpert Gordan und Griffyth schmeißt ihn zu Boden. Er kniet sich über ihn und erhebt sein Schwert. Die Welt scheint still zu stehen.

In dem Moment in dem Griffyth das Schwert auf ihn niedersausen lässt dreht sich Gordan unter ihm weg, steht auf und hält ihm sein Messer an den Hals: "Es ist vorbei Griffyth. Du wurdest besiegt." Griffyth stößt einen unmenschlichen Schrei aus, nimmt sein Schwert und rammt es sich in den Bauch. Er fällt zusammen und eine Träne läuft über seine Wange: "Fiona, Geliebte, ich komme zu dir. Geliebte." Sein Gesicht verzieht sich zu einem glücklichen Lächeln und er schließt für immer die Augen.

Highlands: Schrei nach FreiheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt