2 (Luna)

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"Pass doch auf!", brüllt mich ein älterer Mann an.
In meiner Flucht nach hinten, bin ich gegen ihn geprallt.
Schnell orientiere ich mich neu, während ich eine Entschuldigung murmle.
Er stößt mich einfach unsanft zur Seite und geht an mir vorbei.
Wahrscheinlich interessiert ihn meine Entschuldigung nicht.
Möglicherweise bekommt er sie nicht mal mit. Die Masse an Leuten hinter mir, schiebt mich voran. Eingepfercht wie ich bin, werde ich immer wieder hin und her geschubst.

Die Straße, die Menschen, Autos und Häuser. Alles ist wieder da, wo es hingehört. Was auch immer eben passiert ist, ist jetzt vorbei. Und es scheint ganz so, als wäre keine einzige Sekunde vergangen.

Ich lasse mich von dem Strom an Menschen mitziehen, lasse mich treiben. Hier bin ich nicht mehr allein, ich kann nicht in die Ferne schauen.
Ich sehe nur, was direkt vor mir, den freien Blick versperrt. Hohe Häuser, viele Menschen und Autos. Und statt frischem, saftigem Grün ist die hier vorherrschende Farbe ein müdes, schmutziges Grau.
Im Vergleich wird diese Farblosigkeit sogar noch trostloser und durch den wolkenverhangenen Himmel weiter unterstützt.

Ein dicker Tropfen landet auf meinem Kopf und holt mich endgültig in die Realität zurück. Den Regen hatte ich schon komplett vergessen. Eilig mache ich mich auf den Weg in die Schule.

~

"Gott! Wie siehst du den aus?!", begrüßt mich meine beste - und eigentlich auch einzige - Freundin Isa fassungslos.
Dabei streift ihr Blick nicht nur einmal von oben nach unten über meine tropfende Kleidung, sondern bemerkt auch die kleine Pfütze, die sich zu meinen Füßen bildet.
Vollkommen durchnässt wie ich bin, habe ich außerdem eine deutliche Spur durch den Schulflur hinterlassen. Diese wird schon jetzt durch die nachfolgenden Schüler langsam verwischt, die ihre eigenen Wege markieren. Die Wege überkreuzen sich, laufen übereinander und bilden langsam eine einzelne Riesenpfütze auf dem Boden.

Die meisten haben es noch vor dem großen Regen in die Schule geschafft. Erst die Nachzügler haben etwas abbekommen, waren jedoch zumeist wesentlich besser vorbereitet als ich.
Regenkleidung tragen fast alle.

Bei dem einen oder anderen Mädchen sieht man lediglich leichte Waschbär-Ansätze, durch verschmiertes Make-up.
Diese verschwinden dann sofort auf Toilette, um ihre Gesichter zu richten.

Ich brauche nicht in den Spiegel zu sehen, um zu wissen, wie schlimm es um mein eigenes Gesicht steht.
Meine fast ellenbogenlangen, welligen, dunkelbraunen Haare kleben in nassen Strähnen an meinem Körper. Aber Make up, das man nicht trägt, kann nicht verwischen.

Das Wasser rinnt mir aus den Haaren. Und die kleinen Bäche tropfen fast ungehindert zu Boden. Meine Kleidung selbst kann kaum noch Wasser aufnehmen. Würde ich vollständig bekleidet ins Wasser springen, könnte ich kaum nasser sein.
Zitternd stehe ich vor meiner Freundin, als diese meiner tropfenden Wenigkeit wortlos ihre Sportsachen reicht und mich zu den Toiletten dirigiert.
Während ich mich dort umziehe, kümmert sie sich um meine nassen Sachen. Als ich irgendwann fertig bin, wartet sie schon im Flur auf mich.

Immernoch zitternd kehre ich zu ihr zurück.
"Man hast du ein Glück, dass ich heute noch Training habe.", sagt sie, während sie über meine Arme rubbelt, damit mir etwas wärmer wird.

Isa ist eine leidenschaftliche Sportskanone. Ganz im Gegensatz zu mir.
Die umstehenden Schüler mustern uns befremdet.
Aber ein kurzer, scharfer Blick von Isa reicht aus, sie peinlich berührt wieder wegschauen zu lassen.

Isabelle ist groß. Größer als die meisten Mädchen. Kombiniert mit ihren grauen Augen und kurzen, schwarzen Haaren fällt es ihr ziemlich leicht, Leute einzuschüchtern.
Ich biete da optisch einen etwas anderen Anblick. Mich kann man nur als klein bezeichnen. Und meinen grünen Augen ist der sanfte Blick schon vorinstalliert.
Isa fällt auf, wohin auch immer sie geht. Wohingegen ich von Natur aus übersehen werde.

Seelenfeuer #leuchtkugelaward18Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt