Kapitel 16

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„Angelica! Wo ist mein Bogen?!“ schrie ich über das komplette Deck und für eine kurze Zeit ruhten alle Blicke der Piraten auf mir. Aber auch wirklich nur für kurze Zeit, denn gleich darauf gingen sie wieder ihrer Arbeit nach.

Es war schon das vierte Mal, dass Angelica einfach meinen Bogen genommen hatte und ihn irgendwo versteckt hatte. Doch anstatt ich das Lachen von Angelica hörte, hörte ich hinter mir Jacks Stimme sagen: „Angelica hat ihn nicht. Die Sehne ist beinahe gerissen und da hab ich eine neue dran gemacht. Hier, bitte.“

Verdammt.

Ich drehte mich zu ihm um, gab ein einfaches ‚Danke‘ als Antwort, nahm den Bogen an mich, drehte mich wieder weg und schwang mich ans Deck der Dutchman.

Seit dem Vorfall mit Piontro sind jetzt schon fünf Wochen vergangen und Jack und ich haben uns immer weiter voneinander distanziert. Naja, eigentlich war ich es eher, die sich distanzierte. Seit diesem Traum hatte ich einfach panische Angst, dass Piontro Jack etwas antun könnte und wenn wir es genau betrachten ist Jack meine Schwäche. Ich würde lieber sterben, als ihn leiden zu sehen. Die meiste Zeit verbrachte ich bei Will und seiner Crew, nur zum schlafen ging ich in das Krähennest der Pearl.

„Na, wieder da?“ holte mich Will aus meinen Gedanken und lächelte mich breit an. Ich erwiderte es und antwortete fröhlich: „Ich kleb jetzt an dir wie ein Kaugummi.“ Will blickte mich verwirrt an und fragte dann: „Was ist ein Kaugummi?“ Ich musste lachen und sagte ihm, dass er es vergessen sollte, worauf er auch anfing zu lachen. Will ging wieder Befehle erteilen und ich blickte kurz zu Jack herüber, neben ihm Angelica und – meiner Meinung nach – viel zu nah. Ich ballte meine Hände zu Fäusten und zog meine Augenbrauen zusammen.

Ja, ich war eifersüchtig, es brachte nichts, dass zu leugnen. Aber hey, das ist doch nur menschlich. Wobei ich langsam fand, dass ich nicht mehr ganz so menschlich war, wie ich es mir gewünscht hatte. Die Tatsachen, dass ich mit Piontro – einem Wesen aus der Hölle – verbunden war und dass ich auserwählt wurde die Rolle einer Gottheit zu übernehmen ließen mich schon daran zweifeln.

Angelica warf mir einen kurzen Seitenblick zu und schmiss sich dann Jack um den Hals. Der guckte etwas verwirrt, erwiderte dann jedoch ihre Umarmung. Ich spürte wie die Eifersucht in mir brodelte und jetzt mischte sich auch noch Wut hinzu. Was bildet diese blöde Mistkuh sich eigentlich ein?!  Meine Hände waren schon längst zu Fäusten geballt und ich drückte so fest zu, dass sich meine Fingernägel in meine Haut bohrten.

In den letzten fünf Wochen hatte ich öfters mit Mare gesprochen und hatte herausgefunden, dass ich – natürlich nur durch sie – ein paar Tricks auf Lager hatte. Und ich würde mindestens einen mal ausprobieren.

Ich konzentrierte mich auf Angelica und sah kurze Zeit später einen nicht schwer zu erkennenden Nebel um sie herum wabern. Mare hat mir gesagt, dass sei die Seele der Menschen und je durchsichtiger sie war, desto reiner war sie. Angelicas Seele war davon weit entfernt. Mare hatte mir auch gesagt, dass ich die Seele von anderen Menschen verformen kann und ihnen somit Schmerzen zufügen konnte. Eigentlich wusste ich, dass das nicht gerade sehr nett war, jedoch war ich in diesem Augenblick so eifersüchtig und auch sauer, dass es sich einfach richtig anfühlte.

Langsam begann ich Angelicas Seele zu fixieren und als ich glaubte, sie im Griff zu haben formte ich sie in Gedanken um. Und tatsächlich bewegte sich da was. Der wabernde Nebel wurde auf einmal ganz starr und verformte sich dann zu dem erstbesten was mir einfiel: Ein Schwert, das in Angelicas Rücken steckt.

Augenblicklich stieß Angelica Jack von sich weg, fiel zu Boden und reckte sich total verkrampft. Man merkte ihr an, dass sie versuchte nicht vor Schmerzen zu schreien, jedoch kamen immer wieder kleine Schreie aus ihrem Mund.

Fluch der Karibik - Liebliche GefahrenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt