Kapitel 9

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>>Du bleibst hier!<< schrie Jack mich nun an. >>Nein!<< schrie ich zurück. Seit wir auf der Insel waren, hatte Jack sich nach einem sicherem Versteck für mich umgeschaut. Irgendwie fand ich das ja süß, aber sollte ich nicht wenigstens wissen, wer dieser Piontro ist und vor allem, was seine Schwachstellen sind? Und die kann ich ja schlecht herausfinden, wenn ich mich irgendwo verstecke und darum bete, dass dieser Piontro nicht wirklich so schlimm ist wie alle sagen und Jack nichts passiert, oder?

>>Nein, ich bleib nicht hier! Und ich hab auch keine Lust, das jetzt zu diskutieren!<< sagte ich dann ruhig und stapfte an Jack vorbei zu Will, der alles seelenruhig beobachtet hat. Wir hatten abgemacht, in dreiergruppen die Insel zu erkunden, damit es schneller ging und ich wurde halt mit Will und Jack in eine Gruppe gepackt.

Hinter mir hörte ich Jack einmal laut schnauben und dann in eine andere Richtung stapfen. Na gut. Von mir aus! >>Er macht sich Sorgen, weißt du?<< hörte ich Will sagen. >>Ja, aber ich soll Piontro doch töten. Und das kann ich nicht, wenn ich noch nicht mal in seiner Nähe bin, oder?<< giftete ich Will an. Der hob abwehrend seine Hände und sagte: >>Whoa, ganz ruhig. Ich hab dir nichts getan. Ich bin ja ganz deiner Meinung.<< >>Sorry, ich bin nur etwas aufgeregt.<< >>Nicht schlimm, dass sind wir alle.<< Der Pirat grinste mich breit an und entlockte mir so auch ein kleines Lächeln. Er brachte es echt immer wieder zustande, dass ich mich besser fühlte.

Zusammen machten wir uns dann auf die Suche nach Jack, der jetzt irgendwo herumirrte. Als wir nach einer Weile nichts fanden, beschlossen wir uns zu trennen und alleine nach Jack zu suchen. Nach ungefähr einer Stunde hatte ich Jack immer noch nicht gefunden und hoffte, dass es Will besser erging, denn ich hatte mich hoffnungslos verlaufen.

Dann hörte ich etwas. Jemand sang. Ich folgte dem Gesang und fand mich in einer schmalen Seitengasse wieder, die an einer Mauer endete. Auf dieser Mauer saß ein Mädchen mit wunderschöner Stimme. Sie saß mit dem Rücken zu mir und das was sie da sang,  war nicht mehr als eine Melodie, doch diese Melodie kam mir so verdammt vertraut vor. Eigentlich wollte ich wieder zurück gehen, damit ich das Mädchen nicht störte, doch meine Beine gehorchten mir nicht mehr und alles andere auch nicht.

So stand ich einfach nur da, und hörte dieser Melodie zu, welche sich unweigerlich in mein Gedächtnis einbrannte. Irgendwann hörte das Mädchen auf zu singen und sagte mit ebenso melodischer Stimme: >>Eine schöne Melodie, nicht wahr Elisabeth Burrows?<< Ich stutzte. Woher kannte sie meinen Namen. >>Wer bist du?<< stellte ich die Gegenfrage. Das Mädchen lachte leise. Sogar ihr Lachen klang wie eine wunderschöne Melodie. >>Nicht wer, sondern was.<< antwortete das Mädchen und drehte sich zu mir herum und sprang von der Mauer. Schon wieder stutzte ich. Sie war wunderschön: Sie war schlank, groß, hatte die perfekten Maße und ihre langen braunen Haare fielen in leichten Wellen über ihre Schultern. Ihr Gesicht war ein Kunstwerk für sich, volle, geschwungene Lippen, kleine Stupsnase und strahlend Türkise Augen. Das Kleid, welches sie trug, verstärkte nur noch ihre Schönheit. Es war weiß, knielang und um die Taille trug sie einen goldenen Gürtel. Irgendwie passte sie so gar nicht hierhin.

>>Okay, was bist du?<< fragte ich dann. Sie ignorierte meine Frage und sagte stattdessen: >>Weißt du, diese Melodie die ich da gerade gesungen hatte ist nur ein Teil eines Liedes.<< Das brachte mich echt weiter. >>Das Lied der Göttin.<< fügte sie dann noch hinzu. >>Und warum sagst du mir das?<<  stellte ich schon wieder eine Frage. >>Weil viele es bewundern wollen, doch keiner es findet. Es ist wie Atlantis: Eine Legende. Eine existierende Legende.<< >>Und woher kennst du dieses Lied?<< >>Ich bin das Lied.<< Ich runzelte die Stirn. >>Wie kann jemand ein Lied sein?<< fragte ich schon wieder. >>Wie kann jemand in eine andere Welt reisen?<< gab sie zurück. >>Verstehst du, es gibt viele Dinge die wir nicht begreifen können. Wir müssen diese Dinge akzeptieren, denn wenn wir alles hinterfragen, wo bleibt dann das Staunen?<< fügte sie noch hinzu. Wow. Für so ein junges Mädchen sagt die aber ziemlich komische Sachen. Aber ich verstand, was sie damit bezwecken wollte, also konzentrierte ich mich auf die eine Frage, die am meisten durch meinen Kopf geisterte: >>Und warum zeigst du mir das Lied?<< >>Weil du es noch brauchen wirst, Elisabeth Burrows. Du wirst die Richterin sein. Deine Entscheidung wird alles verändern.<<

Fluch der Karibik - Liebliche GefahrenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt