"Derek ist toll"

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Stiles konnte nicht genau sagen, was ihn verleitet hatte, Derek noch mit herein zu bitten, aber sein Alpha hatte die Einladung angenommen und so stand er mit ihm vor seinem verdutzten Vater.
»Und wie läuft es so bei euch?«, fragte der Sheriff.
»Naja, ich schulde Derek 'ne Türe«, sagte Stiles und ging in die Küche.
»Eine Türe?«, fragte John verwundert.
Derek machte nur eine wegwischende Handbewegung und folgte Stiles.
»Sollen wir was kochen?«, fragte Stiles. Nun sahen ihn beide verwundert an. »War nur so eine Idee«, verteidigte er sich schnell.
»Eine tolle Idee!«, bekräftigte sein Vater und ging an den Kühlschrank. »Wir könnten... Eier machen«, verwundert schloss er den Kühlschrank wieder.
»Derek hat mich auf so eine Art Werwolf-Diät gesetzt«, erklärte Stiles.
Er ging selbst zum Kühlschrank, holte einpaar Steaks hervor und schaltete den Backofen an.
»Du«, sagte er und zog Derek näher, »wäschst die Kartoffeln und viertelst sie.« Er reichte Derek alles was er benötigte und verwies ihn an den Platz neben der Spüle.
»Ich mach den Salat.« Stiles suchte alles nötige zusammen und begann zu schneiden.
Der Sheriff stand noch eine Weile in der Küche und beobachtete die beiden. Sie schienen sich viel besser zu verstehen. Auf irgendeine Weise waren sie sich näher gekommen. Die Blicke die sie austauschten waren vertraut, aber bei Stiles schien noch etwas anderes mitzumischen. Etwas anderes wie Vertrauen.
»Dad, setz dich auf die Couch oder deck den Tisch, aber steh hier nicht rum wie ein Wärter in der Gefängnisküche«, sagte Stiles.
Stiles' Vater hob abwehrend die Arme und ging mit den Tellern zum Tisch. Dann setzte er sich auf den Sessel, so hatte er die Möglichkeit ab übst und einen Blick in die Küche zu werfen.

Zeitweise sah es ganz danach aus, als würde Stiles den Körperkontakt suchen. Doch auch Derek berührte ihn oft. Stiles Vater sah es ganz deutlich.
Als beide vor der Pfanne standen und begannen die Steaks zu braten, strahlte Stiles den Werwolf gradezu an.
»Ey, Dad! Derek kann Steaks braten«, rief er seinem Vater entgegen. Nun war auch klar, warum er strahlte. Stiles aß gerne Steaks, nur dann nicht wenn er oder sein Vater sie zubereiteten, denn dann hatten sie Schuhsohlen Charakter.
»Weißt du Derek, du sagst doch immer, du bist der Alpha und für mich zuständig... ich glaub ab jetzt kümmerst du dich um meine Verpflegung.« Stiles grinste über beide Ohren.
Dereks Mundwinkel dagegen sackten herab und er sah Stiles grimmig an.
»Hey, war nur ein Witz«, sagte Stiles schnell.
»Ja, aber wie kommst du auf diese Witze?« Oder hielt er Derek am Ende doch für seinen Bediensteten? Tat er zu viel für ihn?
Momentan agierte er ja bereits als Chauffeur.
Stiles schüttelte den Kopf. Wie konnte man denn derart empfindlich sein? Musste am Alpha Ego liegen.
»Gut dann versorge ich mich weiterhin selbst und wenn ich verhungere ist es deine Schuld«, sagte er und schob Derek beiseite. »Soll ich dein Steak braten?«
Er sah Derek abwartend an. Wenn er zugehört hatte, wusste er, dass Stiles darin verdammt schlecht war.
»Nein!« Derek drückte ihn weg und rettete das Stück Fleisch vor der Misshandlung.
Stiles, ungeduldig wie er war, suchte sich die nächste Aufgabe. Er stellte den Salat auf den Tisch und sah nach den Kartoffelspalten im Ofen. Sie sahen gut aus, Derek brauchte sicher nicht mehr lange, also holte er sie raus.
»Ahhh!«
Derek und John rissen den Kopf herum. Stiles sprang mit dem Blech zur Spüle und stellte es ab dann hüpfte er auf der Stelle herum ubd schüttete die Hände, als würde das etwas helfen.
»Keine Handschuhe...«, hörte Derek den Sheriff murmeln. Scheinbar kam es öfter vor. Er seufzte und zog die Pfanne von der Platte. Stiles jammerte noch immer. Derek trat irritiert näher.
»Au, au, au« Stiles tippelte immer noch herum. Derek nahm seine Hände und besah sie sich genauer. Dann sah er Stiles tadelnd an. »Es ist längst verheilt!«
»Ach ja?« Stiles war im nächsten Augenblick wieder ernst und sah ebenfalls auf seine Hände. »Tatsächlich«, staunte er. »Tut auch gar nicht mehr weh.«
Derek verdrehte die Augen und griff nach einem Geschirrtuch. Dann nahm er das Blech mit und trug es zum Tisch.
»Bring die Steaks mit«, rief er Stiles zu. »Und pack nicht auf die Herdplatte!«

Als sie am Tisch saßen, herrschte eine ziemlich familäre Stimmung. Das schummrige Licht, die alten Stühle mit dem ausgebleichten Stoff, die längst durchgesessen waren und der Tisch mit all seinen Kerben, gefielen Derek. Als er das erste Mal an diesem Tisch saß, nur mit John, war es anders gewesen. Jetzt mit Stiles bekam das ganze etwas Vertrautes. Es erinnerte Derek an alte Zeiten, die nie mehr zurück kommen würde. Melancholischh stocherte er in seinem Essen herum.
Stiles warf einige Male fragende Blcike zu ihm. Dereks Stimmung war umgeschlagen, dass nahm er wahr. Er wusste nur nicht, in welche Richtung. Lags am Essen? Wollte er eigentlich doch nicht hier sein? Es könnte alles mögliche sein.
»Wann bringst du mir bei, Gefühle zu deuten?«, fragte Stiles.
»Warum?«
Derek sah von seinem Teller auf, direkt in Stiles' Gesicht. Ihm waren seine Blicke nicht entgangen.
»Ich denke das könnte hilfreich sein«, begründete Stiles.
Derek lächelte mild. Stiles wollte wissen, was in ihm vorging. Sein Beta merkte, dass etwas nicht stimmte und es kümmerte ihn. Das bedeutete Derek etwas. »Bald«, antwortete er und schob sich den ersten Bissen in den Mund.
Stiles sah ihn weiter mit großen Augen an.
»Es ist alles okay«, sagte Derek.
Stiles wollte etwas sagen, doch er nickte bloß stumm und aß weiter.
Der Sheriff staunte nicht schlecht. Sein Sohn hielt einfach so den Mund, obwohl es offensichtlich war, dass Derek etwas bedrückte? »Wie läufts mit dem Haus?«, fragte er um die Stimmung aufzulockern.
»Ich komm voran«, sagte Derek tonlos.
Es schien absolut nicht das richtige Thema um die Stimmung anzuheben. Doch so schnell wollte der Sheriff nicht aufgeben. »Stiles, weißt du noch, wo wir die ersten richtig guten Steaks gegessen haben?« Die Betonung lag auf 'guten', denn erst da hatte Stiles seine Liebe zum Fleisch entdeckt.
»Oh ja«, erinnerte er sich, »in diesem Steakhaus, wo wir nach dem Baseballspiel essen waren.« Er schob sich schnell noch eine Gabel in den Mund und bereute es fast. Er konnte grade noch an sich halten, nicht zu lachen.
»Das musst du dir jetzt bildlich vorstellen«, wies er Derek an. »Mein Dad hat Freikarten geschenkt bekommen. Dummerweise für das falsche Team. Also saßen wir auf der Seite der Gegner und mussten uns quasi für sie freuen... oder durften uns zumindest nicht über sie ärgern«, erzählte er. »Und dann, kurz vor Schluss stand es unentschieden. Unser Team macht den Treffer und mein Dad springt laut johlend auf und freut sich. Die Leute um uns herum waren nicht begeistert.« Stiles und sein Vater lachten und sogar Derek musste schmunzeln. »Das war echt peinlich. Ich hab dann so getan, als sei mein Dad senil und hätte einfach nur die Mannschaft verwechselt.«
Nun musste Derek wirklich lachen. Allein die Vorstellung ließ Dereks trübe Gedanken fortziehen.
»Wir sollten das mal wiederholen«, sagte der Sheriff.
»Ja, abr diesmal auf der richtigen Seite... und Derek sollte mitkommen.« Stiles war sofort begeistert, während die anderen beiden fragend dreinblickten. »Naja, das wird bestimmt lustig«, Stiles zuckte mit den Schulter. War der Gedanke wirklich so merkwürdig?
Er widtmete sich wieder seinem Essen und musste ein paar mal unterbrechen, da er immer wieder lachen musste.

»Ich warn dich vor, es ist nicht aufgeräumt«, sagte Stiles, als er mit Derek vor seinem Zimmer stand.
»Ich weiß«, rutschte es dem Alpha heraus.
Stiles kniff die Augen zusammen und sah über die Schulter.
»Ich mein, bei Teenagern herrscht doch immer Chaos, oder?«, fragte Derek schnell.
»Naja, Scott ist ordentlicher.«
»Das ist auch nicht schwer.«
Stiles runzelte die Stirn. Derek schien zu wissen, was ihn erwartete. Er fragte nicht weiter nach und öffnete die Tür. Ein vertrauter Geruch empfing ihn und zog ihn automatisch zum Bett. Noch immer war Stiles nicht dahinter gekommen.
Jetzt wo Derek bei ihm war, wusste er nicht, was er mit ihn anfangen sollte. Er hatte zwar den Entschluss gefasst, Derek kennenzulernen, aber wenn er sich so in seinem Zimmer umsah, waren sie vermutlich grundverschieden.
»Warum willst du das Haus wieder aufbauen?«, fragte Stiles. Er hatte zwar versprochen Dereks Familie nicht mehr zu erwähnen, aber er wollte es unbedingt wissen. Und um Derek kennenzulernen war es am einfachsten, wenn die redeten.
»Du fällst gern mit der Tür ins Haus was?« Derek sah ihn leicht vorwurfsvoll an und Stiles grinste.
»Ich dachte, das hätte ich vorhin schon deutlich gemacht«, lachte er. »Zur Not, renn ich auch einfach durch.«
Derek grummelte, als er an die demolierte Tür dachte. Das war wieder etwas mehr Arbeit als nötig.
»Meine ganze Familie hat in dem Haus gelebt«, begann er zu erklären. »Bei dem Brand wurde alles zerstört. Es gibt keine Bilder, Briefe oder persönliche Gegenstände. Alles ist verbrannt.« Derek schluckte hart. Wieso redete er darüber? Er hatte sich geschworen es nie wieder zu tun. »Die Gräber meiner Familie sind leer, weil es keine Überreste gab, die man bestatten konnte.«
Stiles senkte betroffen den Kopf. Das war schrecklich. Er legte Derek eine Hand auf die Schulter, obwohl er kurz davor und war ihn zu umarmen.
»Es gibt keine Erinnerungen an sie, außer das Haus«, sprach er weiter.
»Du willst es genauso aufbauen wie es war, um ihr Andenken zu wahren.«
Derek nickte zustimmend.
»Das ist eine schöne Idee«, sagte Stiles und streichelte zaghaft über Dereks Schulter.
Derek blickte lächelnd zu Seite. Wer hätte vor ein paar Tagen gedacht, dass Stiles ihn versuchen würde zu trösten?
Stiles atmete tief ein. Dann nochmal und nochmal. Er sah zu seinem Kopfkissen und Derek schloss die Augen. Er war aufgeflogen.
»Wieso riecht mein Bett... das ganze Haus... nach dir?« Er nahm seine Hand weg und starrte den Alpha an.
»Naja...«, da gab es jetzt keine Ausrede für, dass wusste Derek. »Ich war schonmal hier.«
»In meinem Bett?«, fragte Stiles verwundert.
»Ich dachte, wenn du meinem Geruch ausgesetzt bist, gewöhnst du dich schneller an mich und bist nicht mehr so ablehnend.«
Stiles dachte daran wie gern er sich momentan in sein Kissen kuschelte, weil es gut roch. Jetzt wo er den direkten Vergleich hatte, wusste er, dass es nach Derek und ihm roch.
»Ich glaub das hat funktioniert«, bemerkte Stiles. Er wusste nicht was er davon halten sollte. Derek brach einfach so in seine Privatsphäre ein.
»Tut mir leid, ich wusste einfach nicht mehr weiter. Ich wollte dich nicht unbedingt zwingen, mit mir zu trainieren.«
Stiles nickte zögernd. Erst sein Jeep, dann sein Zimmer. Was kam als nächstes?
Allerdings konnte er, mit Dereks Geruch besser schlafen. Das würde er ihm aber nicht sagen. Er beschloss ihm innerlich zu verzeihen und lächelte zurückhaltend.
Sie redeten noch eine ganze Weile. Hauptsächlich über Derek und der Alpha stand ihm Rede und Antwort, auch wenn er sich vieles aus der Nase ziehen ließ.
Irgendwann musste auch Derek sich verabschieden. Es war spät und er würde am nächsten Morgen wieder bei Stiles vor der Türe stehen.
»Gute Nacht, Stiles«, sagte Derek und schien zufrieden.
»Gute Nacht, Derek«, Stiles ließ sich den Namen auf der Zunge zergehen. Es war ein schöner Name. In seinen Ohren klang er so vollkommen, wie der Alpha in seinen Augen aussah. Stiles lehnte am Türrahmen und seufzte, als er Derek hinterher blickte.
»Alles in Ordnung?«, fragte sein Vater plötzlich hinter ihm.
»Ja«, antwortete Stiles verträumt. Dann wurde ihm klar, was grade passierte. »Ja, natürlich«, sagte er peinlich berührt, schloss die Tür. Was tat er denn da bloß?
»Du kommst besser mit Derek klar, oder?«, fragte sein Vater.
»Ja«, Stiles lief den Flur hoch. »Derek ist toll.« Dann drehte er sich ertappt um. »Also den Umständen angemessen toll«, berichtigte er sich. Im nächsten Moment zog er die Stirn kraus und sah zu seinem Vater. »Ich unterstelle ihm nicht mehr reine Böswilligkeit.« Ja, das war passender. »Und dir auch nicht«, setzte er nach. Dann lief er eilig die Treppe hinauf.

Stiles saß neben Derek auf der Veranda seines Hauses.
»Lass uns loslegen!«, spornte der Alpha ihn an und zog sein T-Shirt aus. Stiles verdrehte die Augen, erlaubte sie aber, ihn ausgiebig zu betrachten. Seine Muskeln waren angespannt. Er wartete auf Stiles. Dieser ließ sich Zeit und ging nur langsam auf ihn zu.
»Gefällt dir was du siehst?«, fragte Derek. Stiles nickte stumm und presste die Lippen aufeinander. »Fast so sehr, wie mir gefällt, was ich vorhabe zu tun«, sagte er und streckte die Hand nach ihm aus. Er ließ sie von seiner Schulter hinab fahren und zog Derek näher. So nah, dass nur noch wenige Millimeter zwischen ihnen lagen. Derek zog sich nicht zurück. Kam ihm aber auch nicht entgegen. Stiles ließ ihn los und wartete einen Augenblick. Dann lehnte er sich vor und war kurz davor ihn zu küssen. Doch Derek zuckte zurück und ihm nächsten Moment wurde die Tür aufgestoßen. Eine Frau kam aus dem inneren des Hauses, strahlte über beide Ohren und passte in ihren schönen Sommerkleid perfekt in das Anwesen, dass Derek wieder aufgebaut hatte.
»Ich dachte, du wolltest dich von ihr trennen?!«, sagte Stiles laut. Dereks Blick verfinsterte sich. Er lief zu der Frau und legte beschützend seinen Arm um sie. »Ich hatte noch nie vor, mich zu trennen«, stellte er klar. »Du wolltest, das ich mich trenne.« Stiles schluckte mehrere Male. Er war wütend, traurig, fühlte sich vorgeführt - am liebsten würde er dieser Stella die Augen auskratzen. Hätte er sie doch nur niemals aufeinandertreffen lassen!
Er schaffte es nicht seine Wut in Zaum zu halten. Seine Augen leuchteten auf, er hörte das Grollen in sich und riss sich von dem Anblick los. Würde er ihr etwas tun, würde Derek ihn für immer verstoßen. Er lief blindlings in den Wald und knurrte wütend. Sein Atem rasselte. Die Äste knackten unter seinen Füßen und je tiefer er in den Wald lief, desto stiller wurde es. Bis ihn ein markerschütterndes Brüllen stoppte...

Stiles' Vater schreckte aus dem Schlaf. Er war sich ganz sicher, zersplittertes Glas gehört zu haben, aber wer wagte es, bei dem Sheriff einzubrechen?
Die Geräuschquelle kam aus Stiles Zimmer. Hastig stand er auf, öffnete die Tür, aber das Zimmer war leer.
Stiles' Bettlaken waren zerfetzt, einiges war umgestoßen und die Fensterscheibe zerbrochen. Die Scherben lagen außen. Scheinbar war Stiles hindurch gesprungen. Blut klebte am Rahmen und der Sheriff musste sich selbst daran erinnern, dass Stiles heilte und er sich darüber keine Sorgen machen musste.
Er lief ins Schlafzimmer und suchte sein Handy. Schnell wählte er Dereks Nummer. Er war sich sicher, dass das alles mit Stiles Werwolf Dasein zusammen hing.
»Ich bin schon hinter ihm her«, sagte Derek außer Atem, als er abnahm. Dann legte er direkt wieder auf. Der Sheriff beschloss zu warten. Was sonst könnte er ausrichten. Er würde vermutlich nur in Stiles' Visier geraten.

Stiles war wie von Sinnen. Er rannte halb verwandelt durch die Stadt und lief in den Wald hinein. Er reagierte nicht auf Dereks Rufe. Der Alpha wusste nicht, was los war. Stiles schien nicht er selbst zu sein. Er war aus dem Schlaf hochgeschreckt und durchs Fenster, dann hatte die Verfolgungsjagd begonnen. Erst dachte Derek, es wäre seine Schuld. Dass Stiles' Wolf ihn bemerkt hatte und sich schützen wollte. Aber er war einfach an ihm vorbei.
Sie konnten froh sein, dass mitten in der Nacht niemand mehr auf der Straße war.
»Stiles!«, versuchte es Derek erneut. »Bleib stehen!«
Nichts! Keine Reaktion.
Stiles verlor sich immer mehr in seiner Verwandlung. Er wurde immer wütender. Als sie mitten im Wald, weit genug von der Stadt entfernt waren, brüllte Derek mit aller Kraft. Stiles war grade dabei über eine Böschung zu springen. Sein Wolf zog sich augenblicklich zurück und er stürzte.
"Oh Scheiße!", fluchte Derek.
Schnell lief er zu ihm. Stiles lag am Boden, sein Gesicht verkratzt und die Lippe blutig.
»Alter...«, meckerte er und versuchte sich aufzurichten.
Derek suchte seinen Körper nach Brüchen ab.
»Was ist passiert?«, fragte er.
»Du hast dich verwandelt«, sagte Derek knapp.
»Und du hast das mitbekommen, weil?«, wollte Stiles wissen.
Derek sagte nichts.
»Überwachst du mein Zimmer, oder was?«
Derek schüttelte den Kopf. Das Zimmer überwachte er nicht.
»An was erinnerst du dich?«, fragte Derek.
»Ähm...« Stiles überlegte. »Ich bin ins Bett gegangen, höre dich brüllen und knall im nächsten Moment auf den Waldboden.«
Derek schien damit nicht zufrieden. »Ist irgendwas passiert, bevor du schlafen gegangen bist?«, fragte er.
Stiles schüttelte ertappt den Kopf. Oh, er würde Derek sicher nicht sagen, was er vor dem Schlafengehen getan hatte.
»Hast du was geträumt?«, fragte Derek weiter.
Stiles brach kalter Schweiß aus. Er erinnerte sich an den Traum. Hatte er wirklich vorgehabt Derek zu küssen? Er schüttelte hastig den Kopf. Derek glaubte ihm nicht.
Der Alpha konzentrierte sich auf ihn. Er versuchte die offensichtlichen Emotionen zu ignorieren und suchte nur nach den verbliebenen. Er roch sexuelle Erregung, Zuneigung, Frust und tiefe Verletztheit. Er roch Befriedigung - also war Stiles wohl nicht brav mit den Händen über der Bettdecke eingeschlafen. Er verkniff sich das Schmunzeln und sah Stiles ernst an.
»Also wenn das ganze etwas mit körperlichen Bedürfnissen zu tun hat... wenn du deswegen die Kontrolle verloren hast, dann ist es ein eindeutiges Zeichen, in nächster Zeit darauf zu verzichten«, druckste Derek herum.
»Was?« Stiles sah ihn verwirrt an. »Ich hab nicht die Kontrolle verloren, ich hab geschlafen«, entgegnete er trotzig. Wenn er schlief konnte er doch nicht wirklich Kontrolle haben. »Und was bitte meinst du mit körperlichen Bedürfnissen?«
Derek starrte ihn einen Moment ausdruckslos an, dann kam ihm zögernd das Wort »Sex« über die Lippen.
Stiles durchfuhr eine Hitzewelle. Gott, war das sein verdammter ernst?
»Ich weiß, du bist jung und vermutlich dreht sich alles darum, aber ich denke, du solltest...«
»Derek!«, unterbrach Stiles ihn barsch. »Erstens: Du weißt gar nichts, denn sonst wüsstet du, dass ich Zweitens: noch nie Sex hatte und mir im Moment auch überhaupt nicht der Sinn danach steht, neue Erfahrungen zu machen. Davon hab ich nämlich mehr als genug. Abgesehen davon wäre mir durchaus bewusst, dass das der denkbar schlechteste Zeitpunkt dafür ist.«
Derek nickte knapp und versuchte Stiles in die Augen zu sehen. Er fühlte sich, als hätte er vor ihn aufzuklären. Schlagartig wurde ihm bewusst, dass er das früher oder später wohl tun musste. Er schüttelte sich. Was hatte er sich da bloß angetan?
»Es ist nichts passiert, ich hab nur geschlafen«, versicherte Stiles ihm nochmal. »Wie soll ich denn etwas kontrollieren, wenn ich schlafe?«
»Du hast dich verwandelt, dass hatte einen Grund, Stiles«, erklärte Derek.
»Ach und welchen?«
»Du bist emotional aufgewühlt«, sagte Derek.
»Nein bin ich nicht.« Stiles schüttelte entschieden den Kopf. Er war keinesfalls emotional aufgewühlt. Nicht wegen Derek und nicht wegen Beziehungen, die es gar nicht gab und schon gar nicht wegen Küssen, die nie stattgefunden hatten. Nein, er war sowas von cool. Das genaue Gegenteil von emotional aufgewühlt. Er war... ein unglaublich schlechter Lügner.
»Stiles, lüg mich nicht an«, mahnte Derek. »Ich kann es riechen, ich kann wahrnehmen wie es dir geht und auch was du vor dem Schlafen getan hast.«
Stiles hob die Arme und ließ sie wieder fallen. »Na toll!« Wen kümmerte schon seine Privatsphäre etwas? Er würde sich morgen einfach ein Schild umhängen mit der Aufschrift: Ich hab mir gestern einen runtergeholt. Damit auch wirklich jeder es mitbekam und das Privileg nicht nur bei Werwolfsnasen lag.
»Sag mal tickst du noch...« Stiles knurrte wütend und trat das Laub auf dem Boden weg. »Bist du bescheuert?«, fragte er aufgebracht. »Halt deine verdammte Nase aus meinem Privatleben raus! Es geht dich nichts an, was darin passiert, bis ich es dir sage!« Stiles knurrte und schnaubte weiter, versuchte trotzdem seinen Wolf in Zaum zu halten.
»Hey, beruhig dich«, sagte Derek zögerlich.
»Sag mir nicht was ich tun soll!«, schimpfte Stiles einpaar Meter weiter.
»Du steigerst dich grade ziemlich rein, findest du nicht?«
»Nein«, mit einem Satz war Stiles bei Derek. »Es ist nämlich mein gutes Recht mich aufzuregen. Du kannst nicht einfach so in meinem Leben herumschnüffeln. Ich bin doch schon auf dich angewiesen, was willst du denn noch? Kannst du mir nicht einfach vertrauen, wenn ich dir sage, ich komm zu dir wenn ich ein Problem hab? Musst du mich lesen wie eine verdammte Zeitung? Ich bin nicht zu deiner Unterhaltung da!«
Stiles atmete schwer. Die Wut verpuffte langsam, zurück blieb dieses erniedrigte Gefühl. Nicht nur dass Derek der Grund für das Chaos in seinem Inneren war, nein er machte nichtmal einen Hehl daraus, dass er wusste, was Stiles nachts tat oder zumindest heute getan hatte. Das war peinlich, einfach nur peinlich.
»Soll ich dich ach Hause bringen?«, fragte Derek vorsichtig. Er wusste nicht, wie Stiles grade zu ihm stand. Er war ziemlich verärgert.
»Nein, ich geh allein«, bellte Stiles. Er ließ Derek stehen und lief in die Richtung, aus der er gekommen war.
Nachdem Derek selbst zu Hause angekommen war, wartete er noch eine viertel Stunde, dann schrieb er Stiles. Es ließ ihm keine Ruhe, er wollte wissen ob er gut angekommen war.
'Geht dich nichts an!', war die äußerst unbefriedigende Antwort. Derek schnaubte verärgert. Der Kleine konnte froh sein, dass er sich so um ihn sorgte.

Reborn - Mit dieser Entscheidung musst du lebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt