13. Kapitel

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13. Kapitel
Ich wachte heute nicht durch meinen Handy Wecker auf, nein, ich schlich schon seit mindestens einer Stunde durch Rhydians Zimmer und in meinem Kopf ratterten tausend Zahnräder.
Ich dachte viel über Miss Elliner nach, wobei mir immer wieder leise Tränen über die Wangen rollten. Mittlerweile war mein Gesicht verklebt und mein Kopf drohte zu explodieren.
Ich fragte mich was ich tun sollte, was ich in meiner Zukunft verändern sollte, so, dass endlich wieder alles gut werden würde. Das ich wieder normal leben, normal fühlen, könnte.
Doch ich kam zu keiner Lösung. Da waren einfach zu viele Fragen auf die ich keine Antwort hatte und wenn ich dann doch einmal etwas herausfand, war es als würden 100 weitere Fragen auf diese kleine Antwort folgen. Es war hoffnungslos.
Wie ein Teufelskreis zogen sich meine Gedanken. Von Maria und Nicolas, zu Maeva und meinen wahren Eltern, zu Miss Elliner und schließlich auch zu Rhydian, der doch irgendwie auch mit drin hing in all dem Schlamassel, auch wenn er davon keine Ahnung hatte.
Wo er gerade wohl ist? Fragte ich mich, und unweigerlich auch, ob er sooft an mich dachte wie ich an ihn. Wie sollte ich ihm das mit dem Armband und Maeva und all dem erzählen, wenn er nicht da war?

Seufzend schob ich die Gedanken vorerst beiseite und machte mich im Badezimmer, das wie zu erwarten luxuriös war, fertig.

„Meine Sachen hole ich nach der Schule, ich gehe wieder nach Hause" sagte ich als Josh und ich zusammen frühstückten. Er verschlang schon sein 3. Brötchen, während ich noch in meiner halbleeren Müslischüssel herumrührte. Ich hatte einfach keinen Appetit, den hatte ich schon lange nicht mehr wirklich.

Nachdem ich wieder allein in die Schule gefahren war, kam mir dort Sabrina entgegen.
„Hör zu Siana, ich weiß ja, dass ihr dieses Theater Teil zusammen macht, aber du hältst dich gefälligst von Jason fern. Ein für alle Mal, verstehen wir uns jetzt Evans?" fauchte sie.
Ich überlegte mir eine schlagfertige Antwort, als Jason gerade hinter Miss-ich-bin-die-Tollste auftauchte.
Dann lassen wir mal Taten sprechen.
„Willst du wissen was ich davon halte, Sabrina?" fragte ich sarkastisch.
Zielstrebig lief ich zu Jason und schlang meine Arme um seinen Hals.
Fordernd drückte ich meine Lippen auf seine und er erwiderte den Kuss augenblicklich.
Ich hörte ein überraschtes und auch wütendes Schnauben von Sabrina und schlug die Augen auf.
Ich küsste Jason einfach weiter, während ich ihr triumphierend in die Augen sah und ihr den Mittelfinger zeigte.
Als dann Jason auch noch ein entspanntes Stöhnen von sich gab rauschte sie mit einem unbezahlbaren Gesichtsausdruck ab. Ha! Gewonnen.
Sobald sie uns nicht mehr sehen konnte löste ich mich rasch von Jason der mich überrascht ansah.
„Womit hab ich denn das verdient?" fragte er kokett.
„Sehe es als eine Art Vorgeschmack" flüsterte ich ihm ins Ohr ehe ich mich auch von ihm abwandte und in Richtung Klassenzimmer schritt.
„Moment mal, seid ihr jetzt ein Paar?" fragte mich Lilly verdutzt, die plötzlich neben mir aufgetaucht war.
„Nein! Ich würde nieeeemals mit Jason Klark gehen." Sagte ich bestimmt.
„Was ist das dann? Sowas wie Freundschaft plus oder wie?" es war wohl eher ein Witz doch ich staunte wie sehr Freundschaft Plus zu meinem momentanen Beziehungsstatus passte, natürlich neben ‚es ist kompliziert'.
„Bingo" sagte ich nur und Lilly stolperte über ihre eigenen Beine, doch bevor sie zu Boden gehen konnte krallte sie sich an mir fest und ich zog sie nach oben
„Alles klar bei dir?" fragte ich.
„Du und Freundschaft Plus mit Jason Klark, eigentlich sollte ich nicht nur stolpern sondern gleich die ganze Logik mit mir zu Boden reißen!" brabbelte sie nervös „Liebst du ihn denn? Und ist Rhydian jetzt wieder frei?" fragte sie aufgeregt weiter
„Nein, nein ich liebe ihn nicht." Gab ich wie selbstverständlich von mir. Es war keine Liebe, ich fand in heiß, keine Frage und ich fand ihn wirklich gut. Küssen konnte er auch, was sprach also gegen Freundschaft Plus?
„Und mit Rhydian musst du mir nicht ankommen, hör zu ich weiß das du auf ihn stehst und mir ist er egal also mach was du willst.
„Ist also wirklich so ein Freundschaft Plus Ding oder?" hakte sie seufzend noch einmal nach
„Jap" sagte ich noch bevor wir uns in die Klasse begaben und den weisen Worten unseres Lehrers lauschen mussten. (Ironie, versteht sich)

Als ich nach der Schule einen Abstecher zu Josh gemacht hatte um meine Sachen zu holen, stand ich abermals mit zitternden Händen vor unserer Haustüre.
Das Testament hatte ich ebenfalls schon beim Rathaus abgegeben um etwas Zeit vergehen zu lassen.
Als ich mich dazu überwand aufzuschließen kamen mir Maria und dieses Mal auch Nicolas entgegen.
„Gott sei Dank, du bist wieder da!" sagte Maria und schloss mich in eine innige Umarmung. Es tat gut, wieder Zuhause zu sein, auch wenn ich gerade einmal zwei Nächte weg war. Ich hatte das einfach gebraucht.
Langsam schritt ich die Wendeltreppe nach oben in mein Zimmer, als ich meine Tasche verstaut hatte, sah ich es mir einfach nur an. Mein Zimmer, mein Rückzugsort, mein Zuhause. Ich kannte jeden Winkel und jeden Ort an dem man etwas verstecken konnte. So wie unter der Diele neben meinem Nachttisch, wo ich als kleines Kind immer meine Tagebücher versteckt hatte und in kleinen Tupper boxen manchmal auch ein paar Süßigkeiten. So viele Erinnerungen lagen in diesem kleinen Raum.
Doch es fehlte etwas. Es roch... normal. Nicht nach Lavendel. Ich sah auf meine geliebte Vase, die auf meinem Nachttisch stand. Sie war leer. Es scheint mir als würde diese leere Vase ein Loch in die perfekte kleine Welt reißen in der sich mein Zimmer befand, in der ich immer gelebt hatte.
Aber nichts mehr war perfekt, alles war ruiniert. Kalte Wut umwob mein Herz wie einen dunklen Schleier und ich packte die Vase und schmetterte sie auf den Boden.
Sie zersprang in tausend kleine Stücke die klirrend zu Boden gingen, ein Schrei entfuhr mir, der so schmerzzerrissen war, der einfach alles herauslies. All die Lasten, all die Trauer und die Tränen, die in der letzten Zeit viel zu oft tiefe Furchen in mein sonst immer lächelndes Gesicht fraßen, die mein Leben so aus der Bahn warfen. Ich ließ einfach alles raus und sank neben dem Scherbenhaufen, der mein Leben gerade so wunderbar repräsentierte, auf die Knie.
Ich schrie immer weiter, unter heißen Tränen die drohten mein Gesicht zu verbrennen
„Nein! Nein! Nein!!!" schrie ich.

„Siana! Ist alles in Ordnung ich habe was fallen gehört und dann hast du geschrien!" Maria war hinter mir aufgetaucht, anstatt ihr zu antworten wand ich mich um und sah sie einfach nur an. Immer noch liefen die Tränen über mein Gesicht, die einfach nicht versiegen wollten.
„Ach du Liebe Güte, mein Kind!" sagte sie entsetzt als sie den Scherbenhaufen sah. Sie kam auf mich zu und zog mich auf mein Bett. Sie schloss mich in ihre Arme und ich heulte unentwegt weiter. In meinem inneren tobte es und ich hatte das Gefühl gleich einfach zusammen zu brechen und nie wieder aufstehen zu können.
„Ich kann nicht mehr! Ich kann einfach nicht mehr!"
„Sch, schon gut, ich bin da." Gab Maria beruhigend von sich und streichelte mir über den Kopf. Es half, schon bald hatte ich mich beruhigt und Nicolas räumte die Scherben weg, während ich mich unten auf der Couch an Maria kuschelte.
Nicolas stieß dann zu uns und wir saßen einfach nur auf der Couch und waren schon fast wie eine Familie, doch ich wusste es besser.

Nachdem wir zu Mittag gegessen hatten, sprachen wir über das Testament.
Ich hatte meine Fassung wieder und die gefühllose Siana hatte übernommen.
Nicolas tätigte einige Anrufe und Maria versprach mir dass alles unter meinen Bedingungen laufen würde. Was hieß: Alles bleibt wo es ist.
Als wir dann unsere Besprechungen endlich beendet hatten und ich mich gerade auf den Weg in mein Zimmer machte, klingelte es an der Tür.
„Ich geh schon!" rief ich als Maria Anstalten zu machen schien, den Esstisch zu umrunden.
„Danke, mein Liebling" sagte sie
Ich öffnete die Tür und war geschockt über die Person die dort stand.
„Hi" Ich wollte sagen, doch es blieb mir im Hals stecken.
„Wer ist da Liebling?" rief Maria vom Esszimmer aus.
„Es ist Julia!" log ich. Endlich hatte ich meine Stimme gefunden.
„Ich wusste ja gar nicht, dass ich meinen Namen geändert habe!"
„Schon gut, jetzt Maeva, warum bist du denn hier? Was wenn dich jemand sieht?"
„Ich bin Julia, schon vergessen?" kicherte sie „Außerdem habe ich ein hübsches Geschenk für dich, na los, komm mit!"
Heute trug sie wieder eines dieser Tücher, es war schwarz und verdeckte eindeutig mehr als das weiße von unserer ersten Begegnung. Ihre Haare waren wieder in einer komplizierten Frisur arrangiert und einzelne Locken fielen ihr vorn ins Gesicht, in denen kleine Perlen eingewoben waren.
„Ein Geschenk?" hakte ich dann nach
„Siana, wollt ihr nicht reinkommen?" rief Nicolas nun
„Ähm, wir gehen ein bisschen raus ich brauche etwas frische Luft." Stotterte ich
„Ist gut, nicht zu lange okay?"
„Geht klar" Ich zog die Tür hinter mir zu und scheuchte Maeva hinters Haus
„Wohin willst du?" fragte ich sie flüsternd
„Zum Moonlight Lake!"


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