3 (Lavandula)

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Meditation heißt die Devise.

Den Fokus auf sich selbst lenken, um Ruhe zu bewahren.

Niemals den inneren Frieden verlieren.

Niemals zulassen, dass äußere Umstände zu viel Einfluss auf die Gefühle haben.

Das ist der oberste Grundsatz meines gesamten Daseins.

~

Ich bin inzwischen einundzwanzig Jahre alt. Und ich habe das Anwesen meiner Eltern niemals verlassen.

Stattdessen habe ich in Stille und Einsamkeit Demut und Kontrolle erlernt. Oder eigentlich tue ich das noch immer.

Ich darf mich nicht aufregen, darf nicht zulassen, dass Gefühle mein Leben bestimmen.

Als ich fünf Jahre alt war, habe ich vor Freude gelacht und eine Blume ist erblüht. Dadurch hat sich meine Freude weiter gesteigert und der ganze Garten um mich herum tat es der Blüte gleich. Solche Macht haben meine positiven Gefühle.

Doch als ich sieben war, war ich einmal sehr wütend. Ein Sturm kam auf, riss Häuser um und entwurzelte Bäume. Ich konnte die Schreie aller spüren, die dadurch ihre Leben verloren. Ihre Tode sind meine Schuld. Und ich muss damit leben.

Seit damals weiß ich, wie ernst meine Rolle ist. Es ist unmöglich, nur eine Art von Gefühlen - die guten - zuzulassen. Absolute Kontrolle über meine Gefühle ist daher unerlässlich.

Natürlich bin ich nicht perfekt. Noch immer gibt es kleine Wallungen in mir, wenn Gefühle durchkommen. Dann richtet sich das Gras plötzlich auf und Früchte reifen. Oder ein starker Wind weht durch das Land und der Meeresspiegel erhebt etwas für einen kurzen Moment.

Es ist ein Fluch - oder vielleicht auch ein Segen, der in meiner Familie von Generation zu Generation, von Mutter auf Tochter übertragen wird. Während ich älter wurde, schwand die Kraft meiner Mutter und ging langsam auf mich über.
Schon seit einiger Zeit ist sie vollständig ein Teil von mir. Und ich werde sie eines Tages ebenfalls an meine Tochter, das einzige Kind, welches ich jemals haben werde, weitergeben.

Ich bin das "Herz der Welt". So lautet mein Titel.

Es gibt zwei große Instanzen. Beide arbeiten eng zusammen, beraten sich gemeinsam und herrschen. Doch obwohl dies verlangt ist, sind familiäre Verbindungen zwischen beiden verboten. Beide müssen ihre Unabhängigkeit voreinander wahren. Beide müssen sich auf Augenhöhe gegenüber stehen können.

Die eine Instanz ist das Königshaus. Sie führen und regieren das Land.
Die andere bin ich, das "Herz der Welt". Ich halte die Welt zusammen. Und ich kann sie zerstören.

Ich bringe Wohlstand und Leben oder Zerstörung und Tod, ohne dies bewusst zu beeinflussen. Die Macht liegt allein in meinen Gefühlen.

Deswegen lebe ich so abgeschottet. Erst, wenn ich mich genug kontrollieren kann, um auch kleine Gefühlsregungen zu unterdrücken, kann ich nach draußen gehen, mich der Welt zeigen und zu dem Symbol des Friedens werden, welches alle in mir sehen wollen. Und ich werde mein Möglichstes tun, um diesem Anspruch gerecht zu werden.

Es gab noch nie jemanden, der so lange gebraucht hat, dies zu meistern wie ich. Meine eigene Mutter wurde der Öffentlichkeit im Alter von achtzehn Jahren vorgestellt. Aber meine Lehrer sagen, ich brauche noch immer Zeit.

Bisher weiß ich wenig über die Welt da draußen. Informationen werden mir zu meinem eigenen Schutz vorenthalten. Auf der anderen Seite ist es jedoch für mich unglaublich wichtig, Weisheit und Wissen zu vereinbaren. Deswegen werde ich mit vielen Informationen zu vielen Gegebenheiten versorgt, ohne zu erfahren, was draußen in diesem Moment vor sich geht.

Nur eines durfte ich selbst erschaffen. Dieser kleine Platz hier. Früher war er eine Wiese mit saftigem grünem Gras. Kein Baum, kein Strauch wuchs hier. Er ist das einzige Zugeständnis an mich. Hier habe ich Bäume wachsen lassen, die sanft im Wind rascheln. Und einen stillen See, an dessen Ufer ich meine tägliche Meditation vollziehe. Früher hat er meiner Großmutter gehört. Doch mit meiner Geburt, kam ihr Tod. Und wenn ich eines Tages sterbe, wird dieser Ort wieder das werden, was er war und meiner Enkeltochter gehören. Bis dahin jedoch dient er mir zur Erholung und Regeneration. Hier kann ich niemandem Schaden. Denn dieser Ort gehört nur mir.

"Lava." Eine sanfte Stimme holt mich aus meiner Meditation. Sie ist leise, will mich nicht erschrecken.

Ich öffne die Augen. Ivy, die einzige Freundin, die ich habe, steht hinter mir. Langsam erhebe ich mich und drehe mich zu ihr um. Sie steht in gebührendem Abstand von mir und hält den Blick gesenkt.

Ivy ist ein Zugeständnis meiner Eltern. Gleichzeitig Mahnung und Spielgefährtin für mich, um mir meine Einsamkeit ein wenig zu nehmen. Sie kommt jeden Tag für ein paar Stunden zu mir, lernt mit mir, spielt mit mir und vertreibt mir meine Langeweile. Sie kommt zu mir, seit meinem Wutanfall mit sieben Jahren.

Ich habe mir damals so sehr eine Freundin gewünscht.
Jetzt habe ich Ivy.

Sie wurde in einem Auswahlverfahren für würdig befunden und ihre Qualitäten haben sich seither immer wieder bewährt.
Mit ihrer reinen Seele passt sie sehr gut zu mir. Ihre sanfte Art hält mich am Boden. Schon manches Mal hat sie ihren Einfluss auf mich bewiesen und mir geholfen, meine Selbstkontrolle zurückzuerlangen, wenn ich kurz vor dem explodieren war.

Ivy stammt aus einer angesehenen Familie und lebt ganz in meiner Nähe. Zumindest glaube ich das. Immerhin war ich niemals bei ihr. Auch sie hält eisern stillschweigen über Vorgänge, die draußen vor sich gehen. Sie nimmt ihre Aufgabe immer schon sehr ernst. Auch als wir beide noch jünger waren.

Dennoch hat sie mich niemals an ihrer Freundschaft zweifeln lassen. Ich weiß, dass sie durch mich begrenzt wird. Sie musste ebenfalls ihre Kindheit einschränken.
Um bei mir zu sein, konnte sie kaum an den üblichen Festivitäten und Aktionen teilnehmen, die andere Mädchen unseres Alters erlebt haben. Andere Mädchen unseres Alters sind bereits verheiratet und haben Familien. Ich weiß, wie sehr sie sich das für sich selbst wünscht. Aber sie hat sich niemals beklagt.

Ich gehe zu ihr und nehme ihre Hand. "Was wollen wir heute machen?"

Da hebt sie den Kopf und lächelt mich leicht schief an. Dann spitzt sie die Lippen, während sie gespielt überlegt. "Was hältst du von einer Runde Schach?"

Ich ziehe skeptisch eine Augenbraue hoch. "Schach?" Sie weiß, wie sehr ich dieses Spiel liebe.

Und ich weiß, wie sehr sie es hasst.

~

So Leute,
Das ist nun also Teil 3.
Ich weiß, ich weiß.
Besonders spannend ist das Ganze noch nicht. Aber alle wichtigen Personen müssen ja erstmal eingeführt werden.

Witzige Geschichte am Rande: Ich hatte letzte Woche eine freiwillige Englischprüfung. Vorletzte Woche habe ich davon erfahren.
Ein Hoch auf staatliche Schulen. Ich hatte nämlich kaum Englisch (weil Ausfall).
Diese Woche Freitag steigt dann die nächste Prüfung.
Und diese leitet dann meine Prüfungszeit ein...

Worauf ich gerade eigentlich hinaus will: Ich kann nicht versprechen, dass in den nächsten zwei bis drei Wochen auch wirklich immer was von mir kommt. Ich muss nämlich lernen.

Zurück zum Thema:
Wie immer sind Kommentare nicht nur gestattet, sondern auch erwünscht.
Also kommentiert und votet, wenn es euch gefallen hat.
Tja dann. Ihr lest von mir nächste Woche wieder.

03.06.18

Seelenfeuer #leuchtkugelaward18Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt