Kapitel 75

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Herbstbrise rang entsetzt nach Atem. Entgeistert starrte sie auf das schreckliche Geschehen, das sich vor ihr abspielte.

Die Sekunden schienen in Zeitlupe zu vergehen: Salbeiherz fuhr während dem Sturz die Krallen aus und versuchte verzweifelt mit ihnen

Mondstrahls Pelz zu erreichen. Diese aber bekam von alldem wenig mit. Sie zeigte keine Emotionen, keinen Schock und auch keine Panik.

Sie fiel einfach nur wie ein schlaffer Bündel Fell in die Tiefe: Widerstandslos und mit nur halb geöffneten Augen.

Die nächsten Herzschläge verflossen nur langsam und mit ihnen näherte sich Salbeiherz ihr endlich.

Der graue Kater nutzte den Moment, an dem er Mondstrahl am nähesten war und schlug mit ausgefahrenen Krallen nach ihr.

Seine Krallen bohrten sich wie Dornen in Mondstrahls Pelz, trotzdem zeigte die cremefarbene Kriegerin noch immer keine Reaktion.

Sie machte sich nicht mal die Mühe ihre Augen zu öffnen, um zu sehen, was da geschah. Sie bemerkte anscheinend auch nicht,

wie Salbeiherz sich in der Luft drehte, sodass sie nun auf ihm lag. Der graue Kater schlang seinen buschigen Schwanz um den zierlichen Körper der Kätzin

und drückte sie fest an sich, damit sie nicht von ihm wegrutschen konnte. Dadurch war er derjenige,

der den schmerzhaften Schlag auf den knallharten Erdboden zu spüren bekam. Er zuckte nur kurz zusammen, danach lag er still.

Herbstbrise schnappte entsetzt nach Luft. Er darf nicht tot sein! Bitte nicht! Sie wollte diese schreckliche Befürchtung nicht wahrhaben.

Zitternd vor Angst warf sie Finkenblatt einen kläglichen Blick zu. Doch die grau getigerte Kätzin schien sie kaum wahrzunehmen.

Ihre starren Augen waren ausdruckslos auf Salbeiherz gerichtet. Sie begriff anscheinend nicht, dass das, was sich soeben vor ihren Augen abgespielt hatte,

wirklich wahr war. Ihr Blick war nur trüb vor lauter Fassungslosigkeit. In Düsterfrosts Gesicht wiederum spiegelte sich Schmerz,

seine Nüstern bebten vor Anspannung. Er wollte anscheinend erst abwarten, um sich zu vergewissern,

dass ihm das schreckliche Bild, welches sich vor ihm abzeichnete, auch wirklich Salbeiherz Tod zeigte,

bevor er in Tränen ausbrach. Herbstbrise selbst war elend zumute. Am liebsten würde sie schreiend vor diesem Anblick davonrennen

und ihn anschließend für immer hinter sich lassen. Aber sowas ist unvergesslich, dachte sie bekümmert,

wenn man solche Bilder einmal gesehen hat, dann wird man sie nie wieder los. Und wie auf einen Schlag

überrollten sie all die schrecklichen Erinnerungen an die vielen Katzen, die sie schon genauso hilflos sterben gesehen hatte:

Bernsteinfeuer, wie er von den riesigen Pranken des Daches an die Höhlenwand gedrückt worden war,

mit einem tiefen Biss in der Kehle, der ihn so lange leiden ließ, bis er sich die letzten paar Male krümmte und dann erschlaffte,

Warrior Cats - Herbstbrises SchicksalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt