Kapitel 44

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Herbstbrise spürte eine warme Zunge über ihr Fell streichen. "Wird sie wieder gesund?", sorgte sich Schilfherz mit verängstigter Stimme.

Ginsterstreif seufzte. "Ich weiß es nicht." Er hat Angst um mich. Langsam öffnete Herbstbrise ihre grünen Augen und blinzelte gegen das grelle Sonnenlicht.

Vor ihr marschierte Schilfherz auf und ab, sein getigertes Fell war vor Anspannung gesträubt. Mit brüchiger Stimme, murmelte Herbstbrise: "Mir geht's gut, Schilfherz.

Mach dir keine Sorgen um mich." Der graue Krieger wirbelte herum, als er sie sprechen hörte und stolperte übereilig zu ihr.

"Oh Herbstbrise, ich dachte schon du wärst... Ach egal - Hauptsache es geht dir gut." Die rote Kätzin nickte lächelnd, aber fragte sich währenddessen,

was ihr Freund hatte aussprechen wollen. Sie hörte Pfotenschritte auf sich zukommen und erkannte gleich darauf Ginsterstreifs grasgrüne Augen,

die sie nachdenklich betrachteten. "Dem Sternenclan sei Dank, dass du endlich wach bist",brummte er. Ohne ein weiteres Wort stapfte er geistesabwesend davon.

Schilfherz warf Herbstbrise einen mitfühlenden Blick zu und schmiegte sich an sie. "Du weißt etwas noch nicht", begann er, "Ginsterstreif traut sich scheinbar nicht,

dir das zu erzählen, aber ich finde du hast das Recht, die Wahrheit zu erfahren." Herbstbrise hievte sich mit gespitzten Ohren auf die Pfoten und legte den Kopf schief.

"Was meinst du?" Schilfherz holte tief Luft. "Du wärst beinahe..." "Herbstbrise!? Du lebst!?" Eschenblatt stürmte mit Eulenschlag an der Seite zu ihr

und leckte ihr eifrig über die Wange. "Ich dachte du wärst tot", schniefte er, "diese bescheuerte Maus hätte dir beinahe das Leben geraubt."

Herbstbrise wich mit kribbelndem Pelz vor ihm zurück und fuhr zu Schilfherz herum. "Das wolltest du mir also sagen!", japste sie,

"ich wäre beinahe gestorben!?" Der grau getigerte Kater schluckte schwer und nickte verbissen. Herbstbrise legte die Ohren an. "Woher kommt das Gift?",

keuchte sie. Schilfherz zuckte mit den Schulter." Ginsterstreif vermutet, dass die Maus entweder krank war, oder giftige Beeren gefressen hat."

Herbstbrise nickte langsam. "Verstehe." Sie erschauderte bei dem Wissen, dass sie fast nicht mehr am Leben gewesen wäre. Vorsichtig stemmte sie sich auf die Pfoten.

"Ich hole mir was vom Frischbeutehaufen",murmelte sie und schleppte sich nach draußen. Im Lager herrschte ein fröhliches Treiben.

Die Schüler balgten sich spielerisch vor dem Clanfelsen, während die Ältesten sich auf ein paar Felsblöcken sonnten. Aschenherz,

der gerade etwas mit Adlerstern besprochen hatte, trabte gut gelaunt zum Kriegerbau und teilte Bienenfeder, Falkensturm, Birkenpelz und Veilchenklang

zu einer Jagdpatrouille ein. Eulenschlag tappte zu Rotbeere, um sich mit ihr schnurrend zu unterhalten.

Als sie beim Beutehaufen angekommen war, schnappte sich Herbstbrise eine fette Wühlmaus und begann sie zu vertilgen.

Nach einer Weile fressen, gesellte sich Eschenblatt zu ihr. Er grinste sie schmeichelnd an. "Lust, dich heute Nacht mit mir zu treffen?"

Nun versagten Herbstbrises Nerven völlig. Alles schrie in ihr: "Ja, unbedingt! Mehr als alles auf der Welt!" aber sie war einfach zu baff,

um auch nur einen einzigen Ton aus ihre Kehle rauszukriegen. Eschenblatts Grinsen wurde breiter und seine schönen Augen leuchteten vergnügt.

"Sieht so aus, wie ein 'ja'. Nun, wir sehen uns später, Süße." Er leckte ihr noch kurz übers Ohr, bevor er sich umdrehte und verschwand.

Endlich erwachte Herbstbrise wieder aus ihrer Schockstarre. Sie wollte am liebsten schreien vor Glück.

Doch ihr Glücksgefühl verschwand augenblicklich wieder, als sie Ginsterstreif vor die Pfoten tänzelte. Der Heiler starrte sie düster an

und tigerte um sie herum. "Ach Herbstbrise",flüsterte er dabei. "Ich habe deine Freunde belogen. Ich habe in Wahrheit zermatschte Todesbeeren

in der Maus gefunden. Nun... natürlich kann es sein, dass die Spitzmaus sie ausversehen gefressen hat, aber... aber, das ist eher unwahrscheinlich.

Der Beerenbrei befand sich nämlich an einer Körperstelle, an der das Fressen der Maus normalerweise nicht hinkommt.

Außerdem habe ich ein mit Krallenspuren übersätes Loch an dieser Stelle entdeckt, wodurch ich den Brei auch so schnell finden konnte.

Ich ähm... Ich wollte dir damit nur sagen, dass wir uns in Zukunft in Acht nehmen sollten, vor... wem auch immer." Herbstbrise neigte nachdenklich den Kopf.

Sie nahm sich vor, Eschenblatt später zu fragen, von wem er die Beute hatte. Grübelnd trottete sie hinter Ginsterstreif zum Heilerbau zurück.

Dort wartete Dunkelsturm bereits hustend auf den Heiler, Schleierpfote hinter sich. "Ich glaube, er ist krank",sorgte sich die schwarze Kätzin.

Ginsterstreif eilte zu ihr und untersuchte den grauen Krieger kurz. "Du hast recht",miaute er schließlich. "Dunkelsturm hat weißen Husten.

Er sollte für's erste im Heilerbau bleiben, um niemanden anzustecken." Schleierpfote nickte und flitzte stolz davon.

"Danke, dass du ihn mir gebracht hast",rief Ginsterstreif ihr nach und wandte sich an Dunkelsturm, der ihn missmutig musterte.

"Musst du mich wirklich in diesem langweiligen Bau gefangen halten?", schnaubte er mürrisch. Ginsterstreif funkelte ihn an und fragte scharf:

"Ach ja? Und möchtest du, dass dein Clan wegen deiner Sturheit erkrankt?" Dunkelsturm verdrehte verächtlich die Augen,

sagte aber nichts mehr. Seufzend rollte Herbstbrise sich in ihrem Nest zusammen, wohlwissend dass sie durch Ginsterstreifs Erkenntnis

unmöglich schlafen konnte. Aber sie versuchte wenigstens zu dösen.

Warrior Cats - Herbstbrises SchicksalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt