Derek atmete tief ein und hatte gleichzeitig das Gefühl keine Luft zu bekommen. Sein Puls hämmerte hart in seinen Ohren. Obwohl er es sich nicht eingestehen wollte, war er verdammt sauer. Ob nun auf Stiles oder sich selbst, dass konnte er nicht beantworten. Selbstvorwürfe, dass er es hätte merken müssen, schossen ihm durch den Kopf und der Ärger darüber, dass er schon wieder nicht wusste, was er tun sollte, wuchs. Erneut überforderte ihn Stiles' Verhalten oder vielmehr seine Gefühle und Derek wusste nicht was er falsch gemacht hatte. Zu welchem Zeitpunkt er Stiles missverständliche Signale geschickt hatte. Der Kuss im Wald war sicher ein Fehler gewesen und dem Bedürfnis nach Nähe hätte er nicht nachgeben sollen. Nicht mal ein bisschen. Dennoch, das war kein Grund das Stiles sich in ihn verliebte. Was gab es dann für einen? Was sah Stiles in ihm, dass er solche Gefühle entwickelte? Derek hatte sein Leben zerstört, ihn gezwungen, als Werwolf zu leben, mit nur einem Biss. Stiles hatte ihn gehasst dafür. Wie hatte es sich in das Gegenteil wenden können?
Unruhig lief Derek durch sein Haus. Er wollte etwas tun, konnte sich jedoch auf keine Arbeit konzentrieren. Genervt beschloss er laufen zu gehen. Vielleicht konnte er so den Kopf frei bekommen, im Grunde versuchte er aber nur der Situation zu entfliehen. Tief im Inneren löste allein das Wort Liebe, Angst aus. Zumindest jetzt, wo sie so präsent war. Derek hatte sich weder mit dem Wort, noch mit dem Gefühl in den letzten Jahren wirklich auseinandergesetzt. Er brachte Liebe nur noch mit unerträglichem Schmerz in Verbindung. Der Verlust seiner Familie hatte ihm beinahe den Verstand geraubt. In seiner Einsamkeit hatte er sich sicher gefühlt, weil er sich nicht mit sowas auseinander setzen musste. Er wollte es auch jetzt nicht. Auch wenn es nicht seine Gefühle waren, so betrafen sie ihn. Brachten Verantwortung mit sich, mehr als er sowieso schon hatte. Nun musste er nicht nur auf Stiles' Sicherheit Acht geben, sondern auch auf seine Gefühle. Wie stark mochten sie sein? Stiles war ein Teenager. Verliebten die sich nicht ständig? Außerdem sagte er, er sei dabei sich in ihm zu verlieben. Beudeutete das nicht, dass man es noch abwenden konnte? Wenn er sich anders Verhalten würde? So dass man garantiert nicht auf die Idee kam, sich in ihn zu verlieben?
Derek schüttelte den Kopf. Nein, das war schwachsinnig – Absolut!
Er beendete seine Runde, dann stand er wieder ratlos in seinem Haus und wusste nichts mit sich anzufangen. Stiles fehlt, wurde es ihm schmerzlich bewusst. Nach seinem raschen Aufbruch am Vorabend hatten sie kein Wort mehr miteinander gesprochen. Stiles wartete sicher, dass er sich meldete, nur fehlte dem Alpha dazu der Mut. Vor irgendwas hatte er Angst und zwar so große, dass er wirklich überlegte abzuhauen. Nicht für immer, aber eine Zeit lang. Hätte er nicht den Verdacht, dass die Jäger bald in Beacon Hills aufschlagen würden, würde er das vielleicht auch tun. Er war schon immer gut im Davonrennen gewesen. Jedenfalls in solchen Belangen.
Seufzend sah Derek auf sein Handy. Stiles hatte gleich Schule aus. Würde er kommen? Eher nicht, denn am Morgen war er auch nicht aufgetaucht. Grade mal ein halber Tag herrschte Funkstille und Derek vermisste ihn. Wie konnte das sein? Er beherrschte seine Gedanken, vielleicht lag es daran. Derek nickte sich selbst zustimmend zu und tippte auf seinem Handy herum.
Kommst du gleich zum Training?
Er hatte es noch nichtmal ganz zurück in die Tasche gesteckt, da vibirerte es kurz.
Wenn du das willst.
Einen Moment lang kreiste Dereks Finger über das Display. Natürlich wollte er das. Er wollte nicht, dass sich etwas änderte.
Ich warte auf dich, antwortete er.
Als er seine eigenen Worte in der Sprechblase laß, stieg ihm, siedend heiß, das Blut in die Wangen. Würde er das falsch verrstehen? Das konnte man falsch verstehen. Kurz war er versucht es klarzustellen, dann ließ er es bleiben. Stiles sollte nicht denken, dass er ein Problem damit hatte. Es musste ihm nur klar sein, dass er seine Gefühle nicht erwiedern würde.
Wenig später, stand Stiles vor seinem Jeep und konnte einfach nicht einsteigen. Er wollte nichts lieber, als zu Derek. Er war so unglaublich froh gewesen, als er ihm geschrieben hatte und nun machte ihm die Ungewissheit Angst. Derek hatte gefragt ob er zum Training kommen würde, aber wollte er ihn überhaupt trainieren? Vielleicht war es nur ein Vorwand, damit Stiles kam, um ihn dann wieder wegzuschicken. Für immer. Er hätte ihm dieses Geständnis niemals machen sollen. Auch wenn es verlockend war, nicht hinzufahren, alles noch etwas aufzuschieben, stieg Stiles in seinen Wagen und machte sich auf den Weg.
Viel zu schnell sah er den Wald näher kommen, viel zu schnell bog er in die kleine Seitenstraße ein und stand vor Dereks Haus. Als hätte die Fahrt nur Sekunden gedauert. Mit rasendem Herzschlag saß Stiles im Auto, umklammerte das Lenkrad und wusste nicht, wie er seinen Körper dazu bringen sollte, auszusteigen.
Wie ein verliebter Volltrottel, war er jahrelang Lydia hinterher gerannt. Es war ihm egal gewesen, dass jeder es mitbekam und sich darüber lustig machte, aber das mit Derek war was anderes. Möglicherweise hatte er ihn gestern sogar belogen. Er war vielleicht gar nicht dabei sich in ihn zu verlieben sondern war es längst. Und genau das machte die Sache noch schlimmer und auswegsloser. Er konnte nur verlieren. Wenn Derek ihn jetzt nicht von sich stieß, dann würde Stiles sich irgendwann damit auseinandersetzen müssen, dass Derek jemand anderen hatte. Was sollte er dann tun? Er könnte sich das nicht mit ansehen. Nicht wenn er ihn dann immer noch liebte, denn da war schon jeder Onenightstand zu viel. Verzweifelt ließ Stiles den Kopf aufs Lenkrad knallen. Er hätte ihn nie an sich ranlassen dürfen. Er hätte ihn weiter hassen sollen.
Als es plötzlich an der Scheibe klopfte fuhr er hoch. Derek öffnete die Fahrertür, stützte sich am Dach ab und legte den Kopf auf den Arm. Er sah Stiles einfach nur an. Der Jüngere ließ den Kopf gegen die Lehne sinken und erwiederte den Blick. Derek wirkte so erschöpft, wie er sich fühlte. Aber er schien nicht sauer zu sein.
»Steigst du aus oder soll ich mich zu dir setzen?«, fragte er irgendwann.
Stiles zuckte unschlüssig mit den Schultern. Sein Magen kribbelte, sein Herz schien keinen richtigen Takt zu finden. Er verfluchte seinen Körper für all die offensichtlichen Reaktionen.
»Bist du denn gar nicht sauer?«, fragte er.
Derek wog den Kopf hin und her, dann sah er Stiles wieder an: »Vielleicht war ich es am Anfang... aber mehr auf mich und weil ich nicht weiß...«, kopfschüttelnd brach er ab. Als Stiles merkte, wie schwer es auch Derek fiel, fasste er etwas Mut und schnallte sich ab. Derek trat zur Seite, damit Stiles aussteigen konnte.
»Ich will nicht, dass sich was ändert«, sagte Derek nun mit festerer Stimme. »Aber du bist mein Beta und mehr ...«
»...nicht«, beendete Stiles den Satz und versuchte Haltung zu bewahren. »Das ist mir schon klar.«
Stiles atmete tief ein, bis der Druck in seinem Brustkorb nachließ. »Ich will auch nicht, dass sich was ändert. Aber ich weiß nicht, wie das gehen soll, wenn irgendwann mehr aus einer deiner Bettgeschichten wird. Vielleicht hab ich bis dahin nicht mehr diese Gefühle für dich, aber wenn doch«, wirklich drüber nachdenken wollte Stiles nicht. Schließlich war das, das absolute Alptraum-Szenario.
»Das wird nicht passieren«, sagte Derek leise.
»Das kannst du nicht wissen«, entgegnete Stiles. Gefühle waren unberechenbar, sonst wären sie jetzt nicht in dieser Situation.
»Doch!« Derek war ganz sicher, denn er hatte keine Bettgeschichten und auch kein Interesse an einer Wiederholung. Wenn er Stiles das jetzt sagte, würde er sich dann Hoffnungen machen?
»Okay, weißt du was? Wir machen ganz normal weiter. Das hat bis jetzt auch funktioniert und alles was vielleicht sein wird, darüber denken wir nach, wenn es so weit ist.«
Derek nickte, fragte sich aber unweigerlich, wie lange Stiles schon Gefühle für ihn hatte. Wenn es bis jetzt ganz gut geklappt hatte, bedeutete es wohl, dass Stiles sich schon länger zu ihm hingezogen fühlte.
Um sich nicht weiter mit diesem Thema rumzuschlagen und ein wenig zur Normalität zurückzufinden, beschloss Derek, dass Stiles lernen musste, sich zu verteidigen. Die Sorge um seine Sicherheit wuchs mit jeder Stunde, die verstrich. Inzwischen war Derek sich sicher, dass die Jäger kommen würden. Er hatte am Morgen auf dem Revier seine Aussage gemacht und dabei mitbekommen, wie Leute von der Presse Fragen stellten. Wenn der Vorfall es in die Medien schaffte, waren sie geliefert. Aber auch so hatten die Jäger genügend Informanten.
»Weißt du noch, dass ich dir gesagt habe, dass du dich deiner anderen Sinne bemächtigen musst, wenn einer wegfällt?«, fragte Derek, während er dabei war eine Art Hindernisparcours aufzubauen.
Als Stiles nicht antwortete, sah Derek zu ihm. Schnell nickte sein Beta mit geröteten Wangen. Nun erinnerte auch Derek sich wieder an die Situation zurück, wo er es ihm gesagt hatte. War das ein Moment gewesen, der zu dieser Situation beigetragen hatte? Seufzend sah er zu Stiles, der gar nicht genau wusste, wohin er sehen sollte.
»Stiles?«
»Ja, weiß ich noch«, antwortete der Jüngere schnell.
»Gut,« Derek räusperte sich aus lauter Unbehagen, »genau das werden wir jetzt üben.«
Er deutete auf den Hindernispacours. Holz, Schutt und andere Baumaterialien versperrten Stiles den Weg. »Dein Ziel ist es, ins Haus zu gelangen«, erklärte Derek. »Hinter den Bäumen kannst du dich verstecken und neu orientieren. Die einzige Regel: Nirgendwo gegenstoßen.«
Stiles blickte skeptisch zum Haus. Drei Bäume gab es, hinter denen er sich verstecken konnte, der Rest lag voll Gerümpel.
»Ist das nicht etwas zu einfach?«, fragte er irritiert. »Nirgendwo gegen laufen, dass bekomm ich auch hin, ohne es zu üben.«
»Auch wenn einer deiner Sinne wegfällt?«, fragte Derek herausfordernt.
»Kommt drauf an welcher«, entgegnete Stiles schulterzuckend und sah Derek hinterher, der ins Haus lief und mit einem Schal zurückkam. Genau dem Schal, der vor kurzem noch den Knutschfleck verdeckt hatte.
»Du verbindest mir die Augen«, stellte Stiles fest. »Wie soll ich dann was sehen?«
»Das ist der Sinn.« Derek hob die Augenbrauen und sah Stiles durchdringlich an. »Du sollst nichts sehen. Du musst dich anders orientieren.«
»Und warum?« Stiles sah sich schon gegen jedes Hindernis rennen. Das war doch wieder zum Scheitern verurteilt. Wollte Derek ihn vorführen?
»Jäger benutzen oft wieder sowas wie Blendgranaten«, erklärte Derek. »Darum lernst du, ohne deine Augen klar zu kommen. Du wirst lernen, das Wesentliche in deiner Umgebung wahrzunehmen.«
Derek trat hinter ihn und legte ihm ohne Vorwarnung den Schal um die Augen. Stiles wollte protestieren, aber grade als er ansetzte etwas zu sagen, hüllte ihn Dereks Geruch ein. Sogleich schlug sein Herz wieder schneller. Sein Alpha brachte ihm neben schlaflosen Nächten also auch noch eine Herzrythmusstörung ein. Stiles konzentrierte sich auf seine Atmung und versuchte, sich zu beruhigen.
»Du läufst jetzt erstmal los und danach wirst du wissen, worauf du dich konzentrieren solltest, wenn du dein Umfeld noch im Blick hast.«
Derek war so nah, dass sein Atem über Stiles' Haut streifte. Stiles Körper verriet ihn augenblicklich, aber Derek schien es nichts auszumachen. Er packte Stiles und brachte ihn zu seiner Startporition. Mit jedem Schritt spürte er seinen Beta nervöser werden. Diese Reaktion war er mittlerweile von ihm gewohnt. Wann immer er ihm was Neues beibringen wollte, hatte Stiles Angst zu versagen.
»Keine Sorge«, ranute Derek, »je mehr zu falsch machst, desto mehr lernst du draus.«
»Du gehst also schon davon aus, das ich alles falsch mache«, schnaufte Stiles frustriert.
»Ich geh davon aus, dass du einige blaue Flecken davon tragen wirst«, lachte Derek. »Außerdem weiß ich selbst, wie schwer es ist.«
Wirklich ermutigt war Stiles durch die Worte zwar nicht, doch er versuchte sich zu konzentrieren. Der Weg zum Haus war einfach - theoretisch, denn praktisch versperrte ihm so einiges den Weg. Egal wie sehr Stiles es auch versuchte, er konnte sich nicht daran erinnern, wo was den Weg versperrte. Blind tastete er sich vorwärts, nach den ersten Metern stolperte er bereits über einen Stapel Holz. Sofort schoss das Adrenalin durch seinen Körper. Kurz stoppte er, erinnerte sich, dass nur wenige Schritte entfernt ein Sack Zement stehen musste und hielt sich weiter rechts. Mit ausgestreckten Armen lief er weiter und dachte gar nicht weiter darüber nach, dass sich keines der Hindernisse auf Brusthöhe befand.
Derek zwang sich zur Zurückhaltung. Wann immer Stiles auf ein Hindernis zulief, wollte er zu ihm eilen und ihn dran vorbei führen. Es war lächerlich! Wo kam diese übertriebene Fürsorge plötzlich her? Wenn er nicht wollte, dass er sich weh tat, hätte er Schaumstoffklötze und Gummipuppen besorgen müssen. Ganz abgesehen davon, dass ein blauer Fleck im Nu wieder heilte.
Als Stiles auf den nächst größeren Haufen Schutt zusteuerte, ging ein Ruck durch Dereks Körper. Stiles schien es mitbekommen zu haben, denn er drehte sich in seine Richtung. Anstatt es als Warnung anzusehen, lief er einfach weiter und landete im nächsten Moment auf dem staubigen Boden.
Stiles jaulte auf, Derek roch Blut und war sofort an seiner Seite.
»Alles ok?«, fragte er hektisch und drehte Stiles um. Verwundert zog sein Beta sich den Schal von den Augen. Derek nahm es gar nicht wirklich wahr. Er suchte nach der Verletzung und wurde schnell fündig. Am Hosenbein hatte sich ein feuchter, dunkler Fleck gebildet. Sofort schob Derek es hoch und besah sich die Wunde. Ein Blick auf den Schutthaufen zeigte, dass sich noch Nägel darin befanden. Dereks Griff verstärkte sich, bis Stiles aufstöhnte. Ohne nachzudenken, nahm Derek ihm den Schmerz, obwohl es längst begann zu heilen.
»Derek... ist schon gut«, sagte Stiles irritiert. »Ist nur ein Kratzer.«
Vor zwei Wochen noch hatte Derek sich darüber lustig gemacht, dass Stiles so wehleidig war und nun behandelte er ihn, als wäre er aus Glas. Unbehaglich kaute Stiles auf seiner Lippe. Lag das etwa nur daran, weil Derek nun von seinen Gefühlen wusste? Sie wollten doch beide nicht, dass sich etwas änderte.
Nachdem Derek endlich von ihm abgelassen hatte, war er dazu übergegangen, Stiles den Trainingsinhalt in der Theorie zu erklären. Scheinbar war es unzumutbar, bevor Derek nicht alle Gefahrenquellen beseitigt hatte. Stiles sagte nichts dazu, es würde die Situation für ihn nur noch unangenehmer machen.
»Und jetzt?«, fragte Stiles, als Derek ihm alles erklärt hatte. »Wir haben noch Zeit.«
Derek zuckte mit den Schultern. Das Training hatte sich durch seine Sicherheitsmaßnahmen massiv verkürzt.
»Beschäftige mich«, forderte Stiles grinsend. Als er Dereks erschrockenen Blick sah, ruderte er schnell zurück. »Also nicht... nicht falsch verstehen.«
Seufzend ließ er die Schultern hängen. Mit dieser kleinen Wahrheit hatte sich alles zwischen ihnen verändert. Ob sie wollten oder nicht.
»Ich könnte nochmal versuchen, dir einpaar Kapfgrundlagen beizubringen«, schlug Derek vor.
»Okay«, unsicher ging Stiles auf ihn zu. Er hatte sowieso Hemmungen gegen Derek zu kämpfen, nun hatte er auch noch Angst, ihm versehentlich zu nahe zu kommen. Er riss sich trotzdem zusammen und stellte sich vor Derek auf.
»Erinnerst du dich an das letzte mal?«, fragte Derek.
Stiles nickte knapp, auch wenn er die Erinnerung an diese Trainingsstunde zu gern verdrängte. Derek war halb verwandelt gewesen und Stiles hatte sich dermaßen erschrocken, als er geknurrt hatte, dass er davon gerannt war. Als Derek ihn gefunden hatte, mitten im Wald, hatte er ihm erklärt, dass es ein normaler Reflex sei, weil ein Beta nahezu chancenlos gegen einen Alpha war.
»Du wirst dich nicht wieder verwandeln, oder?«, fragte Stiles.
»Nein«, Derek hielt ein amüsiertes Grinsen zurück, aber Stiles sah seine Augen funkeln. Er schmollte und verschränkte die Arme vor der Brust. Sofort kam Derek auf ihn zu und umfasste seine Handgelenke.
»Falsch«, sagte er streng und zog die Arme auseinander. »Du musst immer bereit sein.«
Stiles stöhnte innerlich auf. Dachte sein Alpha denn wirklich, dass er sich im Ernstfall so hinstellen würde?
»Fester Stand«, fuhr Derek fort und schob Stiles' Füße ein Stück auseinader. »Hände auf Brusthöhe...«
Als Derek seine Hande in Position brachte, war Stiles sich sicher, er würde seinen Puls spüren. Dereks intensiver Blick, half nicht im Geringsten. Sollte er suggestieren, dass alles in Ordnung war? War es nicht! Alles fühlte sich plötzlich falsch an.
»Versuch mich zu Boden zu bringen, okay?« Derek ließ los und trat einen Schritt zurück. »Ich werd dich nicht angreifen, ich komme auf dich zu und du bringst mich zu Boden.«
Stiles nickte, eine plötzliche Entschlossenheit ergriff ihn. Je schneller er es schaffte, desto schneller war es vorbei. Er kannte den Griff, mit dem er Derek zu Boden bringen konnte. Derek hatte ihn das stundenlang trainieren lassen, bisher hatte er sich aber nicht getraut ihn anzuwenden, wenn Derek auf ihn zukam. Heute musste er es schaffen!
Derek kam auf ihn zu. Erst langsam, dann zügiger. Stiles schluckte alle Bedenken hinunter. Er konnte das!
Keinen Milimeter rührte er sich, bis Derek den perfekten Abstand hatte. Seine Hand schnellte vor, mit einem Satz war er dicht an seinen Alpha herangesprungen, packte seinen Arm und kickte ihm die Beine weg. Vielleicht lag es an den ungeübten Ausführung, vielleicht hatte er seine Kraft überschätzt, aber Stiles brachte Derek mit einem dumpfen Rumms! zu Boden.
»Oh Gott! Tut mir leid«, rief Stiles und ging sofort neben in die Knie.
»Nein«, überrascht rappelte Derek sich wieder auf. »Ist schon gut... Das war gut.«
»Ja?« Stiles konnte es kaum glauben, Derek scheinbar auch nicht.
»Ja.«
Derek setzte sich auf, sog scharf die Luft ein und blickte zu seiner Schulter. Sie war ausgekugelt. Mit verzerrtem Gesicht griff er danach, streckte den Arm aus und renkte sie selbst wieder ein. Als er zu Stiles sah, blickte er in ein entsetztes Gesicht.
»Kann passieren«, sagte Derek bloß. Er stellte sie wieder hin, reichte Stiles seine Hand und zog ihn auf die Beine. »Direkt nochmal.«
»Was?«, ungläubig blickte Stiles ihn an. »Bist du verrückt?«
Er wollte Derek nicht nochmal verletzen.
»Du brauchst noch Übung!« Damit war die Disskussion für Derek beendet.
Bis spät abends trainierten sie. Je öfter Stiles es tat, desto einfacher wurde es. Derek war nach einigen Versuchen dazu übergegangen auszuweichen, später hatte er versucht Stiles abzuwehren. Er musste zugeben, dass Stiles sich ziemlich gut machte, wo er seine Scheu überwunden hatte. Derek ließ sich zwar nichts anmerken, aber er hatte mitunter wirklich Schmerzen.
Stiles war ein erstaunlich starker Beta. Würde Derek es nicht besser wissen, würde er anzweifeln, dass Stiles nur ein Beta war. Er war unglaublich schnell, er war verdammt stark und er heilte beinahe so schnell wie Derek.
Wenn er es nicht besser wüsste...
Während er Stiles so in Gedanken versunken betrachtete, wie er an seinem zerissenen Tshirt herumzupfte, löste dieses leichte Kribbeln in seinem Bauch ein absolutes Glückgefühl aus. Die Tatsache, dass Stiles bei ihm war - zu ihm gehörte - ließ sein Herz höher schlagen. Von plötzlicher Euphorie gepackt, ging er auf ihn zu.
»Wir beide gehen jetzt was essen«, verkündete er.
»Aber...« Stiles machte einen Schritt zurück, Derek schloss sofort wieder auf.
»Aber... Du hast keinen Hunger?«
»Red kein Quatsch, natürlich hab ich Hunger«, wiegelte Stiles ab und setzte erneut einen Schritt rückwärts. Grinsend schloss Derek wieder auf.
»Aber... Du hast keine lust auf Burger?«
»Von Burgern hast du nichts gesagt.« Nun selbst grinsend machte Stiles wieder einen Schritt rückwärts.
»Stimmt«, sagte Derek und machte einen großen Schritt, da Stiles mittlerweile zwei zurückgewichen war. »Aber... Du hast keine Lust auf meine Gesellschaft?«
»Als ob...« Stiles senkte den Blick. »Aber du hast dich vielleicht keine Lust auf meine...« Stiles starrte auf Dereks Füße und sah, wie sie wieder einen Schritt nach vorne machten. Reflexartig wich er zurück und stieß gegen die Wand. Erschrocken riss er den Kopf hoch. Derek grinste noch immer.
»Lass das mal meine Sorge sein.« Derek konnte nich wirklich genug von Stiles bekommen. Sicher, Stiles nun überzeugt zu haben, fasste er nach seinem Arm.
»Okay, aber...«, begann Stiles und musste auflachen, als Dereks Augenbrauen sich verärgert zusammenzogen. »...ich hab kein Geld dabei.«
Fragend sah Derek seinen Beta an. Das war sein Einwand?
»Ist nicht wirklich was Neues«, sagte Derek und zog Stiles zu sich. Aus einem Reflex heraus, zumindest fühlte es sich so an, neigte er seinen Kopf zu ihm, kam aber noch rechtzeitig zur Besinnung. Sein Herz schlug hart gegen seine Brust. War er von allen guten Geistern verlassen? Stiles schien zum Glück nichts mitbekommen zu haben, so ließ Derek ihn schnell wieder los und ermahnte sich abermals in Gedanken. Stiles' Gefühle änderten nichts, im Gegenteil! Nun hatte er einen triftigen Grund mehr, Abstand zu halten.
»Was ist los? Hast du es dir anders überlegt?«, fragte Stiles unsicher, weil Derek keine Anstalten machte zu gehen.
»Nein, ich überlege nur, wohin wir fahren«, antwortete Derek schnell.
»Da gibts nichts zu überlgen!«, Stiles blickte den Werwolf fassungslos an. »Das Diner neben dem Polizeireivier. Die machen echt gute Burger und-«
»Sie haben Curly Fries«, ergänzte Derek. Ein bisschen überracht von Stiles' Wehemenz drehte er sich um und lief hinaus. »Tut mir leid... Ich vergaß, dass die Dinger zu deinen Grundnahrungsmitteln zählen.«
»Die gehören eher zu meinen Grundbedüfnissen«, berichtigte Stiles und war schnell wieder mit Derek gleichauf. Curly Fries und Buritos waren genauso überlebensnotwenidig wie Luft.
»Und ich werd natürlich alles dafür tun, um dich zu befriedigen«, sagte Derek und spielte damit eigentlich auf eine Situaton vor zwei Wochen an, als Stiles und er darüber gesprochen hatten, wie weit die Verantwortung eines Alphas für seinen Beta ging. Der Ausgang dieses Gesprächs hatte ergeben, dass Stiles sich wie ein kleiner König vorkam und Derek als seinen Diener ansah. So war es natürlich nicht, aber Derek hatte ihm die Vorstellung noch eine Weile gelassen, ehe er ihm das Gegenteil bewiesen hatte.
Nun war Stiles aber stehen geblieben und blickte Derek mit weit aufgerissenen Augen und geröteten Wangen an. Sofort verflüchtigte sich alle Wärme aus Derek, als wäre sein Blut, mit der rasenden Geschwindigkeit eines abstürzenden Aufzugs aus seinem Körper gewichen.
»Ich mein ich werd alles dafür tun, deine Bedürfnisse zu befriedigen«, stellte Derek schnell klar, aber besser klang das auch nicht.
»Ich meine...«, seufzend rieb er sich übers Gesicht.
»Red nicht weiter«, presste Stiles hervor. »Du machst es nur schlimmer.«
Derek sagte nichts, sondern drehte sich um und lief weiter. Ein Wunder, dass es klappte, denn sein Körper fühlte sich von der Haar- bis zur Zehenspitze taub an. Das nannte man dann wohl Schockstarre. Unschönes Gefühl.
»War es je so krampfig zwischen uns?«, fragte Stiles niedergeschlagen.
Derek blieb stehen und sammelte sich. Schockstarre hin oder her, wenn er Stiles keine Antwort gab, würde es falsch rüberkommen. Er wusste auch, worauf sein Beta anspielte, aber das hatte vermutlich nichts mit halb getroffenen Liebesgeständnissen zu tun. Derek war so entsetzt von seiner eigenen Aussage, weil eben doch ein Fünkchen Wahrheit drin steckte. Zumindest inderekt, denn er wäre bereit, Stiles in allen Belangen zu befriedigen, würde es nicht mit gebrochenem Herzen, Vorwürfen und dem entgültigen Bruch zwischen ihnen enden.
»Keine Ahnung«, antwortete Derek ohne sich umzudrehen. »Hab ich dir jemals gesagt, dass ich dich befriedigen werde?«
»Nein, nicht direkt«, entgegenete Stiles und Derek hörte, dass er auf ihn zukam.
»Dann fehlt uns die Vergleichsmöglichkeit.« Derek warf einen Blick über die Schulter und setzte seinen Weg fort. Langsam, um nicht den Anschein zu erwecken wegzulaufen.
»Warte«, er blieb so plötzlich stehen, dass Stiles in ihn rein rannte. »Indirekt schon?«
»Nein«, antwortete Stiles gedehnt. »Du hast es nicht wirklich gesagt.«
Mit schnellen Schritten lief er an Derek vorbei. Zeit, dass sie über was anderes redeten. Oder gar nicht reden, schoss es Stiles durch den Kopf. Das war mit großer Sicherheit noch besser.
»Du hast dir vorgestellt, dass ich das sage?«, schlussfolgerte Derek.
»Wie scharfsinnig von dir«, zischte Stiles und ärgerte sich über den Alpha. Musste er jetzt auch noch über seine Worte nachdenken?
»Thema beendet!«, entschied Stiles. Er öffnete die Tür und wartete, dass Derek hindurch ging. An seinem Gesicht erkannte Stiles, dass er immernoch nachdachte.
»Wobei hast du es dir vorgestellt?«, fragte Derek während er den Camaro aufschloss.
Fassungslos klappte Stiles der Mund auf. Hatte er die Frage jetzt wirklich gestellt? Ja, und es war auch noch ernst gemeint! Aber wenn er unbedingts wollte: »Beim Duschen, beim Baden, während ich auf meinem Bett lag - je nachdem, wann ich die Gelegenheit hatte.«
Augenblicklich schoss das Blut zurück in Dereks Körper. Sein Gesicht war nicht länger blass ,sondern leuchtete rötlich auf.
Stiles verzog stöttisch das Gesicht. »Ach komm schon, als ob du dir sowas nicht vorstellst«, bemerkte er und setzte sich in den Wagen.
»Ich stell mir sicher nicht vor, wie wir beide Sex haben!«, dementierte Derek und ließ sich auf dem Fahrerseitz fallen, versuchte Stiles erfolglos niederzustarren. In seinem Kopf schrillten die Alarmglocken los, als er bemerkte, dass sich immer mehr Unglaube auf Stiles' Gesicht breitmachte.
Verdammt!
Stiles war ein Werwolf. Er konnte hören, wenn man ihn belog. Vielleicht...
»Immerhin hab ich den Vorteil, dass ich weiß, wie du nackt aussiehst«, stichelte Stiles und zerschlug den winzigen Funken Hoffnung, dass Dereks Lüge unbemerkt geblieben war.
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Reborn - Mit dieser Entscheidung musst du leben
FanficAU! - Als John den bevorstehenden Verlust seines Sohnes nicht hinnehmen will, trifft er eine folgenschwere Entscheidung: Er bittet Derek, einen Alpha-Werwolf, um einen Gefallen. Ohne wirklich darüber nachzudenken, ob er in Stiles' Interesse handelt...