Kapitel 94

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Mit kribbelndem Pelz lief Herbstbrise durch die leeren Gänge der Finsternis, auf der Suche nach Blaubeerfluss.

Rabenschein hatte es sich auf ihrem Rücken bequem gemacht. Nachtspritzer trabte neben ihr.

Immer und immer wieder riefen die drei Kätzinnen Blaubeerfluss' Namen, wobei Herbstbrise bei jedem Ruf mehr die Hoffnung verlor,

ihre blaugraue Tochter je wieder zu finden. Nicht ein einziges mal ertönte eine Antwort. Wo mochte Blaubeerfluss bloß stecken?

Beunruhigt ließ Herbstbrise ihren durchdringend grünen Blick über das dunkle Nichts um sie herum schweifen.

Wie sehr ihr doch das Augenlicht fehlte. Im Moment wünschte sie sich nichts sehnlicher, als sehen zu können.

Erging es so blinden Katzen Tag für Tag? Sah Mondstrahl mit ihrem einen Auge auch nur diese Finsternis vor sich, die sie schier zu verschlingen drohte?

Ohne die Sehfähigkeit war man bestimmt wie gefangen in einem schwarzen leeren Raum.

Egal in welche Richtung man sich drehte, man musste immer dasselbe sehen. Schwarz.

Herbstbrise erschauderte. Sie wäre buchstäblich verzweifelt. Zum Glück aber funktionierten ihre eigenen Augen noch. Nur eben nicht hier drinnen.

Also musste sie schneller laufen. Vielleicht würde sie einen Weg aus dieser endlosen Dunkelheit finden. Vorerst musste sie aber Blaubeerfluss aufspüren.

Die nächsten Minuten vergingen - wieder ohne Erfolg. Nicht der kleinste Hauch von ihr war zu vernehmen.

Herbstbrise verlor immer mehr die Nerven. Sie musste bestimmt gleich am Ende der Höhle angekommen sein, so weit wie sie gelaufen war.

Oder sie drehte sich immerzu im Kreis. Außerdem teilte sich der Weg ständig und führte in wirre Richtungen.

Wozu sollen diese vielen Pfade gut sein??? ,dachte Herbstbrise verzweifelt.

Doch aller Ärger half nichts. Sie musste weiterlaufen. Blind dahin, wohin sie ihre Pfoten führten.

Nachtspritzer lief Pelz an Pelz neben ihr - ein seltsames Gefühl einer fremden Katze so nahe zu kommen.

Doch das war im Moment nur Nebensache. Herbstbrise und Nachtspritzer durften sich auf keinen Fall verlieren.

Sehen konnten sie nichts, also blieb ihnen nur die Möglichkeit, zu spüren, ob die andere Katze noch da war.

Die Zeit verging und mit ihr Nachtspritzers Geduld. Laut aufschnaubend blieb sie stehen.

Überrascht machte Herbstbrise ebenfalls Halt und legte den Kopf schief. "Was soll das? Wir müssen weiter!"

Ein vernehmliches Fauchen von Nachtspritzer ließ sie zusammenzucken. "Es nützt nichts" ,miaute sie schroff,

"wir laufen die ganze Zeit bloß im Kreis, falls du das noch nicht gerochen hast. Unser Orientierungssinn ist hier drinnen futsch!

Wir können nicht weiter, sonst verlaufen wir uns nur noch mehr."
Herbstbrise peitschte widerstrebend mit dem Schwanz.

Warrior Cats - Herbstbrises SchicksalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt