"Danke, für alles"

449 32 0
                                    

Stiles und Derek hatten die stillschweigende Übereinkunft getroffen, dass es besser war, gar nichts mehr zu sagen. Das machte ihr Zusammensein aber nicht besser. Stiles pulte in seinem Burger herum, während Derek stumm zur Tür starrte. Hunger hatte niemand von beiden. Stiles brannte auf Antworten, der er vermutlich nicht hören wollte und Derek verfluchte seine Unbedachtheit des heutigen Tages. Erst hatte Stiles sich seinetwegen verletzt, dann brachte ihn Stiles' unbedachte Aussage aus dem Konzept und dann traf er selbst eine, die dazu geführt hatte, dass er sich verraten hatte.
Ich denk nicht darüber nach, wie wir beide Sex haben, und Stiles wusste nun, dass jedes einzelne Wort eine Lüge war. Was er jetzt wohl denken mochte? War eine Erklärung notwenig? Am Ende machte er sich noch Hoffnungen.

Nachdenklich glitt sein Blick über den Beta. Den Appetit hatte er ihm anscheinend schon verdorben. Derek setzte grade an, etwas zu sagen, da riss Stiles den Kopf rum, rRichtung Eingangstür.
»Dad!«, rief er quer durch den Laden und Derek überkam ein Schwall Erleichterung. Vielleicht schaffte John es die Stimmung aufzulockern.
Der Sheriff blickte zunächst schuldbewusst drein. Stiles legte größten Wert darauf, dass sein Vater gesund aß. Zuhause mimte John gute Miene zum bösen Spiel. Den Salat bekam er nur runter, weil er wusste, wo er sich in den Pausen satt essen konnte. Allerdings klang Stiles nicht so vorwurfsvoll, wie erwartet.
»Komm setz dich zu uns«, rief er seinem Vater enthusiastisch zu.
Zögernd gab John seine Bestellung auf und setzte sich zu ihnen. Er ließ seinen Blick über seinen Sohn und Derek schweifen, über die Teller mit dem kaum angerührten Essen.
»Ist alles in Ordnung bei euch?«, fragte er vorsichtig.
»Klar«, sagte Stiles schnell und warf Derek einen mahnenden Blick zu.
»Alles bestens«, Derek grinste schief und gab sich nicht die geringste Mühe, bei der Lüge.
»Wir haben trainiert«, erklärte Stiles.
»Und dabei kam es zu Unstimmigkeiten?«, fragte der Sheriff sofort und sah zu Derek.
»Nein«, er schüttelte den Kopf. »Stiles hat sich ganz gut gemacht... für einen Beta.«
»Für einen Beta?« Stiles sprang beinahe auf. Er fühlte sich plötzlich herabgesetzt.
Derek nickt und zuckte gleichzeitig mit den Schultern. Nicht ganz sicher, was er nun so verwerfliches gesagt hatte.
»Also liegt es gar nicht daran, dass du mir nichts zutraust. Du traust einem Beta nichts zu«, schlussfolgerte Stiles verärgert. »Deshalb hast du auch gedacht, du könntest mich anlügen.«
»Lügen?«, fragte John zurückhaltend. Nicht dass er dachte, dass das ein Gespräch werden würde. Er wollte nur nochmal an seine Anwesenheit erinnern, bevor diese Diskussion in Streit ausartete.
»Ich hab nicht gelogen«, entgegnete Derek trotzig.
»Doch und du tust es schon wieder!«
Stiles war außer sich. Reagierte er grade über? Ja vermutlich, aber irgendwas ging grade mit ihm durch.
»Okay«, Derek hob abwehrend die Hände. Er sah bereits das goldene Glühen in Stiles Augen. »Es tut mir leid und jetzt beruhig dich wieder.«
Mit einer geheuchelten Entschuldigung konnte Stiles nichts anfangen. Es ballte seine Hände und versuchte ein Knurren zu unterdrücken.
»Es muss immer so sein, wie dir es grade in den Kram passt, was?«
Derek presste die Lippen aufeinander. »Muss es nicht.«
»Wäre aber besser, was?«, stichelte Stiles herausfordernd.
Derek versuchte sein Möglichstes, nicht auf diesen Streit einzugehen. Nicht hier, vor all den Leuten und Stiles' Vater.
»Stiles, du bist ein guter Beta, okay? Ein guter Werwolf. Das war keine Beleidigung, wenn das falsch rüberkam, dann nur weil ich mit Worten nicht so gut bin wie du. Ich wärs ja gern, aber«
»Ja das denk ich mir, dass du das gerne wärst«, fuhr Stiles dazwischen. »Dann war das gar keine Lüge? Du hast dich nur falsch ausgedrückt, als du sagtest, dass du nicht über Sex mit mir nachdenkst.«
Derek wurde kreidebleich und sah erschrocken zum Sheriff.
»Ich denke nicht über Sex mit ihm nach«, versuchte er zu dementieren und deutete auf seinen Beta.
Stiles verschränkte die Arme vor der Brust. »Okay nein, es bleibt eine Lüge.«
Diese Selbstgefälligkeit in Stiles Stimme passte Derek überhaupt nicht. Er hatte ihn vor dem Sheriff entblößt und egal wie oft er es leugnen würde, es war gesagt.
Er schnaubte auf und erhob sich. Noch immer sah er das angriffslustige Funkeln in Stiles Augen.
»Ich lass mich weder von einem Beta, noch von dir, bloßstellen«, knurrte er und ging.
Stiles wirbelte herum. Er war noch nicht fertig mit ihm.
»Hey, ich hab kein Geld dabei«, erinnerte ihn.
Eigentlich wollte er nur, dass Derek zurückkam. Es schien zu funktionieren. Dereks Augen sprühten Funken. Er holte ein paar Scheine aus seinem Portmonee und knallte sie auf den Tisch.
»Du kannst mich mal«, zischte er.
Dann ging er wieder, sehr zu Stiles' Missfallen.
»Du mich auch«, rief er ihm nach und steckte das Geld ein.
Er würde gleich nach Hause fahren und wieder damit anfangen, Derek zu hassen. Das war ihm sowieso lieber.
»Scheiße!«, fluchend sprang er auf.
Der Sheriff erhob fragend den Blick, aber Stiles ignorierte ihn und stürmte ebenfalls hinaus. Sie waren mit dem Camaro hergefahren. Stiles Jeep stand bei Derek.
Als die Frau hinter der Theke die beiden herausstürmen sah, kam sie eilig an den Tisch. John saß völlig perplex da und wusste nicht, was er denken sollte oder ob er was tun sollte. Ging das immer so zwischen den beiden ab?
»Keine Sorge, Mary«, sagte der Sheriff. »Ich mach das schon.«
Er reichte der Frau das Geld und erhob sich, bevor er überhaupt seine eigene Bestellung erhalten hatte.

Als Stiles hinausstürmte, lehnte Derek mit verärgertem Blick am Camaro.
»Gehts jetzt wieder?«, fragte er bissig.
»Dein Glück, das du gewartet hast«, entgegnete Stiles und lief zur Beifahrertür.
Er riss sie auf, setzte sich hinein und mit einem lauten Knall schloss er sie wieder. Derek knurrte auf und das rote Glühen seiner Augen brannte sich in Stiles Haut.
Sie ignorierten sich die ganze Zeit. Langsam beruhigte sich Stiles, auch wenn er noch immer sauer war. Er konnte nicht mal sagen worauf genau. Es war nicht, weil Derek ihn angelogen hatte. Man rannte schließlich nicht umher und band Leuten auf die Nase, dass man mit ihnen schlafen wollte. Das Derek ihm das nicht sagen wollte, konnte er verstehen. Genauso wie Dereks Ärger darüber, dass Stiles es vor seinem Vater ausgeplaudert hatte.
»Tut mir leid«, sagte Stiles, als sie vor dem Haus standen. »Keine Ahnung, was da in mich gefahren ist.«
Derek blickte ihn finster an, dann zwang er sich zu einem Lächeln.
»Schon okay.«
»Nein ist es nicht«, sagte Stiles schnell. »Du musst mich nich schonen, nur weil ich...«
Er seufzte und sah Derek an. »Ich weiß nicht mal warum ich so sauer war. Jedenfalls nicht, weil du mich angelogen hast... oder mich Beta nennst.«
Derek atmete tief ein und stieß ein kleines Stöhnen aus.
»Wenn du erstmal ein paar Erfahrungen gemacht hast, wirst du öfter auf den Gedanken kommen, mit der ein oder anderen Person Sex zu haben«, begann er zu erklären und die bloße Vorstellung Stiles könnte mit jemanden schlafen, schnürte ihm den Hals zu.
»Das ist normal und es ist so, wie ich gesagt habe. Du findest Leute attraktiv, aber das bedeutet nicht, dass es was mit Gefühlen zu tun hat.«
Stiles verstand die stumme Botschaft und senkte den Blick.
»Wir hängen viel aufeinander, deshalb ist es schwer, den Gedanken aus dem Kopf zu bekommen«, fuhr Derek fort. »Aber es wird für mich nie dasselbe sein, wie für dich und deshalb wird da nie etwas passieren, okay? Du bist niemand, den ich wegschicken kann. Du bist mein Beta und obwohl ich niemals einen wollte, will ich dich jetzt nicht mehr hergeben.«
Ein kleines Lächeln stahl sich auf Stiles Gesicht. Er bedeutete Derek was, es war nur nicht dass wonach er sich sehnte.
»Ich dachte es ist besser, wenn du es nicht weißt. Wir können uns nicht darauf einlassen, denn am Ende wären wir beide verletzt. Nur nicht aus demselben Grund.«
Stiles hob den Kopf und musste sich überwinden, die Worte aus seinem Kopf auszusprechen:
»Wir brauchen Abstand«, sagte er leise. »Wir können nicht so tun, als wäre nichts. Wir krampfen rum, wir sehen Zweideutigkeiten, wo keine sind. Ich will nicht, dass es so zwischen uns ist.«
Derek nickte schweren Herzens.
»Ich bleib dein Beta auf Abruf«, versuchte Stiles der Situation die Ernsthaftigkeit zu nehmen.
Derek nickte immer noch, obwohl alles in ihm Nein schrie. Stiles nicht mehr jeden Tag zu sehen, erschien unmöglich. Ihm nicht mehr beim Aufwachen zuzusehen oder seine Fressattacken mitzuerleben. Auf all das was sie hatten, zu verzichten, wofür wurde er bestraft?
»Weißt du Derek...«, eines brannte Stiles noch auf der Seele. »Ich war gut, als Mensch. Als Werwolf bin ich eine Katastrophe. Wenn ich mich hätte Entscheiden können, hätte ich mich dagegen entschieden, aber nur, weil ich es nicht besser gewusst hätte.«
Nun lächelte er wirklich und griff nach Dereks Handgelenk. »Du hast mir das Leben gerettet und das nicht nur durch deinen Biss. Du hast mir eine zweite Chance gegeben.«
»Vielleicht habe ich vielmehr zurückbekommen, als ich gegeben habe«, entgegnete Derek.
Er hatte sowas wie eine Familie gehabt. Stiles und John waren der Anker geworden, nachdem er immer gesucht hatte. Er hatte Menschen um sich, die ihn verstanden. Er war glücklich gewesen. Stiles hatte sein Leben auf eine Art bereichert, die er nicht für möglich gehalten hätte und nun sollte all das vorbei sein?
Er zog Stiles in seine Arme und vergrub die Nase in seiner Halsbeuge und inhalierte den Geruch von Rudel. Auch wenn er den Geruch anders in Erinnerung hatte. Sein Herz schlug ein paar Takte schneller.
»Ich weiß, du wirst es allein schaffen. Du bist ein starker Werwolf, aber wenn irgendwas ist, rufst du mich an. Egal wann, egal wo du bist.«
Stiles nickte und löste sich von Derek.
»Meld dich ab und zu mal bei meinem Dad, ich glaub er mag dich«, wies er ihn an.
Dann machte er doch nochmal einen Schritt auf Derek zu und umfasste sein Gesicht. Er drückte ihm einen Kuss auf die Wange.
»Danke, für alles.«
Derek war nicht mehr im Stande irgendwas zu tun. Sein Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Er konnte nur noch daran denken, Stiles an sich zu ziehen, ihn zu küssen und für immer festzuhalten. Was hatte er denn noch, wenn er ging?
Er drehte den Kopf etwas, doch Stiles erkannte sein Vorhaben schnell. Er legte ihm zwei Finger auf die Lippen und drück ihn etwas zurück.
»Du kannst mir diesen Gefallen nicht tun«, sagte er und lächelte müde. »Du hast es selbst gesagt, am Ende sind wir beide verletzt.«
Mit diesen Worten löste er sich ganz von Derek und lief zu seinem Jeep.
»Machs gut Derek«, sagte er noch, dann stieg er ein und startete den Wagen.
Mit Mühe hielt er die Tränen zurück. Es fühlte sich nicht richtig an zu gehen. Er verfluchte sich selbst, dass er noch einen letzten Blick auf Derek riskierte. Er stand da, als hätte man ihm soeben alles genommen. Stiles fühlte sich so unendlich schuldig, dass er auf sein Lenkrad einschlug. Warum musste er sich ausgerechnet in ihn verlieben?
Als er bereits einige Meter hinter sich gebracht hatte, hörte er ein markerschütterndes Heulen, dass ihm die Haare zu Berge stehen ließ. Ohne Zweifel stammte es von Derek. Stiles blickte durch den Rückspiegel auf den Wald. Derek hatte recht, am Ende waren sie beide verletzt. Nur hatten sie beide nicht erkannt, dass das hier das Ende war.


___

AN: Dies war das ursprüngliche Ende von Reborn... Es hätte noch einen Epilog gegeben und dann Ende. Jedoch hatte ich mich aufgrund der Leser auf FFde dagegen entschieden... 

Hier folgen noch drei Kapitel, dann bin ich auf allen Seiten gleich auf :) 

Reborn - Mit dieser Entscheidung musst du lebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt